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S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse

S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse
Autoren: Bernd Frenz
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PROLOG
    In dem feucht und schwer über der Landschaft lastenden Nebel verloren die Männer von Delta IV jede klare Kontur. Irgendwo weiter draußen, außerhalb der Zone, stieg gerade die Sonne über den Horizont, trotzdem reichte die Sicht kaum aus, um sich gegenseitig zu erkennen. Luftdichte Schutzkleidung und schwere Atemmasken bewahrten den Trupp vor den schädlichen Auswirkungen der verseuchten Umwelt. Ihre Gewehre auf den Knien, saßen sie im feuchten Gras, den Blick auf einen unsichtbaren Punkt gerichtet, der genau in der Mitte des von ihnen gebildeten Halbkreises lag.
    Für Außenstehende war dort nicht das Geringste zu erkennen, für die Männer von Delta IV jedoch, die ein geistiges Kollektiv bildeten, zeichnete sich an dieser Stelle ein pulsierender Monolith ab, der sie fest in seinen Bann zog. Es war keine Hysterie, die ihnen den großen blauen Block vorgaukelte und auch keine Form von Massensuggestion. Das Trugbild diente ihnen lediglich als innerer Fokus, der dabei half, die Gedanken zu kanalisieren. Die Symbionten auf ihren Armen brannten wie Feuer, während sie die Verbindung etablierten, doch die höhere Macht, die sich in ihnen ausbreitete, schaltete jegliches Schmerzempfinden aus.
    In Momenten wie diesen erlosch ihr eigener Wille. Innerhalb von Sekunden weiteten sich alle Sinne, bis ihre Gedanken die physischen Barrieren abstreiften und sich mit denen der Nebenmänner vereinten. Derart gebündelt, mutierten die mentalen Schwingungen zu einer in alle Richtungen abstrahlenden Antenne ― stark genug, das allumfassende C-Bewusstsein zu berühren.
    Delta IV auf Position!, raunte das Kollektiv, mit der Kraft vereinten Geistes. Erbitten weitere Anweisungen.
    Die Meldung zog hinaus in die Noosphäre, wurde dort erfasst und weitergeleitet. Danach öffneten sich die sieben Mitglieder und lauschten in die Stille hinein, um letzte Instruktionen zu erhalten.
    Die Zeit drängte, das war allen bewusst. Nicht umsonst hatten sie den ursprünglichen Hinterhalt aufgeben und hierher eilen müssen. Der Zugriff musste so schnell wie möglich erfolgen, denn die Auserwählten vergingen. Der Kollaps stand unmittelbar bevor. Professor Dobrynin benötigte sofort Nachschub für die Anlage.
    Sekundenlang war nur lautes Keuchen unter den Schutzmasken zu hören. Mochte ihr Geist auch keine Erschöpfung spüren, die Körper der sieben Männer verlangten ihr Recht. Und so hoben und senkten sich die braunen Platten der Brustpanzerung im schnellen Takt des Atems. Ausgepumpt, wie sie waren, benötigten sie dringend Erholung, doch Delta IV war die letzte Einsatzgruppe, die zwischen Prypjat und dem Roten Wald in Stellung gegangen war.
    Delta I bis III standen längst zum Angriff bereit.
    Der Befehl zum Vormarsch ließ nicht lange auf sich warten. Die sieben Gezeichneten empfingen ein Dauersignal, eine Art Funkfeuer, das ihnen direkt den Weg zum östlich gelegenen Ziel wies.
    Gemeinsam standen sie auf und setzten sich in Bewegung. Roboterhaft und hölzern, ohne eigenen Willen, den Blick ins Leere gerichtet, drangen sie tiefer in den dichten Nebel vor.
     
    Nur wenige Kilometer entfernt trat Professor Dobrynin von seinem Schaltpult zurück. Laut durchatmend ließ er sich in den durchgesessenen Drehstuhl fallen und rieb über seine geschlossenen Augen. Er fühlte sich nicht nur erschöpft, er war es auch. Das Leben in dem hermetisch abgeschotteten Bunker forderte seinen Tribut, genauso wie das fortschreitende Alter und die durchwachten Nächte.
    Dobrynin hatte über viele Jahre hinweg Raubbau mit seinem Körper betrieben und musste nun die Folgen dafür tragen. Der Mix aus Koffein und Nikotin, der ihn früher problemlos wach gehalten hatte, reichte schon lange nicht mehr aus. Genauso wenig wie der abendliche Wodka, um die nötige Bettschwere zu erlangen.
    Seine Hand wanderte unbewusst zu dem kleinen Metallröhrchen, das neben einem dreißig mal vierzig Zentimeter großen Spiegel lag. Weiße Pulverschlieren hatten die glatte Fläche stumpf und blind gemacht, doch Dobrynin wollte sich ohnehin nicht darin betrachten. Inmitten des von Displays, Sensorreglern und der Bioschnittstelle beherrschten Schaltpults wirkten die Kokain-Utensilien deplaziert, trotzdem ging eine ungeheure Verlockung von ihnen aus.
    Zwei dünne, schneeweiße Linien, mehr hatte der Spiegel nicht zu bieten. Einige Stunden zuvor waren es noch sechs gewesen.
    Dobrynin musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht nach dem Röhrchen zu greifen. Nicht jetzt!,
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