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Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Titel: Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist
Autoren: Lawrence M.Krauss
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Vorbemerkung
    Traum oder Albtraum, unsere Erfahrung müssen wir leben, wie sie ist, und wir müssen sie im Wachzustand leben. Wir leben in einer Welt, die vollständig von Wissenschaft durchdrungen und sowohl ein Ganzes als auch real ist. Wir können das Leben nicht einfach dadurch in ein Spiel verwandeln, indem wir uns für eine Seite entscheiden.
    Jacob Bronowski
    Ich will von Anfang an mit offenen Karten spielen und bekennen, dass ich nichts mit der Vorstellung anfangen kann, die Schöpfung erfordere einen Schöpfer – eine Behauptung, welche die Grundlage aller Religionen der Welt bildet. Jeden Tag erscheinen plötzlich schöne und wundervolle Objekte – von Schneeflocken an einem kalten Wintermorgen bis zu strahlenden Regenbögen nach einem Sommerschauer am späten Nachmittag. Dennoch würde außer den glühendsten Fundamentalisten wohl niemand behaupten, dass jedes einzelne dieser Objekte liebevoll und sorgfältig und – was wichtiger ist – von einer göttlichen Intelligenz mit Absicht erschaffen wurde. Tatsächlich erfreuen sich viele Laien und auch Wissenschaftler daran, dass wir erklären können, wie Schneeflocken und Regenbögen spontan erscheinen können – auf der Grundlage einfacher und eleganter physikalischer Gesetze.
    Natürlich kann man wie viele Menschen fragen, woher die Gesetze der Physik denn kommen, oder auch die Suggestivfrage stellen, wer diese Gesetze erschaffen habe. Selbst wenn man diese erste Frage beantworten kann, wird der Fragende dann häufig weiterbohren und wissen wollen, wo denn diese Gesetze herkommen oder wer sie in die Welt gebracht hat und so weiter.
    Letztlich werden viele nachdenkliche Menschen von dem dringenden Bedürfnis nach einer Ersten Ursache angetrieben, wie Plato, Thomas von Aquin oder die moderne katholische Kirche das wohl ausdrücken würden. Sie unterstellen dabei irgendein göttliches Wesen – einen Schöpfer all dessen, was da ist und je da sein wird, jemanden oder etwas, das ewig ist und allgegenwärtig.
    Doch wenn man eine Erste Ursache verkündet, bleibt weiterhin die Frage offen, wer den Schöpfer erschaffen hat. Denn worin besteht sonst der Unterschied zwischen der Behauptung eines ewig existierenden Schöpfers im Gegensatz zu einem ewig existierenden Universum ohne diesen?
    Diese Argumente erinnern mich immer an die berühmte Geschichte eines Wissenschaftlers, der eine Vorlesung über die Ursprünge des Universums hält (manchmal wird der britische Philosoph Bertrand Russell genannt, manchmal der amerikanische Philosoph William James) und mit einer Frau konfrontiert ist, die behauptet, die Welt werde von einer riesigen Schildkröte getragen, die von einer weiteren Schildkröte getragen werde und diese dann von der folgenden … mit Schildkröten »bis ganz hinunter«! Der unendliche Regress einer schöpferischen Kraft, die sich selbst hervorbringt (auch wenn man sich eine Kraft vorstellt, die größer ist als die Schildkröten), bringt uns keinen Schritt näher an das, was das Universum entstehen lässt. Dennoch könnte dieses Bild einer unendlichen Regression dem realen Prozess, dem das Universum seine Existenz verdankt, letztlich näherkommen, als es die Vorstellung von einem einzelnen Schöpfer zu erklären vermag.
    Wer vorbringt, es laufe nun einmal schlicht auf Gott hinaus, und damit jedes Hinterfragen wegdefiniert, kann damit vielleicht das Problem des unendlichen Regresses umgehen, doch hier berufe ich mich auf mein Mantra: Das Universum ist, wie es ist – ob uns das gefällt oder nicht. Ob es einen Schöpfer gibt oder nicht, hängt nicht von unseren Wünschen ab. Eine Welt ohne Gott oder Zweck mag einem hart oder sinnlos vorkommen, doch das allein ist noch keine Begründung für die Existenz Gottes.
    In ähnlicher Weise ist unser Geist vielleicht nicht imstande, Unendlichkeiten leicht zu begreifen (obwohl die Mathematik, ein Produkt unseres Denkens, recht schön mit ihnen umgeht). Doch diese Unfähigkeit heißt eben nicht, dass es keine Unendlichkeiten gibt. Unser Universum könnte sich räumlich oder zeitlich ins Unendliche erstrecken. Oder die Gesetze der Physik könnten, wie Richard Feynman es einst formuliert hat, wie eine Zwiebel mit unendlich vielen Schalen aufgebaut sein, sodass neue Gesetze anwendbar werden, wenn wir neue Größenordnungen sondieren. Wir wissen es einfach nicht
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