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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga
Autoren: Henning Mankell
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nachgelassenen Papieren des Majors entnehmen«, gab Wallander zurück.
    »Wie hätte ich sicher sein können, daß sie tatsächlich existieren? Geschweige denn, daß Sie sie gefunden haben?«
    »Durch eine einfache Frage«, erwiderte Wallander.
    Murniers schüttelte den Kopf.
    »Hätte ich mit einem von Ihnen Kontakt aufgenommen, wäre es zwischen Putnis und mir zu einem offenen Krieg gekommen. Dann wäre er ins Ausland geflohen, und wir hätten ihn niemals fassen können. Ich hatte in der Tat keine andere Wahl, als Sie dadurch zu überwachen, daß ich Putnis’ Bewachern ständig auf den Fersen blieb.«
    Wallander fühlte sich plötzlich viel zu müde, um noch länger zuhören zu können. In seiner Hand wütete der Schmerz. Er griff nach Baiba und richtete sich auf.
    Dann wurde er ohnmächtig.
    Als er wieder aufwachte, lag er auf dem Untersuchungstisch eines Krankenhauses, seine Hand war eingegipst und die Schmerzen endlich weg. Oberst Murniers stand mit einer Zigarette in der Hand im Türrahmen und sah ihn mit einem Lächeln an.
    »Geht es Ihnen besser?« fragte er. »Unsere lettischen Ärzte sind sehr tüchtig. Ihre Hand war kein schöner Anblick. Sie werden die Röntgenbilder mit nach Hause bekommen.«
    »Was ist passiert?« fragte Wallander.
    »Sie sind ohnmächtig geworden. Das wäre ich auch in Ihrer Situation.«
    Wallander sah sich in dem Behandlungszimmer um.
    »Wo ist Baiba Liepa?«
    |336| »Sie ist zu Hause in ihrer Wohnung. Sie war sehr gefaßt, als ich sie dort vor ein paar Stunden verließ.«
    Wallander hatte einen trockenen Mund. Er setzte sich vorsichtig auf.
    »Kaffee«, sagte er. »Kann man hier eine Tasse Kaffee bekommen?«
    Murniers lachte.
    »Ich habe noch nie einen Mann getroffen, der so viel Kaffee trinkt wie Sie«, sagte er. »Aber Sie sollen Ihren Kaffee natürlich bekommen. Wenn Sie sich besser fühlen, schlage ich vor, daß wir mein Büro aufsuchen, um die ganze Angelegenheit abzuschließen. Ich vermute, daß Sie und Baiba Liepa danach noch viel zu besprechen haben werden. Ein Polizeiarzt wird Ihnen eine schmerzstillende Spritze geben, sobald die Hand wieder anfängt, weh zu tun. Der behandelnde Arzt hält das für wahrscheinlich.«
    Sie fuhren in Murniers’ Auto durch die Stadt. Es war schon spät am Nachmittag, und die Dämmerung war bereits angebrochen. Als sie durch die überdachte Toreinfahrt des Polizeihauptquartiers fuhren, dachte Wallander, daß es nun wohl das letzte Mal sein würde. Auf dem Weg zu seinem Büro machte Oberst Murniers an einem Tresor halt, in dem die blaue Mappe verwahrt war. Neben dem großen Schrank saß eine bewaffnete Wache.
    »Vielleicht war es gescheit, die Mappe einzuschließen«, meinte Wallander.
    Murniers sah ihn erstaunt an.
    »Gescheit?« fragte er. »Notwendig, Kommissar Wallander. Auch wenn Putnis jetzt aus dem Weg ist, bedeutet das nicht, daß schon alle Probleme gelöst wären. Wir leben immer noch in derselben Welt, Kommissar Wallander. Wir leben in einem Land, das gerade dabei ist, von Gegensätzen zerrissen zu werden. Und die wird man nicht einfach los, indem man drei Schüsse auf die Brust eines Polizeioberst abfeuert.«
    Wallander sann über Murniers’ Worte nach, während sie |337| ihren Weg in dessen Büro fortsetzten. Ein Mann mit einem Kaffeetablett in den Händen stand in strammer Haltung vor der Tür. Wallander fiel sein erster Besuch in diesem dunklen Zimmer wieder ein, und es kam ihm wie eine sehr ferne Erinnerung vor. Würde er jemals all das verarbeiten können, was in der Zwischenzeit geschehen war?
    Murniers nahm aus einer Schreibtischschublade eine Flasche heraus und füllte zwei Gläser.
    »Es ist zwar geschmacklos, jetzt anzustoßen, so kurz nachdem wir Menschen haben sterben sehen«, sagte er. »Aber trotzdem finde ich, daß wir es uns verdient haben, vor allem Sie, Kommissar Wallander.«
    »Ich habe doch nichts als Fehler gemacht«, wandte Wallander ein. »Ich habe falsch kombiniert, ich habe viel zu spät gemerkt, wie die Dinge zusammenhingen.«
    »Ganz im Gegenteil«, antwortete Murniers. »Ich bin von Ihrem Einsatz sehr beeindruckt, und von Ihrem Mut.«
    Wallander schüttelte den Kopf.
    »Ich bin kein mutiger Mensch«, sagte er. »Ich wundere mich, daß ich noch lebe.«
    Sie leerten die Gläser und setzten sich an den mit einem grünen Filztuch bedeckten Tisch. Zwischen ihnen lag das Testament des Majors in seiner blauen Mappe.
    »Ich habe eigentlich nur eine einzige Frage«, sagte Wallander. »Upitis?«
    Murniers nickte
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