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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt
Autoren: Thomas Schäfer
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Kind in der Folge viel ruhiger und ausgeglichener.
    Der Therapeut Albrecht Mahr hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, daß sich der Klient nicht auf das einmalige Erlebnis des Aufstellungsbildes verläßt, sondern sich von diesem Bild durch den Alltag begleiten läßt. Es wäre naiv, anzunehmen, daß die Aufstellung einer Familie im Nu alle Probleme löst. Der Klient ist aufgefordert, bei jedem Kontakt mit den Familienmitgliedern, ihnen aus jener Perspektive zu begegnen, die er in der Aufstellung als heilend wahrgenommen hat. Auch in der Familie entstehende Fragen können am besten gelost werden, wenn man sich innerlich an jenen guten Platz aus der Aufstellung begibt.
    Wenn hier von «Kontakt« mit der Familie gesprochen wird, ist damit auch der innere Kontakt gemeint, zum Beispiel wenn man gerade an ein Familienmitglied denkt. Man darf nicht vergessen, daß der Klient zumeist Jahrzehnte hindurch ein falsches Bild seiner Familie gehabt hat. Es kann zuweilen Jahre dauern, bis das erlebte heilende Bild tief im Klienten verankert ist. So betrachtet, stimmt es gar nicht, die Systemische Psychotherapie als -Kurzzeittherapie zu bezeichnen. Es handelt sich im Gegenteil um eine Langzeittherapie. Die jedoch der Klient eigenverantwortlich durchführt.

Wodurch kommt die Wirkung einer Aufstellung zustande?

    Häufig wird gefragt, wie diese Wirkungen von Aufstellungen überhaupt möglich sind und wodurch fremde Menschen in einer Aufstellung wie die tatsächlichen Familienmitglieder fühlen können. Hellingers Antwort ist pragmatisch. Theorien kümmern ihn nicht, er arbeite mit dem, was funktioniert. Unsere Familie ist ein so machtvolles System, daß seine Darstellung in der Dimension des Raumes es auch anderen Menschen gestattet, sich in die Dynamik dieser Familie einzufühlen. Dennoch bleibt die Frage: »Wie ist es möglich?« Im Gespräch mit der Journalistin Gabriele ten Hövel erläuterte Hellinger:
    »Es gibt eine Tiefe, in der alles zusammenfließt. Sie liegt außerhalb der Zeit. Ich sehe das Leben wie eine Pyramide. Oben auf der ganz kleinen Spitze läuft das ab, was wir Fortschritt nennen. In der Tiefe sind Zukunft und Vergangenheit identisch. Dort gibt es nur Raum, ohne Zeit. Manchmal gibt es Situationen, in denen man mit dieser Tiefe in Verbindung kommt. Dann erkennt man zum Beispiel Ordnungen, verborgene Ordnungen, und kann in der Seele an Größeres rühren.« (AWI: 82)

Beeinflußt der Therapeut, was bei der Aufstellung dargestellt wird?

    Zwei Frage plagen oft: Ist das Ergebnis einer Aufstellung von der Persönlichkeit des Therapeuten abhängig, und wie »wahr« ist sie?
    Grundsätzlich kann man davon ausgehen, daß bei jeder Aufstellung nicht die Wirklichkeit sichtbar wird, sondern ein Ausschnitt davon. Es wird immer das sichtbar, was der Klient benötigt, um handeln zu können. Bert Hellinger interessiert bei seiner therapeutischen Arbeit nicht so sehr die übergeordnete Wahrheit, von der wir ohnehin nichts wissen, sondern die Wirklichkeit, also das, was wirkt. In der Aufstellung werden die Dinge so genommen, wie sie sich darstellen - mit allem Ernst, als gäbe es nichts anderes. Bei der nächsten Aufstellung mag sich die Wirklichkeit leicht verändert darstellen, und auch diese Version wird ernst genommen, als gäbe es nichts anderes. Denn Wirklichkeit ist nicht statisch, sondern ständig im Fluß und wird daher nur im Augenblick erfahrbar. Wer glaubt, er könne die Wirklichkeit festhalten, muß im nächsten Moment bemerken, daß sie durch den Ablauf der Zeit schon wieder eine andere geworden ist.
    Die Persönlichkeit des Therapeuten beeinflußt ohne Zweifel das Ergebnis einer Aufstellung. Im Gespräch äußerte Bert Hellinger, das Wichtigste, was der Therapeut für diese Arbeit mitbringen muß, sei: Furchtlosigkeit. Er braucht Mut, der Wirklichkeit ins Gesicht zu schauen, auch wenn sie die schrecklichsten Dinge beinhaltet. Fehlt dieser Mut, spüren die Stellvertreter in einer Aufstellung unbewußt, daß der Therapeut der Wirklichkeit nicht gewachsen ist, und sind in der Wahrnehmung eingeschränkt. Ich habe es sowohl als Stellvertreter wie als Beobachter erlebt, daß sich eine Gruppe mit dem blinden Fleck des Therapeuten solidarisiert hat und bestimmte Dinge in den Aufstellungen nicht wahrgenommen wurden. Dies habe ich allerdings erst mit einem gewissen Abstand realisieren können.
    Für diese Form der Arbeit muß der Therapeut noch eine weitere Voraussetzung mitbringen: Er sollte seine eigenen Eltern
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