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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman
Autoren: Catherine Alliott
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erst gegen Viertel vor sechs wieder auf die Straße, falls es jemanden interessiert. Und wenn man sich danach immer noch unsicher fühlt, gibt es noch das Brompton Oratory um die Ecke. Ich bin nicht katholisch, wäre es aber gerne gewesen, als ich mich in die Schlange zum Abendgottesdienst einreihte, dann könnte ich niederknien wie die geheimnisvoll aussehenden fremdländischen Frauen und darin Trost finden. Ich hatte es einmal getan und war mir dann wie eine Heuchlerin vorgekommen.
    Als ich einmal abends von der Arbeit nach Hause ging, kam ich am Slug and Lettuce in der Fulham Road vorbei und bemerkte draußen zwischen den Tischen auf dem Bürgersteig eine blonde Frisur, die mir in ihrer glänzenden Perfektion und Helligkeit inmitten des geschäftigen Treibens geradezu allegorisch erschien. Und während ich noch überlegte, wo ich das schon gesehen hatte, trat Ivan aus dem Lokal und ging auf ebenjenen Tisch zu, ein Bier in der einen, einen Spritz in der anderen Hand.
    Er sah mich und blieb stehen. »Hattie.«
    »Ivan.«
    Verdammt. Wieder . Himmlisch. Wieder . Gebräunt, rosa Hemd und Jeans. Verdammt.
    Er erholte sich als Erster. Sprach als Erster, wenngleich etwas nervös. »Schön, dich zu sehen. Trinkst du was mit uns?«
    Zwei junge Leute draußen vor einem Pub, während eine ältere Frau vorüberschlurft nach einem einsamen
Arbeitstag, passenderweise ganz in Dunkelblau gekleidet, was ein Fehler war. Ich hatte einen künstlerisch-eleganten Look angestrebt, aber am Ende sah es doch eher düster aus. Tja und meine Pumps trug ich in einer Plastiktüte mit mir herum, war also praktisch in Hausschuhen unterwegs.
    »Ach, nein danke. Ich muss weiter.«
    Er stellte die Gläser ab. »Hattie, das ist meine Schwester Ingrid«, sagte er vorsichtig. Eine Frau mit einem leeren Gesichtsausdruck drehte den Kopf. Lächelnd aber scheinbar meilenweit entfernt. Sie war in meinem Alter.
    »Hallo!« In meiner Überraschung streckte ich die Hand aus. Er hatte gar keine Schwester, das wusste ich. Und irgendetwas stimmte nicht mit dieser Frau. Ich spürte, dass meine Gesichtszüge nicht recht wussten, was sie tun sollten. Meine Hand hing noch immer ungeschüttelt in der Luft: Sie starrte sie dumpf und mit unbewegtem Gesicht an. Schließlich zog ich sie wieder zurück. In diesem Augenblick hielt sie ihre hin, zögernd. Ich ergriff sie rasch.
    »Hier, setz dich kurz zu uns.« Ivan zog einen Stuhl für mich herbei. Seine Augen baten mich, Platz zu nehmen.
    »Oh. Na gut, okay. Nur ganz kurz.« Ich setzte mich hin. Was hätte ich anderes tun sollen?
    »Was möchtest du trinken?«, fragte er schnell.
    Ich blickte auf Ingrids Glas.
    »Auch einen Spritz, danke dir.«
    Er ging wieder nach drinnen. Ich unterhielt mich mit Ingrid. Das heißt, ich redete und sie hörte zu. Ivan kam mit einem Glas zurück, und wir drei wechselten im Schimmer der elektrischen Wärmestrahler ein paar freundliche Worte darüber, wie sich die Straße verändert hatte und ständig neue Läden aufmachten. Dabei bemühten wir uns, Ingrid von Zeit zu Zeit mit einzubeziehen.
Meistens saß sie mit offenem Mund da und hörte zu, aber einmal lachte sie los, bis ich schon dachte, sie würde nie wieder aufhören. Ivan wartete lächelnd, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Etwas später ergriff sie seine Hand. Er hielt sie fest. Ich trank mein Glas bald aus, aber nicht übermäßig schnell. Dann dankte ich ihm, verabschiedete mich von Ingrid und ging nach Hause.
    Eine Weile lief ich in meinem Wohnzimmer auf und ab, die Arme fest um die Brust geschlungen. Dann holte ich mein Handy heraus. Um mich an mein neues Leben, mein neues, gesünderes, gesicherteres Schmalspur-Leben zu erinnern, scrollte ich durch meine SMS. Ganz weit zurück zu der, die Ivan mir damals geschickt hatte, als ich verzweifelt aus dem Hotel in Frankreich nach Hause zu Seffy geeilt war. Die SMS, in der er etwas von »relaxed im LKW« geschrieben hatte. Während er lässig nur mit einem Handtuch um die Hüften am Balkongeländer lehnte. Ein Teil der SMS hatte gefehlt, daran erinnerte ich mich, aber man hatte doch verstanden, was gemeint gewesen war. Das würde helfen.
    Wie es mit SMS manchmal so ist, war anscheinend irgendwann doch noch die ganze SMS angekommen, ohne dass ich es bemerkt hatte. Jetzt fehlte nichts mehr, und sie stand vollständig da. Mir wurde heiß. Spontan wählte ich seine Nummer. Er ging dran, aber gleichzeitig klingelte es an meiner Tür.
    »Hallo?«
    »Oh.« Ich wusste nicht, was ich sagen
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