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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Bruders verstoßen –, als Ihnen vor Gericht als Gegenpartei gegenüberzustehen. Wenn der Gerichtsdiener ausruft «Parteien Vallombrun gegen die Société de Géographie», wäre der ewige Friede von Octave äußerst unangenehm gestört.
    Deshalb würden wir es vorziehen, mit Ihnen eine Übereinkunft zu erzielen. Das Vermächtnis, das Octave Ihnen hinterlassen hat, ist nämlich an Bedingungen geknüpft, die Ihnen keine freie Hand lassen: Es bedeutet nichts als eine extravagante Verpflichtung, neue Expeditionen in den Nordosten Australiens zu finanzieren, wo schon zu seinen Lebzeiten alles vergeblich in alle Himmelsrichtungen erforscht wurde. Es sind bereits zu viel Zeit, Geld und Energie darauf verschwendet worden … Außerdem kann die Verpflichtung, die Ergebnisse – oder vielmehr die Nicht-Ergebnisse – zu veröffentlichen, dem Ansehen Ihrer Gelehrtengesellschaft nur schaden.
    Octave war von dieser ganzen Geschichte wie in den Bann geschlagen, und wir liebten ihn zu sehr, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Doch ist es jetzt an der Zeit, diesen Bann zu brechen.
    Anstelle sinnloser Erkundungen schien es uns nützlicher undauch mehr im Einklang mit dem Gedenken an meinen verstorbenen Bruder, Ihrer Gelehrtengesellschaft einen Geldbetrag zu überweisen, der sicherlich weniger beachtlich ist, aber ohne Bedingungen und völlig zu Ihrer freien Verfügung, Monsieur le Président: Vielleicht für Expeditionen in die argentinische Pampa oder nach Kamtschatka? Für den Erwerb von Sammlungen oder Büchern? Für Arbeiten am Sitz der Gelehrtengesellschaft? Sie werden es am besten wissen.
    Wir möchten Ihnen daher vorschlagen, auf das Erbe meines verstorbenen Bruders zu verzichten. Louis de Vallombrun und ich würden der Gelehrtengesellschaft, ohne irgendwelche Bedingungen zu stellen, zum Beispiel eine Schenkung von fünfhundert Francs machen. Unsere Übereinkunft in diesen Punkten würde notariell beglaubigt.
    (Darf ich es wagen, nicht eine Bedingung, sondern einen bescheidenen Wunsch zu formulieren? Dass nämlich der Name Octave in Ihren Mauern verbleibt, und zwar in Form einer Gedenktafel, die Sie an einem Ort Ihrer Wahl anbringen lassen. Alle Kosten würden wir übernehmen.)
    Diese Vorschläge befürworten und unterbreiten gleichsam der Pfarrer von Vallombrun, der Bürgermeister, Monsieur Firmin Delessert, Madame Félicie Sorel und weitere Erben. Bei dem Porträt von Octave habe ich von meinem Vorrecht Gebrauch gemacht. Ich möchte präzisieren, dass die Messieurs Pouillier und Dufourg, Zeugen des schriftlichen Testaments, bereit sind, vor Gericht den extrem wirklichkeitsfernen Geisteszustand meines verstorbenen Bruders in jenem Februar 1864 zu bezeugen.
    Würden diese Übereinkunfte erzielt, wäre die Testamentsaufhebung sicher, denn es bliebe nur noch Pelletier, um das Testament zu verteidigen. Ich möchte überdies hinzufügen, dass dieser Pelletier seit der letzten Unterredung mit meinem Bruder in La Rochelle spurlos verschwunden zu sein scheint. Sein unerklärliches Verschwinden ging Octave damals sehr nahe. Falls niemand weiß, woPelletier sich befindet, erleichtert das ein Verfahren gegen ihn natürlich ungemein.
    Muss ich darauf hinweisen, dass das Testament aus dem Jahre 1864 stammt? Wie kann man sicher sein, dass dieser Letzte Wille tatsächlich noch jenem von Octave entsprochen hätte, nachdem Pelletier ihm gegenüber ein so unverschämtes und ungehöriges Verhalten an den Tag gelegt hatte? Hätte er vielleicht jene Wohltaten, mit welchen er den Undankbaren überschütten wollte, mit einem wütenden und berechtigten Federstrich für ungültig erklärt?
    Das sind die Gründe, die uns dazu veranlasst haben, Ihnen jenen einfachen, schnell durchführbaren und beiderseitig vorteilhaften Kompromiss anzubieten. An Ihrer Antwort hängt unsere Seelenruhe: ein rascher und siegreicher Prozess gegen Pelletier oder, was Gott nicht gefallen wird, ein langes und peinliches Verfahren gegen Ihre Gelehrtengesellschaft?
    Wenn ich Ihre Güte noch weiter beanspruchen darf, Monsieur le Président, dann möchte ich Sie auch mit den Dokumenten von Octave beanspruchen.
    Mir fiel die traurige Aufgabe zu, seine Papiere zu ordnen und zu klassifizieren. Zu seinen Lebzeiten hätte ich Octaves Büro niemals betreten, doch ich weiß, wie ordentlich er war. Ich hatte also keine Mühe bei der Inventur seiner verschiedenen Schubladen und Schränke.
    Da gibt es einerseits drei Hefte mit spontanen Eintragungen zu Pelletier. Sie setzen mit der
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