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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Autoren: Christian Klier
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Prolog
    Er lag auf einem schmalen Stück Rasen, zwischen einer Hecke und einem Nadelbaum. Außer dem Gras roch er süßliches Harz und etwas Bitteres, das von der Hecke zu kommen schien. Und er begriff, dass es die Nacht war, die den Geruch der Pflanzen so intensiv machte. Dass ihm das noch nie aufgefallen war, wunderte er sich, und er sah über die kleine Terrasse hinweg durch die gläserne Front in den Innenraum des Wohnzimmers.
    Er hatte Angst.
    Vor dem gedämpften Licht, das eine rückseitige Regalwand beleuchtete, stand ein Mann. Die Frau, die ihm gegenüberstand, hatte abwehrend die Hände gehoben. Was sie sprach, konnte er wegen der Glaswand, die sie trennte, nicht hören. Er sah ihre Hände wild gestikulieren. Er sah ihre zarten, langen Finger, die sich bald spreizten, bald wieder einknickten und sich beinahe zu kleinen Fäusten ballten. Er sah ihr Gesicht.
    Ihr Gesicht. Er griff sich den Feldstecher, um es ganz nah sehen zu können. Um sich zu verlieren in diesen großen, aufgerissenen Augen. Diese dunklen Augen in diesem blassen, perfekten Gesicht. Als er bemerkte, dass sich am unteren Rand der Augen Tränenflüssigkeit sammelte, bekam er eine Erektion. Er sah auf ihren Mund, auf ihre roten Lippen, die weich und verzerrt irgendwelche verzweifelten Worte sagten. Als die Tränen übersprangen und in geraden Linien nach unten in die Mundwinkel flossen, hätte er am liebsten masturbiert. Aber das ging nicht.
    Der schwarz gekleidete Mann war auf die Frau zugeschritten und hatte sie in seine Arme genommen. Er küsste sie da, wo die Tränen entlanggeflossen waren. Küsste sie auf die Augen. Jetzt neigte sie ihr Gesicht ein wenig nach unten, legte ihre Stirn auf seine Brust. Dann drehte sie ihren Kopf zu der Glaswand hin. In ihrem Gesicht flatterte das Licht dreier Kerzen. Jetzt konnte er sie sehen, ganz sehen in ihrer unfassbaren Schönheit. Doch sie sah ihn nicht.
    Er nahm das Fernglas von den Augen und blickte zu der Wäschespinne, die sich am rechten Rand der Terrasse befand. Einsam flatterte dort ein Hemd. Er sah das Hemd, er spürte die Hitze der Nacht, er begriff, was sich da in seinem Augenwinkel tat, und etwas zerbrach in ihm.
    Nichts, nicht das geringste Detail würde er jemals vergessen. Wie der Mann sie erneut küsste. Wie sein Mund weiter nach unten wanderte, an ihrem Hals entlang, sich zur Schulter vorarbeitete, während eine geschickte Hand dabei war, ihr Oberteil aufzuknöpfen. Der Büstenhalter, der sich öffnete. Ihre Brüste. Ihre wunderschönen, großen, festen Brüste.
    Er warf seinen Kopf zur Seite und vergrub das Gesicht im Gras. Die Wut und der Hass, die Verletztheit. Sie pressten Tränen aus seinen Augen. Er hatte den Mund aufgerissen, zum Schluchzen bereit, doch das verbot er sich strengstens, das durfte nicht sein. Stattdessen biss er in die Erde und ließ die angestaute Luft langsam ausströmen, durch den Dreck in seinem Mund.
    Und mit einem Mal war alles ruhig in ihm. Ein kurzer, heftiger Orkan, der alles hinweggefegt hatte. Zurückgeblieben war eine ebene und klare Fläche. Er hob seinen Kopf, und während er sich die Kapuze seiner Sweatjacke überstülpte, spuckte er die Erde auf den Boden. Dann robbte er in Richtung der Wäschespinne. Dabei musste er immer wieder seine Jeans am Hosenbund festhalten. Seine Mutter fiel ihm ein, die ihn beinahe täglich ermahnte, doch mehr zu essen. Essen, dachte er verächtlich. Seit er sie gesehen hatte, gab es kein Essen mehr. Seit er sie kannte, gab es nur noch die Liebe und die Musik. Nichts weiter. Nichts anderes würde ihn erlösen. Ihn und auch sie. Und es war seine Aufgabe, ihr das klarzumachen. Ihre Augen würden sich öffnen, das wusste er. Früher oder später. Die Zeit, die es brauchen würde, war bedeutungslos. Seine Ausdauer kannte keine Grenzen, von nichts und niemandem würde er sich beirren lassen. Auch dieser Mann würde ihn nicht hindern können. Dieser Mann, der sie jetzt gerade so heftig durchvögelte, dass ihr Geschrei durch die Glaswand drang.
    Als er an der Wäschespinne angelangt war, sah er für einen Moment ihr Gesicht. Der Lippenstift auf ihrem geöffneten Mund war verschmiert, ihre Augen geschlossen. Nichts mehr erinnerte an die zitternde Trauer, die vor wenigen Augenblicken noch in diesem Gesicht gelegen hatte. Der Körper des Mannes pulsierte vor Gier. Der Blick in seinen Augen hatte etwas Tierisches angenommen; er war fixiert auf ihren Hals und die prallen, wippenden Brüste.
    Er packte das Hemd und riss es von der
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