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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman
Autoren: Catherine Alliott
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vielleicht bist du ihr auch etwas schuldig, eh? Und die Mutter, die du betrogen hast – Letty. Du gibst ihnen ihre Familie zurück. So wird das ganze Durcheinander wieder gut. Der Kreis schließt sich, wenn du ’eiratest ’al. So bekommt die Vergangenheit einen Sinn, n’est-ce pas ? Es passt alles bei diesem ’al.«
    Ich senkte den Blick zu Boden.
    »Außer einem«, fügte er leise hinzu.
    Ich hielt den Atem an.
    »Liebst du ihn?«
    Ich fühlte die Erde unter meinen Füßen wegsacken. Konnte nicht antworten.
    »Liebst du ihn, ’attie?«
    Rasch blickte ich auf. »Liebe. Liebe .« Ich spie das Wort aus. »Ich bin neununddreißig Jahre alt, Christian, und habe in meinem Leben bislang so ziemlich alles verbockt …«
    »Du verdienst keine Liebe? Willst du das sagen?«
    Ich starrte ihn an. »Ja. Ja, okay, das ist es, was ich sagen will. Manchmal sind eben andere Dinge wichtiger. So wie – wie Pflicht und Ehre …«

    »Kapitulation, Kompromiss. Du liebst diesen Mann nicht, ’attie, aber du gibst dich mit ihm zufrieden. Aber er ist ein guter Mann, du tust ihm nichts Gutes, wenn du ihn ’eiratest, hm? Denk drüber nach.«
    Er fixierte mich einen Moment lang, bevor er sich umwandte und durch die Terrassentüren ins Haus ging.
    »Aber da irrst du dich, Christian«, rief ich ihm hinterher, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte. »Er hat den Großteil seines Erwachsenenlebens damit verbracht, auf mich zu warten, hat ein Leben in der Warteschleife geführt. Er war jahrelang verlobt, hat aber nicht geheiratet, alles nur meinetwegen. Ich tue ihm sehr wohl etwas Gutes!«
    Er wandte sich um. Kam zurück. Seine Augen blickten mich messerscharf an. »Und wie lange wird das ’alten, hm? Diese Wohltätigkeitsehe? Wie lange wirst du seinen Anblick ertragen können?«
    Ich konnte nur mit Mühe atmen. Ich blinzelte heftig. Wir standen da in der Dunkelheit.
    »Ich kann nicht, Christian«, flüsterte ich schließlich. »Ich stecke da schon so tief drin. Viel zu tief.«
    »Das kannst du«, sagte er jetzt sanfter. »Du kannst es, oder du kommst da nie mehr raus.«
    Ich holte tief Luft und atmete zitternd aus.
    »Aber dann bin ich wieder ganz allein.« Ich schluckte und dachte an Maggie und Ralph, an meine Schwester und an all meine Freunde. »Ich ganz allein. Seffy geht bald an die Uni und ich werde …« Ich hielt inne. Mein Atem ging flach. »Ich habe Angst, Christian.« Zum ersten Mal war ich wirklich ehrlich. Und die Wahrheit war leicht zu erkennen. »Ich fürchte mich so. Vor diesem Haus, vor dem Laden, davor, allein zu sein. Die alte Jungfer in diesem Stadtviertel. Ich habe solche Angst.«

    Sein Gesicht wurde weich. Er breitete die Arme aus und ich warf mich hinein.
    »Er ist mein Freund, Christian«, jammerte ich in den Tweedstoff seines Revers hinein. »Mein sehr guter Freund. Seit Jahren. Er ist nicht irgendwer.« Die Tränen strömten.
    »Das ist nicht genug«, sagte er bestimmt, »nicht genug. Mut, mon amie . Alles wird gut.« Er drückte mich. »Alles wird sehr gut.«

33
    A ls Hal aus Genf zurückkam, hörte er mir schweigend zu. Es war spät, und er war müde, und ich hatte es ihm eigentlich nicht gleich sagen, sondern bis zum Morgen warten wollen, aber er hatte mein Gesicht gesehen. Er saß am Fenster in einem Sessel mit Stahlrohrgestell, noch immer im Anzug, vornübergebeugt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, starrte er auf den Fleck zwischen seinen Füßen, während das Licht immer schwächer durch die großen Fenster hinter ihm fiel. Ich hatte nicht geschwankt. Ich hatte nicht einmal geweint, sondern hatte es für meine Verhältnisse relativ flüssig, wenngleich schnell vorgebracht. Und es hatte alles überraschend vernünftig geklungen. Vielleicht weil es, wie Christian gesagt hatte, die Wahrheit war, die nun durch diesen riesigen Raum hallte und um die Kronleuchter und die moderne Kunst an den Wänden herumschallte.
    »Du liebst mich nicht«, sagte er schließlich emotionslos. Das war das, was ich bislang ausgelassen hatte.
    »Nein. Zumindest nicht auf diese Weise.«
    »Es gibt nur eine Weise, Hattie.« Er schaute zu mir auf, aber nicht so wie sonst oft, wobei ich mich klein und schuldig fühlte, als könnte ich nicht ganz mit ihm mithalten, auf so eine vorwurfsvolle Art, bei der ich mir wie ein kleines Mädchen vorkam. Jetzt war sein Blick einfach nur traurig. »Es gibt nur eine Weise zu lieben und das ist die,
in der ich dich liebe. Von ganzem Herzen. Du hast recht. Wir haben keine Zukunft.« Er erhob
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