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Das Zeitpendel

Das Zeitpendel

Titel: Das Zeitpendel
Autoren: A. E. van Vogt
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Das Zeitpendel
     
    »In Ordnung, Hud. Das war es. Anhalten!«
    Hudman hatte es sich schon vor langer Zeit angewöhnt, alle englisch gesprochenen Worte für sich leise ins Friesische zu übersetzen und dann unhörbar in Friesisch zu antworten und dies dann laut ins Englische zu übersetzen. Eine Folge davon war, daß man ihn den langsamen Holländer nannte.
    Automatisch führte er die Übersetzungen durch, während er die Maschine anhielt. Genau gesagt, bedeutete das, daß er den richtigen Knopf des Steuerpults auf dem Deck des sanft schaukelnden Schiffes niederdrückte. Der Haltebefehl wurde nach unten weitergeleitet, wo in zweieinhalb Meilen Tiefe die schwere Ausrüstung den Meeresboden erreicht hatte.
    Die friesischen Worte, die er halblaut vor sich hinmurmelte, waren: »Gooest, Hud. Dat iss it. Stoppya!«
    Er gewahrte ein seltsames Prickeln in dem Finger, der den Knopf drückte, und wollte die Hand schon zurückziehen. Dann aber erstarrte in ihm jede Bewegung, als eine andere Stimme in seinem Kopf dröhnte:
    »Booska, Hud. Manu fa coor, Yat!«
    »Hoppla!« entfuhr es Hudman völlig überrascht auf Englisch.
    Später sollte er sich noch an diesen Augenblick und an das, was danach folgte, erinnern. Und er sollte erkennen, was für ein phantastisches und unglaubliches Ereignis es war.
    Sie waren rund hundert Mann auf dem Schiff, das in den ruhigen, tropischen Gewässern schwamm. So weit der Blick in die endlos scheinende Weite reichte, war nichts anderes zu sehen als der glitzernde Ozean, in dem sich die Nachmittagssonne widerspiegelte. Es war erdrückend heiß. Nur wenn eine hohe Welle ihren Schaum über die Bordwand spülte, gab es etwas Erleichterung durch die Feuchtigkeit.
    Sie waren weit entfernt von aller menschlichen Gesellschaft, erledigten ihre Arbeit in mehr als zwei Meilen Tiefe, bis plötzlich …
    Er mußte eine unkontrollierte Bewegung gemacht oder zu heftig reagiert haben, denn sein Kamerad auf dem Deck fragte ihn, was denn los sei.
    Hudman verharrte reglos. Er war sich halbwegs darüber im klaren, daß etwas mit ihm nicht in Ordnung war. Aber er traf keine Entscheidung. In seinem Gehirn breitete sich völlige Verwirrung aus. Bilder, Geräusche, Stimmen und Menschen torkelten in Bruchstücken und aufflammenden Szenen durch sein Bewußtsein. Da waren ein Auge, ein Finger, ein Wort, ein Fenster, ein weißes Tuch, blaue Hosen, das blonde Haar einer Frau, das oben auf dem Kopf zu einem Knoten gebunden war, eine Stadt in der Ferne und ein glitzerndes Flußbett. Das waren die wenigen Eindrücke, die lange genug da waren, um sie zu erfassen. Er hatte aber das sichere Gefühl, daß Tausende oder gar Millionen solcher Eindrücke vor seinem geistigen Auge vorbeihuschten.
    Trotz der verrückten Szenen, die sich in seinem Bewußtsein abspielten, gewahrte Hudman, wie der untersetzte Italiener seinen Beobachtungsplatz verließ und zu ihm herüberkam, wo er schwankend an den Kontrollen der Winde saß. Und er gewahrte, wie er urplötzlich zu Boden stürzte.
    »He, paß auf!« rief Sputoni aufgeregt.
    Als der Mann nach ihm faßte, schlug seine Lederjacke gegen die sich drehende Walze der Winde. Aber die Nässe der Jacke und Sputonis kräftige Arme verhinderten ein schlimmeres Unglück. Benommen hörte Hudman Sputonis Stimme.
    »Was ist passiert? Sag doch, was los ist, und ich lasse dich wieder los. Hast du einen Herzanfall oder was?«
    Die letzte Frage durchdrang ihn wie die Milliarden mentaler Impulse und Stimmen und weckte panische Angst in ihm. »Großer Gott!« murmelte er, und zum erstenmal seit Jahren übersetzte er seine Worte nicht aus dem Friesischen. »Großer Gott, ist das möglich? Sieht so ein Herzanfall aus?«
    Er war nur halb bei Bewußtsein, als man ihn halb trug und halb schleppte. Vor ihm wuchs das Bild des Hubschraubers, der auf der Landeplattform stand und von Ketten auf dem Schiffsdeck gehalten wurde. Männer waren von der Kommandobrücke gekommen und stützten ihn. Irgend jemand rief wie aus weiter Ferne, und seine Stimme hatte einen seltsamen Echoeffekt.
    »Wir bringen ihn am besten gleich zur Insel, um ihn ärztlich zu versorgen.«
    Wenig später lag er auf dem Boden des Hubschraubers. Sein Kopf ruhte auf einem Kissen. Sputoni saß neben ihm, und in seinen Ohren dröhnte der Motor und das Geräusch der Rotorblätter. Gleichzeitig fühlte er, daß es ihm wieder besser ging. Die Stimmen in seinem Innern schienen sich in einen entfernten Hintergrund zurückzuziehen. Sie waren noch immer da,
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