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Weil ich Layken liebe

Weil ich Layken liebe

Titel: Weil ich Layken liebe
Autoren: Colleen Hoover
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Jungen zu holen?«, höre ich eine Stimme hinter mir.
    Ich drehe mich um und stehe einer großen, schlanken rothaarigen Frau gegenüber, die einen schwarzen Bleistiftrock und eine weiße Bluse trägt. »Ja, ich bin Kels Schwester. Layken Cohen.«
    »Ah ja. Ich bin Mrs Brill, die Schulleiterin der Chapman Elementary. Kommen Sie bitte?« Sie deutet auf die offene Tür eines Büros. Eddie und ich folgen ihr nach drinnen, wo sie hinter ihrem Schreibtisch Platz nimmt und auf die beiden Sessel davor zeigt. Ihre knappe Art zu sprechen und ihr strenges Aussehen machen sie mir sofort unsympathisch.
    »Kommen Caulders Eltern auch noch?«, erkundigt sie sich.
    »Caulders Eltern sind tot«, antworte ich.
    Sie zieht kurz scharf die Luft ein, dann versucht sie die Fassung wiederzugewinnen, indem sie den Rücken durchdrückt und sich noch aufrechter hinsetzt. »Ach so, ja. Richtig. Das tut mir leid«, sagt sie. »Er wächst bei seinem Bruder auf, nicht wahr?«
    Ich nicke. »Ja, aber der arbeitet in Detroit und kann nicht kommen. Darf ich fragen, worum es überhaupt geht?«
    Sie schnaubt und deutet durch die Glastür in den Flur. »Ist das nicht offensichtlich?«
    Ich drehe mich um und betrachte die Jungs, die fröhlich Schere-Stein-Papier spielen. Natürlich ist mir klar, dass esum ihre Kostüme geht, trotzdem stelle ich mich ahnungslos.
    »Warum? Verstößt es gegen die Schulordnung, Schere-Stein-Papier zu spielen?«, frage ich unschuldig.
    Eddie kichert.
    »Ms Cohen«, sagt die Direktorin empört. »Die beiden sind als verkrebste Lungenflügel verkleidet!«
    »Und ich dachte, sie wären verschimmelte Kidneybohnen!«, sagt Eddie.
    Wir lachen beide.
    »Ich finde das alles andere als witzig«, sagt Mrs Brill verkniffen. »Diese Kostümierung ist hochgradig widerwärtig und geschmacklos und hat unter den Schülern für erhebliche Unruhe gesorgt. Bringen Sie Ihren Bruder und den kleinen Caulder bitte schnellstens nach Hause und sorgen Sie dafür, dass sie sich etwas anderes anziehen. Es ist mir ein Rätsel, wie man auf die Idee kommen kann, seine Kinder als verkrebste Lungen zu verkleiden …« Sie schüttelt wieder den Kopf.
    Ich beuge mich vor, stütze die Ellbogen auf den Tisch und sehe ihr in die Augen. »Dieses Kostüm«, sage ich ruhig, »hat meine Mutter genäht. Meine Mutter, die unheilbar an Lungenkrebs erkrankt ist und heute zum letzten Mal Halloween mit ihrem kleinen Sohn feiert. Meine Mutter, die aller Wahrscheinlichkeit nach ein Jahr voller letzter Male vor sich hat: ein letztes Weihnachtsfest, einen letzten Geburtstag, ein letztes Ostern und – so Gott will – einen letzten Muttertag. Meine Mutter, die keine Sekunde gezögert hat, ihrem Sohn, der sich an Halloween als Lungenkrebs verkleiden wollte,das spektakulärste Lungenkrebskostüm zu nähen, das die Welt je gesehen hat. Wenn Sie das für widerwärtig und geschmacklos halten, dann schlage ich vor, dass Sie zu uns nach Hause fahren und meiner Mutter persönlich ins Gesicht sagen, wie Sie darüber denken. Die Adresse haben Sie ja.«
    Mrs Brill sieht mich mit offenem Mund an. Ihr hat es offenbar die Sprache verschlagen.
    Ich stehe auf, gehe mit Eddie zur Tür, drehe mich aber noch einmal um, bevor ich in den Flur trete. »Ach, und noch etwas. Ich hoffe sehr, dass beim Kostümwettbewerb später auch wirklich das Kostüm gewinnt, das die meisten Stimmen bekommt.«
    Eddie prustet leise, als wir die Tür hinter uns schließen.
    »Was war denn los?«, fragt Kel.
    »Nichts«, sage ich. »Ihr könnt wieder in eure Klasse zurück. Sie wollte bloß wissen, wo wir den Schaumstoff herhaben, weil sie sich nächstes Halloween als Hämorrhoide verkleiden will.«
    Wir schaffen es mit knapper Not, uns das Lachen so lange zu verbeißen, bis die Jungs außer Hörweite und wir aus dem Gebäude sind, aber sobald wir im Pausenhof stehen, können wir nicht mehr an uns halten und brechen grölend zusammen.
    Nachdem wir uns die Lachtränen aus den Augen gewischt haben und wieder im Jeep sitzen, sehe ich, dass mein Handy sechs verpasste Anrufe anzeigt: vier von Mom und zwei von Will. Ich rufe die beiden an, berichte von meinem Gespräch mit der Schulleiterin und versichere ihnen, dass das Problem jetzt gelöst ist.
    Als ich am Nachmittag vor der Schule warte, kommen mir zwei glückstrahlende Lungenflügel entgegengehüpft.
    »Wir haben gewonnen!«, jubelt Caulder und klettert auf die Rückbank. »Wir haben beide gewonnen. Jeder von uns hat fünfzig Dollar bekommen!«

20.
    Well I’ve been
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