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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition)
Autoren: Heinz Zwack
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Meine liebste Carol,
     
    ich habe lange überlegt, wie ich diese Zeilen an Dich beginnen soll. Schließlich musst Du ja glauben, ich hätte Dich ohne jede Vorankündigung und ohne jeden Anlass verlassen oder ich sei einem Verbrechen zum Opfer gefallen.
     
    Ich lebe – ich bin dir sogar ganz nah, aber doch unendlich fern. Wie und weshalb das so ist und auch weshalb ich wohl nie zu Dir werde zurückkehren können, will ich versuchen, Dir zu erklären.
     
    Mein Freund Jacques Dupont, und zu einem echten Freund ist er mir in den letzten Monaten geworden, hat dafür gesorgt, dass Du dieses Buch bekommst. Er hat es Dir per Post geschickt, weil Du ihn sonst mit Fragen überhäuft hättest und – ganz so, wie ich das vor einigen Monaten getan habe – von ihm verlangt hättest, dass er Dich zu mir oder mich zu Dir bringen soll. Das konnte er nicht und kann er auch jetzt nicht. Deshalb sind Jacques und ich übereingekommen, dass dies der richtige Weg ist. Bitte versteh das – aber das wirst Du jetzt vermutlich nicht …
     
    … und deshalb kann ich Dich nur eindringlich bitten: Lies dieses Buch! Dann wirst Du mich in der Person dieses Bernd Lukas erkennen, den ein verrückter Zufall – für den die Wahrscheinlichkeit in der Größenordnung von drei Lotto-Jackpots hintereinander liegt – in eine andere Welt versetzt hat.
     
    Ich habe angefangen, diese Zeilen zu schreiben, als mir endgültig klar geworden war, dass ich wohl (aus diesem einen Wörtchen magst Du einen winzigen Rest Hoffnung schöpfen, den ich mir bewahrt habe) für immer in dieser Welt bleiben werde, bleiben muss, einer Welt, in der nur Menschen wie Jacques diese unsichtbaren Grenzen überschreiten können, die mich gefangen halten.
     
    Ich habe ›hier‹ – Millimeter und doch Welten fern von Dir – meinen Frieden gefunden, habe mir eine Aufgabe gewählt, von der ich hoffe, dass ich damit vielen Menschen Gutes tun und ihnen zu einer besseren Zukunft verhelfen kann, und wünsche Dir und den Kindern alles Glück, das Menschen empfinden können.
     
    Ich habe mich lange und oft mit Jacques darüber unterhalten, ob er mir bei einer stetigen Briefverbindung mit Dir und den Kindern behilflich sein kann. Wir sind aber zu dem Schluss gelangt, dass das den Trennungsschmerz nur vergrößern würde. Deshalb will ich – so grausam Dir dies auf den ersten Blick erscheinen mag – nach diesen Zeilen einen klaren Schnitt machen und kann nur von ganzem Herzen hoffen, dass Ihr und ganz besonders Du das verstehen werdet.
     
    Gib die beiden weiteren Exemplare dieses Buchs Max und Jessie – am besten erst, nachdem Du selbst es gelesen hast und daher mit Ihnen darüber reden kannst – und verstehe und akzeptiere meine Entscheidung. Ich bitte Dich, behalte mich in guter Erinnerung und tu dies ohne Groll auf ein gnadenloses Schicksal, das uns getrennt hat und nicht zulässt, dass wir jemals wieder zusammen sein können.
     
    Ich werde immer in Liebe an Dich denken,
     
    Dein Bernd
     
        
     

BERND LUKAS
     
    ANDERWELTEN
    … nur einen Lidschlag weit entfernt
     

Prolog
     
    Artix stand auf einem offenen Platz, den steinerne Kolosse umgaben. Überall ragten diese in den Himmel. Kolosse aus Mauern, die aus lauter gleichmäßig geformten Steinen bestanden und in die von einer durchsichtigen Substanz bedeckte Öffnungen eingelassen waren. Der Boden, auf dem sie stand, war ebenfalls mit etwa handgroßen, rechteckigen Steinen bedeckt. Weit und breit gab es nirgends eine Pflanze oder einen Baum, nicht einmal Gras.
    Um sie herum standen Menschen in seltsamen Kleidern, die irgendwie fein wirkten, nicht wie die groben Wollgewebe, die sie kannte, oder die Tierfelle, in die sie und ihre Stammesgenossen sich im Winter hüllten. Sie hatte noch nie so viele Menschen gesehen, es mussten Hunderte sein, und sie hatte das Gefühl, alle würden sie anstarren, weil sie so völlig anders war.
    Ob dies eine der ›Städte‹ war, von denen in den Gesängen der Alten so oft die Rede war, eine Ansammlung von Bauten, in denen der Überlieferung nach die Menschen vor dem ›Großen Feuer‹ gelebt hatten? Aber das Geschehen um sie zog Artix so in ihren Bann, dass sie den Gedanken nicht weiterverfolgte.
    Mitten auf dem Platz zwischen all den Steinkolossen stand ein Gerüst aus Holz, so hoch wie drei Männer. Stufen führten hinauf zu einer Art Plattform. Auf dieser stand ein Gebilde aus … war das Holz? Es bestand aus einer Art Bank, die vorne in einer halbrunden Mulde endete, unter
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