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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Im Dezember davor

     
    Es war an einem kalten Nachmittag im Dezember
und bereits etwas dämmrig gewesen. Seit Mittag hatte es stark geschneit,
übrigens das erste Mal in diesem Winter, und die Hoffnungen auf weiße Weihnachten
bekamen neue Nahrung.
    Die Stadt und ihre Bewohner hatten langsam die dadurch
bedingten Verkehrsbehinderungen vergessen und an der alle zivilisatorischen
Hässlichkeiten verbergenden Schneepracht Gefallen gefunden.
    Alles war plötzlich unter einer sauberen, fast steril
wirkenden weißen Decke verschwunden, die Abläufe waren gemächlicher, die
akustischen Absonderungen der Stadt angenehm gedämpft.
    Es war das reinste Wintermärchen gewesen, und die Kinder
hatten es genossen. So wie auch alle Junggebliebenen, die sich bei solchen
Gelegenheiten noch ein wenig dem Stress entziehen konnten.
    Der schlanke, ausnehmend fit wirkende Frühpensionist Karl
Helmbach und sein treuer Hund Hector – ja, ja, mit c, darauf legte
Helmbach großen Wert – spazierten scheinbar ziellos durch den Währinger Park.
    Vor einem halben Jahr hatte Helmbach von einer Tante eine
kleine Eigentumswohnung in der Gymnasiumstraße, direkt an der Ecke zur
Phillipovichgasse, geerbt. Kurz entschlossen hatte sich der überzeugte
Junggeselle gegen einen Verkauf entschieden, seine Mietbleibe in Böheimkirchen
gekündigt und war nach Wien gezogen.
    Keiner, der ihn kannte oder kennenlernte, konnte verstehen,
warum der über Vitalwerte eines durchtrainierten 35-Jährigen verfügende 58
Jahre alte Helmbach bereits aus dem aktiven Polizeidienst ausgeschieden war.
Der Grund dafür war für Außenstehende auch nicht gerade augenscheinlich, aber
logisch.
    Der begeisterte Polizist hatte seit mehr als 32 Jahren seinen
Dienst als Hundeführer bei der Polizeihundestaffel in St. Pölten versehen. Nun
war Hector, sein letzter vierpfotiger Kollege, bei einem Einsatz im Sommer
letzten Jahres so schwer an der linken vorderen Pfote verletzt worden, dass das
hoch qualifizierte Tier nicht weiter im Polizeidienst eingesetzt werden konnte.
    Für den Junggesellen Helmbach, der seine Hunde
immer wie eigene Kinder geliebt hatte, stand fest, in diesem Fall ebenfalls aus
dem Dienst auszuscheiden. Dank einer chronischen Gelenkerkrankung, die ihn
bisher allerdings nicht daran gehindert hatte, 100 Meter immerhin in nur etwas
mehr als 15 Sekunden zu laufen, und eines gnädigen Amtsarztes gelang es Karl,
Anfang November wegen Berufsunfähigkeit in die finanziell stark beschnittene
Frühpension zu gehen. Da er als ehemaliger Beamter keine Zuverdienstgrenze zu beachten
hatte, hatte er sich gleichzeitig die Gewerbeberechtigungen für
Sicherheitsberatung und Private Ermittlungen besorgt. Denn von den knapp 1.200
Euro monatlicher Apanage allein würde er sich in seinem neuen Lebensabschnitt
keine großen Sprünge leisten können.
    Begleitet wurde er bei seinem Abgang in den Ruhestand von –
erraten – Hector, seinem treuen Hund.
    Dank langer Spaziergänge hatte Helmbach seine neue Wohngegend
bestens kennengelernt. Aber nicht nur Döbling, auch andere Wiener Bezirke, vor
allem Alsergrund, Währing und Hernals sowie die City hatten keine sonderlichen
Geheimnisse mehr für ihn bereit. Am liebsten streifte er mit Hector aber durch
den herrlichen Wienerwald, der ihm natürlich schon vor seiner Übersiedlung ein
Begriff gewesen war, den er aber bis dahin kaum wirklich gekannt hatte.
    Plötzlich bemerkte Helmbach, dass Hector eine Witterung
aufgenommen hatte. Das bis dahin eher verspielte Herumtänzeln des Hundes ums
Herrl war schlagartig einem eindeutig zielgerichteten, hoch konzentriert wirkenden
Verhalten gewichen. Für den erfahrenen Hundeführer war sofort klar, dass die
von seinem Tier aufgenommene Spur nicht zu einer verlorenen Handtasche oder
vielleicht zu einem verletzten Eichkatzerl führen würde, solche Funde hatte
Hector auch schon zu verzeichnen gehabt. Nein, das Verhalten des Hundes war
fast als lehrbuchhaft zu bezeichnen und ließ nur einen einzigen Schluss zu. Den
auf das Auffinden von … Helmbach kam gar nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu
führen, denn Hector hatte sein Ziel bereits erreicht. Eine knapp einen Meter
hohe und vielleicht zwei Meter lange Erhebung, eine Art Hügel. Hector hatte
zunächst zu winseln und zu scharren begonnen, dann hatte er eine ganz typische
Körperhaltung eingenommen und gebellt. Für Helmbach war das das untrügliche
Zeichen dafür, dass sich hier etwas ganz Bestimmtes
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