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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt
Autoren: Thomas Schäfer
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lieben und achten. Wie kann er sonst seinen Klienten helfen, Mutter und Vater in Liebe und Achtung zu begegnen?
    Trotz der Grenzen des Therapeuten ist das Ergebnis einer Aufstellung nie willkürlich. Bei einem furchtsamen Therapeuten kommt zwar nicht die ganze Wirklichkeit ans Licht, aber auch Teile davon rufen den Klienten zum Handeln auf. Ein Beispiel dafür möchte ich aus meiner einzeltherapeutischen Arbeit mit Symbolen geben. 5

    Ein Mann war verheiratet und Vater. Vorher hatte er mit einer Freundin zusammengelebt. Diese hatte einen geistig behinderten Sohn geboren, der angeblich einem Seitensprung mit einem anderen Mann entstammte. Der Klient hatte die heftigsten Träume von diesem Sohn der Freundin, und so ließ ich ihn dieses Kind probeweise aufstellen. Der Mann vermochte auf den Symbolen nichts wahrzunehmen und war innerlich nicht offen. Doch konnte man auf den Scheiben sogleich eine intensive Verbindung zwischen dem Mann und dem Kind fühlen. Innerlich hörte ich auf der Position des Kindes den an den Mann gerichteten Ausruf: »Hallo, Papa!« Der Mann jedoch lehnte die Möglichkeit, das Kind könne von ihm sein, völlig ab. Er war auch nicht bereit, Hintergründe um die Vaterschaft zu erhellen.
    Ein Jahr später nahm der Mann bei einer Kollegin an einer Aufstellungsgruppe teil. Auch hier kam dasselbe Ergebnis zustande: Der Stellvertreter des Sohnes sagte spontan zum Stellvertreter des Mannes: »Hallo, Papa!« Der Therapeutin war das Ergebnis des früheren Aufstellens bei mir nicht bekannt. Sie hatte ihrer Intuition vertraut und den angeblich nicht mit ihm verwandten Sohn aufstellen lassen. In so einem Fall wäre ein Vaterschaftstest angezeigt, doch der Mann war nicht dazu bereit.
    In einer anderen Aufstellung einer Kollegin kam ans Licht, daß ein Mann noch ein Geschwister haben könnte. In der Realität sprach nichts dafür, und die toten Eltern konnten nicht mehr befragt werden. Einige Monate nach der Aufstellung fand die Frau des Klienten im Keller, in alten Kisten der Schwiegereltern, die Geburtsurkunde eines früh verstorbenen Bruders von ihm.
    Der konkrete Ablauf solcher Familienaufstellungen ist im Anhang dieses Buches dokumentiert.

II Wie Menschen Beziehungen gelingen

Bindung, Ordnung und Ausgleich

    Die Beziehungen zu anderen Menschen können leidvoll und von Glück erfüllt sein. Einerseits dienen Beziehungen unserer persönlichen Entwicklung, andererseits werden wir durch sie in Anspruch genommen für Ziele, die jenseits unserer Wünsche liegen. Oft sind wir in Zusammenhänge eingebunden, die wir nicht durchschauen. Den stärkten Einfluß auf unsere Beziehungen hat dabei die Familie, erst die Herkunftsfamilie und später die Familie, die wir mit einem Partner gründen. Nach Hellinger sind uns die Bedingungen für das Gelingen von Beziehungen vorgegeben: die Bindung, die Ordnung und der Ausgleich zwischen Geben und Nehmen.

Die Bindung

    Durch unser Gewissen sind wir an die Gruppe von Menschen gebunden, in die wir hineingeboren wurden. Diese Aussage mag zunächst befremdlich erscheinen. Doch wenn wir das Band, das uns mit den Familienmitgliedern verbindet, nicht oder nur selten spüren, heißt das noch lange nicht, daß es nicht existiert. Selbst zu Menschen, deren Existenz uns völlig unbekannt ist, kann eine tiefe Bindung bestehen.
    Ein Beispiel: In einer Aufstellung ging es um zwei Geschwister, die in einem Konzentrationslager umgekommen waren. Die Spätergeborenen haben davon nie etwas erfahren, doch ihre intensive Bindung an die verschwiegenen Familienmitglieder war unübersehbar. Alle schauten wie hypnotisiert auf die Toten, alles andere war belanglos.
    Die Bindung an Familienmitglieder muß also nicht immer bewußt sein. Jemand kann sagen: »Meine Mutter ist mir unwichtig, mit der habe ich keinerlei innere Beziehung! Nur zum Vater habe ich immer Nähe gespürt.« Die Realität in der Aufstellung zeigt jedoch etwas anderes. Die Bindung eines Kindes an seine Eltern wird selbst dann deutlich sichtbar, wenn jemand seine Eltern kaum erlebt hat und an einem anderen Ort aufgewachsen ist. Die Elternschaft als biologisches Faktum reicht für die Entstehung der Bindung völlig aus. Einwänden kann man mit der Frage begegnen: Gibt es etwas Größeres, als einem Wesen das Leben zu schenken?
    Eltern sind mit ihren Kindern verbunden und umgekehrt. Zwar ist es besonders für das Kind wichtig, die Bindung an Vater und Mutter zu achten, doch müssen auch die Eltern sich diese Bindung bewußtmachen. Hier
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