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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman
Autoren: Catherine Alliott
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    W ir fuhren über die M40 aus London hinaus und Maggies entschlossen konzentrierte Haltung war höchst unterstützenswert, sodass ich im ersten Augenblick vorgab, ich hätte ihre letzte Bemerkung gar nicht gehört. Stattdessen tat ich, als würde ich schlafen, denn eine eingehende Analyse meiner Familie hätte es sicherlich mit sich gebracht, dass sie die Augen von der Straße abwandte. Da aber ihre mangelnden Fahrkünste was Kleintransporter anging, geradezu legendär waren, wollte ich, dass sie den Blick fest auf den Freitagnachmittagsverkehr gerichtet hielt.
    »Hattie«, bellte sie über den Rasenmäherlärm des Motors hinweg, sodass ich sie nicht länger ignorieren konnte. »Ich fragte, ob deine Schwester in letzter Zeit nicht unglaublich verwöhnt ist? Ich habe sie schon seit ewigen Zeiten nicht mehr gesehen, aber ich meine mich zu erinnern, dass sie schon damals alles hatte, was sie wollte. Hast du nicht gesagt, sie hätte bereits einen Innenarchitekten ordentlich zusammengefaltet?« Ich seufzte, weil mir klar wurde, dass meine armselige »Augen zu«-Nummer mir nicht weiterhelfen würde. Außerdem stellte ich fest, dass es zwar ganz okay war, wenn ich selbst von Zeit zu Zeit ein wenig über meine Familie herzog, aber ich hatte doch etwas dagegen, wenn meine Freunde das taten.

    »Ich habe nicht gesagt, dass sie verwöhnt ist«, sagte ich ruhig. »Ich sagte nur, dass sie ziemlich hochtrabende Vorstellungen hat. Aber sie hatte schon immer einen ganz anderen Geschmack als ich, vor allem was die Einrichtung von Häusern angeht. Sie steht auf möglichst viel gerafften Stoff und Muster und Schnörkel, was auf dem Land prima passt, aber wohl kaum dein oder mein Stil ist, oder?«
    »Kaum«, schnaubte Maggie verächtlich und setzte dann eine zufriedene Miene auf. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Straße zu und drückte heftig auf die Hupe. Ein riesiger ungarischer Brummi hatte es gewagt, sich vor uns zu schieben, während wir auf der mittleren Spur verharrten und mit schlappen neunzig Kilometern pro Stunde dahinzuckelten, denn schneller konnten wir nicht, vollbeladen wie wir waren mit Stoffen, Musterbüchern und Möbeln, unserem Handwerkszeug.
    »Such dir eine Spur aus und dann bleib da«, blaffte sie und enthüllte damit auch ihre eigenen rudimentären Erkenntnisse über das Fahren auf Autobahnen. Sie betätigte wild die Lichthupe, während sie dicht hinter ihm auffuhr.
    Ich klammerte mich ans Polster. Schon wieder so eine Angstfahrt! Maggie hatte kürzlich zugegeben, dass ihr das Kräftemessen mit anderen Lastwagen-Fahrern einen Adrenalinkick verschaffte, und ich hatte das Gefühl, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich auch ein Tattoo und Doppelripp-Unterhemden zulegte. Wenigstens waren wir nicht in Frankreich, wo wir die meisten unserer gemeinsamen Kilometer abgerissen hatten und Maggies aggressiver Umgang mit Chalky, unserem weißen Transit-Lieferwagen, mehr als einen Monsieur dazu gebracht
hatte, eine Vollbremsung hinzulegen, aus dem Wagen zu springen und eine Erklärung zu fordern. Hier im grünen Buckinghamshire mussten wir uns nur mit Stinkefingern und dem einen oder anderen McDonald’s-Karton auseinandersetzen, den man uns aus dem Fenster ins Gesicht schleuderte.
    »Und warum will sie uns dann haben?«, brüllte Maggie besserwisserisch und wechselte auf die äußere Spur, um entgegen den Verkehrsregeln an dem Laster vorbeizupreschen. »Deine Schwester.«
    »Du weißt genau, warum. Hugh will uns haben«, sagte ich matt. »Und sogar Laura ist sich bewusst, dass sie sich lieber nicht offen gegen ihn stellen sollte. Ich finde es übrigens auch verdammt fair von den beiden, uns überhaupt um ein Angebot zu bitten. Selbst wenn wir nicht das ganze Haus bekommen sollten, sondern nur ein paar Zimmer, dann werden sie immer noch Unsummen dafür ausgeben.«
    Das brachte Maggie zum Schweigen, und sie setzte sich ein wenig gerader hin. Als mein Schwager im Laden angerufen und gefragt hatte, ob wir für sie »mal ein Auge auf die Bude werfen« könnten, war ich genauso erstaunt gewesen. Saxby-Abbey war alles andere als ein gewöhnlicher Auftrag für The French Partnership . Das übliche Betätigungsfeld von Maggie und mir waren eher Küchen in den Souterrain-Wohnungen von Fulham oder höchstens mal ein Häuschen in Parson’s Green. Aber Hugh hatte sich nicht abwimmeln lassen.
    »Laura hat … also, sie hat ein paar ziemlich extravagante Vorstellungen, Hattie«, hatte er nervös gesagt und dabei sehr
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