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Weihnachtsengel gibt es doch

Weihnachtsengel gibt es doch

Titel: Weihnachtsengel gibt es doch
Autoren: S Wiggs
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dankbar für den warmen Zufluchtsort, den die Sky River Bakery darstellte. Sie schälte sich aus Schal, Mütze und Handschuhen und ließ dabei ihren Blick über die Menschen gleiten, die sich um die gebogenen Glasauslagen mit Kuchen und Leckereien versammelt hatten. Auch die Bistrotische und Sitzecken um sie herum waren gut besucht.
    Er war ganz offensichtlich noch nicht hier. Es war ein einzigartig unangenehmes Gefühl, auf jemanden zu warten, der nicht wusste, wie man aussah. Sie überlegte, einen Becher Tee oder eine heiße Schokolade zu bestellen, aber die Schlange war ganz schön lang. Also setzte sie sich und nahm das Buch zur Hand, das sie gerade las – 365 Tage im Jahr Weihnachten: Wie Sie den Geist der Feiertage in jeden Tag Ihres Lebens bringen.
    Maureen las immer. Seitdem sie klein war, hatte sie Freude und Trost in Büchern gefunden. Eine Geschichte war für sie so viel mehr als nur Wörter auf einer Seite. Ein Buch aufzuschlagen war, wie die Tür zu einer anderen Welt zu öffnen, und sobald sie einmal die Schwelle übertreten hatte, gab es kein Zurück mehr. Wenn sie eine Geschichte las, lebte sie in einer anderen Haut.
    Sie liebte alle möglichen Arten von Büchern: Romane, Sachbücher, Kinderbücher, Selbsthilfebücher. Als Stadtbibliothekarin waren Bücher ihr Job. Und als jemand, der so gerne las, wie andere Menschen aßen, waren Bücher auch ihr Leben. Sie versuchte, sich nicht zu sehr in die Seite zu versenken, die sie gerade las, denn mit einem Auge musste sie weiterhin nach ihm Ausschau halten.
    Ihm . Eddie Haven. Und er verspätete sich.
    Als die Minuten verrannen, wurde Maureen langsam paranoid. Was, wenn er nicht käme? Was, wenn er sie sitzen ließe? Könnte sie ihn feuern? Nein, das könnte sie nicht. Er war ein Freiwilliger, und Freiwillige konnte man nicht wirklich rausschmeißen. Außerdem war er gerichtlich dazu verpflichtet worden, bei ihr zu arbeiten.
    Warum sonst würde ein Mann wie Eddie Haven auch bei ihr sein, wenn nicht per Gerichtsbeschluss? Sie versuchte, die Kränkung nicht zu sehr an sich heranzulassen – aber der einzige Weg, wie jemand wie er mit jemandem wie Maureen zusammen gesehen würde, war per Gerichtsbeschluss. Dass sie nicht zusammenpassten, war eine schlichte Tatsache. Vielleicht sogar ein Naturgesetz. Er war umwerfend gut aussehend, prominent (okay, nur ein D-Promi, aber trotzdem) und ein unglaublich talentierter Musiker. Er war beinahe berühmt.
    Vor langer Zeit war er das bekannteste Gesicht des Landes gewesen. Er war einer dieser ehemaligen Kinderstars, die in jungen Jahren kurzen Ruhm erlangen und deren Flamme dann genauso schnell wieder verlischt. Dennoch hatte seine Rolle in dem einen Megaerfolg ihm jahrelang den Lebensunterhalt gesichert – auch dank der vielen Wiederholungen im Kabelfernsehen. Der Weihnachtsstreich , ein herzerwärmender Film, der die Welt begeistert hatte und inzwischen zu den weihnachtlichen Klassikern gehörte. Sie hatte seinen Namen in Verbindung mit einer Vielzahl von Frauen gehört, und ab und zu erschien sein Bild in einem der Klatschmagazine, und jedes Mal hatte er ein Starlet oder eine aufstrebende Berühmtheit an seiner Seite. Eine ganze Zeit lang war es still um ihn geworden, doch gerade war die Special-DVD zum fünfundzwanzigsten Jubiläum seines Films veröffentlicht worden, und das Interesse an ihm war erneut entflammt.
    Maureen hatte nichts mit ihm gemeinsam. IhreLebenswege hatten sich eine Nacht lang überschnitten, an die er sich nicht mehr erinnerte, die ihr aber tief in die Seele gebrannt war. Er lebte in New York City und kam in den Ferien immer nach Avalon – allerdings gegen seinen Willen. Sie hatte gehört, dass er hier Freunde hatte, aber sie gehörte nicht dazu. Ihres Wissens nach hatte er noch nie einen Fuß in die Bücherei gesetzt.
    Trotzdem hatte es sich beinahe wie eine echte Verabredung angefühlt, das Treffen hier in der Bäckerei zu vereinbaren. Das Rendezvous war natürlich per E-Mail arrangiert worden. Das Telefon zu benutzen wäre viel zu gewagt und einschüchternd gewesen. E-Mails waren ihr viel lieber. Bei E-Mails wurde sie nicht nervös. Und in E-Mails hatte sie beinahe so etwas wie eine Persönlichkeit. Sie hatte also noch nicht mit ihm gesprochen – wer musste schon sprechen, wenn er schreiben konnte? –, dennoch trug das Hin und Her beim Abmachen des Termins alle Anzeichen einer echten Verabredung. Natürlich war es keine, denn solche Sachen passierten Frauen wie Maureen nicht.
    Außer
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