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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte
Autoren: Henning Mankell
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aller Polizeiarbeit«, sagte Wallander.
    »Eine gute Antwort«, lobte Harderberg. »Und doch ist sie falsch. Weil nämlich weder die absolute Wahrheit existiert – noch die absolute Lüge. Es gibt nur Kompromisse, die man eingeht, akzeptiert oder bricht.«
    »Wenn jemand zur Waffe greift und einen anderen Menschen tötet, dann handelt es sich wohl in jedem Fall um ein tatsächliches Geschehen«, sagte Wallander.
    Er bemerkte eine Spur von Verärgerung in Harderbergs Stimme: »Über Selbstverständlichkeiten müssen wir nicht diskutieren. Ich suche nach einer Wahrheit, die tiefer reicht.«
    »Mir reicht der Tod«, sagte Wallander. »Gustaf Torstensson war Ihr Anwalt. Sie ließen ihn töten. Der Versuch, den Mord wie einen Autounfall aussehen zu lassen, mißlang.«
    »Oh, in diesem Zusammenhang würde mich interessieren, wie Sie es herausgefunden haben.«
    »Ein Stuhlbein steckte noch im Lehm. Der Rest des Stuhls lag im Kofferraum. Und der war abgeschlossen.«
    »So einfach also. Eine Kleinigkeit.«
    |359| Harderberg verbarg nicht, daß er den beiden Männern im Schatten einen Blick zuwarf.
    »Warum mußte er sterben?« fragte Wallander.
    »Gustaf Torstenssons Loyalität ließ nach. Er sah, was er nicht hätte sehen sollen. Wir waren gezwungen, uns seiner Loyalität ein für allemal zu versichern. Ab und zu vertreiben wir uns die Zeit hier auf dem Schloß mit Schießübungen. Als Ziele verwenden wir Puppen. Eine solche lebensgroße Puppe setzten wir auf die Straße. Er hielt an – er starb.«
    »Und damit stand seine Loyalität fest?«
    Harderberg nickte und wirkte für einen Moment wie abwesend. Dann erhob er sich hastig und ging zu den Bildschirmen, um Zahlenreihen zu studieren. Wallander vermutete, daß es sich um Börsennotierungen von einem Ort handelte, an dem es bereits Tag war. Aber hatten die Börsen der Welt auch am Sonntag geöffnet? Vielleicht handelte es sich ja um ganz andere Daten.
    Harderberg kehrte zu seinem Sessel zurück. »Wir konnten nicht wissen, wieviel der Sohn mitbekommen hatte«, fuhr er ungerührt fort. »Wir beobachteten ihn. Er besuchte Sie auf Jütland. Wir konnten nicht wissen, wieviel er Ihnen anvertraut hatte. Oder Frau Dunér, beispielsweise. Ich muß anerkennen, daß Sie sehr geschickt vorgegangen sind, Kommissar Wallander. Aber natürlich haben wir sofort durchschaut, daß Sie uns glauben machen wollten, Sie verfolgten eine andere Spur. Es kränkt mich, daß Sie uns so unterschätzt haben.«
    Wallander merkte, daß ihm schlecht wurde. Die Gefühlskälte, die von dem Mann im Sessel ausging, war eine ganz neue Erfahrung für ihn. Dennoch trieb ihn die Neugier dazu, weitere Fragen zu stellen. »Wir haben einen Plastikbehälter in Gustaf Torstenssons Auto gefunden. Ich vermute, daß Sie ihn nach dem Mord austauschen ließen?«
    »Warum sollte ich?«
    »Unsere Techniker haben festgestellt, daß er noch nie benutzt wurde. Wir sind davon ausgegangen, daß ihm selbst keine Bedeutung zukam. Interessanter war dagegen die Frage, wozu er eigentlich dienen sollte.«
    |360| »Und was könnte das gewesen sein?«
    »Stellen Sie jetzt die Fragen? Und ich soll antworten?«
    »Es ist spät in der Nacht«, sagte Harderberg. »Warum können wir diesem an und für sich bedeutungslosen Gespräch keine spielerische Note geben?«
    »Es geht um Mord«, sagte Wallander. »Ich habe den Verdacht, daß derlei Plastikbehälter dazu dienen, Organe aufzubewahren und zu transportieren. Organe, die ermordeten Menschen herausoperiert wurden.«
    Für einen Augenblick war Harderberg wie erstarrt. Es war nur ein kurzer Moment, doch Wallander bemerkte die Reaktion. Für ihn war es die Bestätigung, mit seiner Vermutung recht zu haben.
    »Ich mache Geschäfte, wo sie sich anbieten«, sagte Harderberg langsam. »Wenn es einen Markt für Nieren gibt, dann kaufe und verkaufe ich Nieren, um nur ein Beispiel zu nennen.«
    »Woher stammen die Nieren?«
    »Von verstorbenen Menschen.«
    »Die Sie wegen ihrer Nieren getötet haben.«
    »Ich habe mich niemals mit etwas anderem als mit dem Kauf und dem Verkauf beschäftigt«, sagte Alfred Harderberg geduldig. »Was geschieht, bevor die Ware in meine Hände gelangt, interessiert mich nicht. Ich frage nicht danach.«
    Wallander war eine Weile sprachlos. »Ich hätte nie gedacht, daß es Menschen wie Sie gibt«, stammelte er schließlich.
    Alfred Harderberg beugte sich ruckartig nach vorn. »Jetzt lügen Sie«, sagte er. »Sie wissen sehr gut, daß es Menschen wie mich gibt. Ich
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