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War ich gut Schatz

Titel: War ich gut Schatz
Autoren: Russo Andrea
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wohl sein mag? Daniel hat mich nicht abgeholt. Scheiße! Mir tun von der kurzen Zeit hier schon die Knochen weh. Ich muss mich unbedingt ein wenig bewegen. Vielleicht sollte ich in der Zelle hin und her marschieren, so wie das die echten Gefangenen immer machen, zumindest die, die ich aus dem Fernsehen kenne. Ich stehe auf und marschier in Richtung Tür. Das sind gerade mal drei Schritte.
    Als ich mich eben umdrehen will, höre ich, wie jemand sehr laut »Das darf doch wohl nicht wahr sein!« brüllt. Und dann poltert es wieder. Das war Daniel! Oder? Doch wenige Sekunden später bin ich mir ganz sicher. Ich höre Männerstimmen, die immer näher kommen, und dann vernehme ich es klar und deutlich: »Anna? Anna?«
    Ich freue mich wie eine Schneekönigin und bin plötzlich sehr aufgeregt. Mein Mann ist hier und holt mich! Und gleich werde ich in seinen Armen liegen, so hoffe ich …
    Aber was ist das denn? Es ist nicht meine Zellentür, die da gerade aufgeht, nein, es scheint die von nebenan zu sein. Rumms! Und zu ist sie auch wieder.
    Danach ist es mucksmäuschenstill. Ich traue mich kaum
mehr zu atmen und höre auf jedes Geräusch, aber es ist nichts zu hören.
    Traurig lege ich mich wieder auf mein Lager. Es ist genau an die Wand gemauert, die unsere beiden Zellen voneinander trennt. Vorausgesetzt, es war wirklich Daniel, der da gerade eingesperrt wurde. Ob die Wände dick sind? Ich könnte ja mal klopfen. Zaghaft wage ich einen Versuch. Klopf, klopf – klopf, klopf. Nichts, keine Reaktion. Also versuche ich es noch einmal. Klopf, klopf, klopf – klopf, klopf, klopf … Wieder nichts. Plötzlich ist mir kalt. Enttäuscht drehe ich mich zur Seite und wickle mich ein wenig in die kratzige Decke.
    Und da höre ich es, leise dringt das Lied in meine triste Zelle zu mir vor.
    Â»And I will love you, Baby … always!«
    Sofort bekomme ich Gänsehaut am ganzen Körper und richte mich auf. Die Worte kommen von draußen. Das Fenster ist geschlossen, aber trotzdem hört man es ganz deutlich. Leider bin ich zu klein, um hinauszuschauen. Da hilft es mir auch nichts, wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle und versuche, mich an den Gitterstäben nach oben zu ziehen. Ich komme gar nicht ran. Da fällt mein Blick auf mein dürftiges Nachtlager: Na klar, die Matratze! Ich ziehe sie zum Fenster, klappe sie einmal zusammen, was gut funktioniert, da sie ja so dünn ist, und stelle mich darauf. Endlich kann ich die Gitterstäbe greifen und mich daran ein bisschen hochziehen.
    Â»Daniel?«, rufe ich nun. »Daniel, wo bist du?«
    Â»Hier bin ich, mein Engel, gleich nebenan.«

30 Hätte, hätte, hätte – habe ich aber nicht …
    Diesmal ist alles meine Schuld, und ich hätte locker ein paar Tage Knast mehr verdient! Ich liege wieder auf einer harten Matratze, allerdings in einer anderen Zelle, da Peter und Konrad mich kurzerhand umquartiert haben. Wir würden die nächtliche Ruhe stören, war die Begründung, und all mein Betteln und Jammern half nichts, ich konnte sie nicht dazu überreden, wenigstens Daniel freizulassen. Wir sitzen fest, alle beide im Knast, und das, obwohl Daniel morgen seine Examensprüfung hat. Das weiß ich seit etwa drei Stunden, schätze ich zumindest. Ich habe nämlich keine Uhr, und meine beiden Gefängniswärter reagieren einfach nicht mehr auf meine Fragen nach der Uhrzeit. Außerdem ist es ihnen egal, dass sie vielleicht Daniels – und damit auch meine – Zukunft versauen, wenn sie nicht wenigstens ihn entlassen.
    Warum musste Daniel auch solch ein Geheimnis aus seiner bevorstehenden Prüfung machen? Hätte er mir das von Anfang an erzählt, dann wären wir jetzt nicht in dieser prekären Situation. Ich hätte mir außerdem keine Gedanken gemacht, weil er so oft unterwegs ist. Im Gegenteil, ich hätte ihm Kuchen gebacken, Schnittchen zubereitet oder
Gummibärchen in seine Tasche gepackt, Nervennahrung für seine Verabredungen zum Lernen. Außerdem wäre ich nicht sauer wegen der Pokernacht gewesen. Ich hätte sie als kleine Ablenkung vom Lernstress gesehen und wäre lächelnd darüber hinweggegangen. Ich hätte so ziemlich alles getan, um Daniel bei seinem Lernvorhaben zu unterstützen. Hätte, hätte, hätte – habe ich aber nicht …
    Aber dafür habe ich meinem Mann ordentlich Stress gemacht und zu allem
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