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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman
Autoren: C.H.Beck
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überwiegt die Gleichgültigkeit. Wozu sollen Erinnerungen an das Unterdeck, Kapstadt, Saint-Gilles oder Böhmen gut sein? Die alten Geschichten vermischen sich und verlieren an Deutlichkeit, in den grauen Nebeln, aus denen die Träume steigen, sind sie kaum noch zu sehen.
    Eine Comtesse in einem blauen Mantel am Fenster ihrer Kutsche.
    Ein junges Mädchen, das auf einem Korallenbrocken sitzt und mit dem Finger, den es in rote Tonerde getaucht hat, Halbkreise auf sein Gesicht und seinen Hals malt.
    Eine orangenfarbene Muschel im Sand.
    Fünfzehnter Brief
    Charlotte de Vallombrun
Vallombrun, 7. März 1868
    Monsieur le Président,
    ich habe die traurige und schmerzliche Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass Gott meinen geliebten Bruder Octave de Vallombrun zu sich geholt hat.
    Nach seiner letzten Reise nach La Rochelle kehrte er direkt nach Grenoble zu unserem Bruder Louis zurück, bei dem wir Weihnachten verbrachten. Wieder zurück auf Schloss Vallombrun hielten schlechtes Wetter und der für Januar typische Schneeregen ihn nicht von langen Spaziergängen ab, die er so mochte. Nach einer dieser Wanderungen machte sich eine Lungenentzündung bemerkbar. Am Tag darauf hatte er Fieber. Er kämpfte drei Tage lang vergeblich, dann empfing er die Letzte Ölung und legte am 20. Januar seine Seele in Gottes Hände.
    Er ruht in der Familiengruft auf dem Friedhof von Vallombrun.Seit mehr als einem Jahrzehnt, länger als seine Islandexpedition zurückliegt, bin ich Zeugin seiner Bewunderung und seines Respekts Ihnen gegenüber. Der über all die Jahre fortgeführte Briefwechsel mit Ihnen erfüllte ihn mit Stolz, und in unseren Unterhaltungen erwähnte er oft Ihre Güte und Weisheit. Auf seine Mitgliedschaft bei der Société de Géographie war er besonders stolz.
    Maître Vion, Notar in Grenoble, hat das Testament eröffnet. Ich weiß nicht, ob er bereits mit Ihnen Kontakt aufgenommen hat, und lege deshalb eine Kopie von Octaves Letztem Willen bei und bitte Sie, diesen zu lesen, ehe Sie die Lektüre des Briefs fortsetzen.
Testament
    Hiermit erkläre ich, Octave de Vallombrun, bei voller körperlicher und geistiger Gesundheit, in Gegenwart der Messieurs Pouillier und Dufourg, Grundbesitzer, meinen Letzten Willen und damit jedes vorher verfasste Dokument, das denselben Gegenstand zum Inhalt hat, für null und nichtig.
    Ich vermache wie folgt:
    § 1 meinem Kutscher, Firmin Delessert, zwanzig Francs und meine Garderobe, und zwar unter der ausdrücklichen Bedingung, dass besagter Firmin am Tag meines Ablebens noch in meinen Diensten steht.
    § 2 Félicie Sorel, die sehr viel mehr als eine Köchin, sondern über ein halbes Jahrhundert lang die Seele des Schlosses war, ohne Bedingungen die Summe von sechzig Francs.
    § 3 dem Pfarrer der Gemeinde von Vallombrun:
    – fünfzig Francs, um am Jahrestag meines Todes für die Vergebungmeiner Sünden, und auf dass Gott meiner unglücklichen Seele letzte Ruhe gewähren möge, von dem Kinderchor eine Messe singen zu lassen.
    – fünfzig Francs für den Unterhalt von Kirche und Pfarrhaus.
    – fünfzig Francs, um die Armen in der Gemeinde nach seinem Ermessen zu unterstützen; keine Familie darf mehr als fünf Francs erhalten.
    § 4 Hundert Francs sollen dazu dienen, vier oder fünf arme und tugendhafte Mädchen der Pfarrgemeinde mit einer Mitgift auszustatten. Die Summe wird dem Pfarrer überantwortet, damit er in Übereinkunft mit dem Bürgermeister die Mädchen erwählt, die in den Genuss des Geldes kommen sollen.
    § 5 Monsieur Narcisse Pelletier, Lagerverwalter am Leuchtturm Phare des Baleines auf der Insel Ré (Charente-Inférieure) soll achthundert Francs erhalten. Die Geldsumme soll dem Leuchtturmvorsteher übertragen werden, der dem Nutznießer einen im Rahmen von dessen Bedürfnissen und weiteren Einkünften ausreichenden Betrag auszuhändigen hat.
    § 6 Charles-Louis und Eugénie-Charlotte Pelletier sollen zweitausendfünfhundert Francs erhalten. Diese Summe soll in zehn Jahresbeträgen an Monsieur Wilton-Smith, Kaufmann in Sydney (Australien), überwiesen werden, damit er die beiden suchen und nach Frankreich bringen lässt. Monsieur Wilton-Smith ist angehalten, eine jährliche Bilanz über den Gebrauch dieses Vermögens vorzulegen.
    Falls diese Summe nicht gänzlich aufgebraucht ist (weil Monsieur Wilton-Smith mittlerweile verstorben ist oder den hier beschriebenen Auftrag ablehnt oder aus irgendeinem anderen Grund, der diesen Paragrafen gegenstandslos macht), soll das Geld
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