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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman
Autoren: Catherine Alliott
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sich schwerfällig. »Ich werde nicht versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Werde dir nicht sagen, dass meine Liebe für uns beide ausreicht. Christian hat recht, es ist nicht genug.« Er wandte sich um und sah aus dem Fenster mit dem Rücken zu mir. Er steckte die Hände in die Hosentaschen. »Und das Schlimme ist«, fuhr er leise fort, »dass ich es wusste. Ich wusste, dass du nicht mit ganzem Herzen dabei warst. Aber ich habe mich darauf verlassen, dass du ein wenig das Gefühl hattest, mir etwas schuldig zu sein. Und dass du erschöpft warst von deinem Leben. Ich habe mich darauf verlassen, dass du nicht ehrlich mit dir sein würdest, weil ich wusste, dass du das sehr gut kannst. Du darfst nicht zu streng mit dir sein, Hattie. Ich habe dich manipuliert. Nur weil ich dich liebe, aber es war trotzdem nicht sehr nett. Ich trage Schuld, nicht du. Ich kannte dich zu gut und habe dieses Wissen ausgenutzt. Ich werde heute Nacht im Gästezimmer schlafen.«
    Damit machte er kehrt und ging an mir vorbei durchs Zimmer. Ich blieb auf dem Sofa sitzen und sah ihm hinterher, Tränen brannten in meinen Augen. Unterwegs nahm er sein Jackett vom Tisch und schlang es sich über die Schulter, bevor er im Flur verschwand. So verletzlich. Und dadurch so liebenswert. Ich hörte, wie die Zimmertür hinter ihm zufiel und war sehr traurig. Ich schluckte und holte stockend Luft. Aber … oh, ich war so erleichtert. Als wäre eine ganze Ladung Kohlen plötzlich angerollt und ins Rutschen gekommen und von meinem Rücken gefallen. Ich setzte mich aufrecht in der aufziehenden Dämmerung hin und lauschte, wie er sich die Zähne putzte, die Klospülung betätigte. Die mechanischen Geräusche eines Ehemanns, wie ich feststellte,
der sich zum Schlafengehen fertig macht. Etwas, das ich mir schon immer gewünscht hatte. Der wunderbare, vertraute, heimelige Klang von Alltag, den ich nun vielleicht nie mehr haben würde.
    Und vielleicht wäre seine Liebe ja sogar für eine Weile genug gewesen. Vielleicht hätte sein Feuereifer in Bezug auf mich ja etwas nachgelassen, wenn wir geheiratet hätten, was hilfreich gewesen wäre. Hal hatte all die Jahre um mich geworben, aber ich fragte mich, ob er wusste, wie es sich anfühlte, so hervorgehoben zu werden, so unendlich wichtig zu sein und im Fokus einer derartigen Intensität zu stehen. Bei mir führte es dazu, dass ich mich unter seinem Mikroskop hervorschlängeln und vom Objektträger rutschen wollte. Ich war der Überzeugung, dass er sich ein Bild von mir gemacht hatte, das in Wirklichkeit nicht existierte. Ich würde seinen Erwartungen nie entsprechen können. Er hatte eine feste Vorstellung von mir, die in den Jahren meiner Abwesenheit nur noch stärker geworden war. Mein wahres Ich konnte da nur noch zur Enttäuschung werden.
    Ich holte noch einmal tief Luft und atmete langsam wieder aus. Ich hoffte inständig, dass er glücklich werden würde. Jemanden finden würde. Céline war nicht die Richtige gewesen. Ich war nicht die Richtige gewesen. Aber jemand würde es sein. Jemand würde ihn sehr glücklich machen, so wie er es verdient hatte. Aber ich hatte das Gefühl, dass das noch eine ganz Weile dauern würde.
    Einige Zeit später dimmte ich das Licht und hinterließ einen Zettel, auf dem stand, dass es viel einfacher wäre, wenn wir hier nicht am Morgen gemeinsam aufwachten. Ich war noch nicht ganz ausgezogen und würde noch einmal zurückkommen, um meine Sachen zu holen. Ich
dankte ihm für alles, was er jemals für mich getan hatte, was, wie ich wusste, unermesslich viel war. Ich wollte noch hinzufügen, dass ich hoffte, wir könnten für immer Freunde bleiben, tat es aber nicht. Ich wusste, er würde es nicht als Kompliment verstehen. Dann packte ich ein paar Dinge in eine kleine Tasche, ließ meinen Schlüssel auf dem Tisch im Eingang, schaute mich ein letztes Mal in der schönen, weitläufigen Wohnung um. Aber mein Blick war verändert, distanzierter. Dann schlüpfte ich hinaus in die Nacht.
     
    Tage vergingen. Zu Hause am anderen Ende der Stadt igelte ich mich völlig ein und fühlte mich eine Weile ganz weit weg vom Rest der Welt. Ich wollte meinen neuen Status als Single fürs Erste nicht mit anderen teilen. Nicht mit Maggie, die ohnehin von früh bis spät mit Ralph beschäftigt war. Und auch nicht mit Seffy, der überrascht und enttäuscht sein würde. Und nicht mit Christian, der das Ganze provoziert hatte – ein Teil von mir wollte nicht, dass er so rasch erfuhr, wie präzise
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