Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weihnachtsengel gibt es doch

Weihnachtsengel gibt es doch

Titel: Weihnachtsengel gibt es doch
Autoren: S Wiggs
Vom Netzwerk:
Maureen sah, wirkte entspannt und glücklich.
    Ein Mädchen in einer weißen Schürze stand auf einem Tritt und schrieb eine Liste mit Angeboten zu Thanksgiving und einen Hinweis, dass bereits Vorbestellungen für Weihnachten entgegengenommen würden. Als sie das sah, überlief Maureen ein Schauer der Vorfreude. Weihnachten war nicht mehr weit, und trotz allem, was in ihrem Leben los war, war es ihre liebste Zeit des Jahres.
    Maureen beging den Fehler, auf die Uhr zu schauen. Jetzt war Eddie Haven offiziell zu spät. Sieben Minuten, um genau zu sein. Nicht, dass sie mitzählte … Wie lange wartete man? Fünf Minuten? Zehn? Zwanzig? Und wem oblag es, sich mit dem anderen in Verbindung zu setzen? Dem Wartenden oder dem das Warten Verursachenden?
    Sie schirmte ihre Augen mit den Händen ab und schaute aus dem Fenster. Die Straße war voll mit Leuten, die von der Arbeit oder schulischen Aktivitäten nach Hause gingen. Ein Junge kam vorbei, und sie dachte, dass es vielleicht der war, den sie vorhin an der Bücherei gesehen hatte. Jabez. Er hatte unglaublich große, dunkle Augen, die von dichten, langen Wimpern umrahmt wurden. Die Haltung und Förmlichkeit, mit der er Maureen begrüßt hatte, waren ihr ungewöhnlich vorgekommen, auch wenn sie nicht sagen konnte, wieso. Er betrachtete die Regale mit Brotlaiben und Kuchen, und seine Hand glitt in die Tasche seiner olivfarbenen Jacke. Dann seufzte er, sein Atem blieb in einer Wolke in der Luft hängen. Schließlich ging er zögernd weiter. Sie verspürte den Wunsch, ihn zurückzurufen, ihm anzubieten … was? Maureen neigte nicht zu sozialen Impulshandlungen, und außerdem zweifelte sie daran, dass ein Teenager Interesse daran hätte, von der Stadtbibliothekarin eingeladen zu werden.
    Nach neun Minuten fragte sie sich, ob sie sich vielleicht mit Zeit und Ort ihres Treffens vertan hatte. Nur um sicherzugehen,blätterte sie in den Papieren auf ihrem Klemmbrett, bis sie die E-Mail fand, die sie sich ausgedruckt hatte. Nein, sie hatte sich nicht vertan. Er war zu spät. Total und unentschuldbar zu spät.
    Als die Verspätung zwölf Minuten betrug, war sie ernsthaft nervös. Vielleicht würde sie ihm nun doch hinterhertelefonieren müssen. Guter Gott, sie hasste es, zu telefonieren. Oder … warte. Sie könnte ihm eine SMS schicken. Perfekt. Eine kleine Textnachricht, in der sie ihn fragen würde, ob er noch vorhatte, sich mit ihr zu treffen.
    Ja, das würde ihm die Möglichkeit geben, sein Gesicht zu wahren, falls er den Termin verschwitzt hatte. Warum sie glaubte, es fiele in ihren Zuständigkeitsbereich, sein Gesicht zu wahren, war ein ganz anderes Thema.
    Sie hatte ihr Telefon schon in der Hand, da fiel ihr die Kein-Handy-Regel der Bäckerei ein. Im Eingangsbereich hing ein Schild mit einem durchgestrichenen Mobiltelefon. Galt das auch für Textnachrichten? Maureen kannte sich mit SMS noch nicht so gut aus, deshalb war sie sich nicht sicher.
    Um keinen Fehler zu machen, entschied sie sich, vorsichtshalber nach draußen zu gehen. Sie kam sich fast ein wenig geheimnisvoll dabei vor. Mit gerunzelter Stirn machte sie sich daran, eine sehr sorgfältig formulierte Nachricht zu verfassen. „Komm schon“, schalt sie sich leise. „Das ist kein Text, der irgendwo in Stein gemeißelt werden soll.“ Dennoch verursachte ihr alleine die Wahl der richtigen Ansprache körperliche Schmerzen. Brauchte es überhaupt einen Gruß? Oder sollte sie einfach mit der Nachricht loslegen? Und wie verabschiedete man sich? ALLES GUTE? WIR SEHEN UNS? War sie MAUREEN? M. D.? Nein, das war komisch. Okay. M. DAVENPORT. Geht doch.
    Sie drückte auf „Senden“.
    In der gleichen Sekunde bemerkte sie ein kleines blinkendes Symbol, das ihr anzeigte, dass sie eine Nachricht erhaltenhatte. Seltsam. Sie erhielt nie Textnachrichten.
    Diese hier war von – hups – Eddie Haven und vor ungefähr einer Stunde versendet worden.
    KOMME 15 MINUTEN SPÄTER. SORRY. WIR SEHEN UNS UM 6:15.
    Na toll, jetzt wirkte sie wie eine neurotische Psychostalkerin, die einen Riesenwirbel um eine fünfzehnminütige Verspätung macht, aber zu doof ist, ihre SMS zu überprüfen.
    Sie stand am Rand des Bordsteins, starrte auf das kleine Display ihres Telefons und wünschte sich, der Boden würde sich unter ihr auftun und ihr dieses peinliche Treffen ersparen. Ganz in Gedanken verloren, bemerkte sie den weißen, fensterlosen Van, der auf sie zuschlitterte, erst, als es beinahe zu spät war. Sie sprang in dem Moment vom Bürgersteig, als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher