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VT11 - Flammender Himmel

VT11 - Flammender Himmel

Titel: VT11 - Flammender Himmel
Autoren: Claudia Kern und Stephanie Seidel
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worden?
    Er versuchte wieder, einen Blick über Leutnant Wesamutu Schulter zu werfen.
    Das Herz blieb ihm bei dem Anblick stehen, doch bevor er so richtig begreifen konnte, was er da sah, bekam er von hinten einen kräftigen Stoß, der ihn beinahe gegen eine Munitionskiste schleuderte.
    Hauptmann Bambooto rannte an ihm vorbei. Er stieß auch Leutnant Wesamutu zur Seite und erreichte wenige Lidschläge später den ausgefransten Rand der Plattform. Die erstickten Hilferufe wurden lauter und richteten sich nun direkt an Bambooto. Doch der Hauptmann blieb ruhig. Er legte sich auf die abgebrochenen Holzbohlen, die den extraleichten, aus vielen Schichten geflochtenem Schilf bestehenden Untergrund unter den Kanonen verstärkten, und begann beruhigend auf den Rufer einzureden. Dann drehte er sich um.
    »Hey, Leutnant Wesamutu! Ich brauche ein Seil, nein, besser noch zwei! Und einen Helfer! Schnell!«
    Der Leutnant nickte hastig und griff in die Menge. O nein, dachte Henri, als er herausgezogen und in Richtung des nächsten Schuppens gestoßen wurde. »Da lang! Der Schuppen ist offen. Hol die Seile. Los, mach schon!«
    Henri beeilte sich. Er ahnte, was der Hauptmann vorhatte, und bewunderte ihn dafür, war sich aber nicht sicher, ob er wirklich ein Teil dieser Hilfe sein wollte. Doch es blieb keine Zeit zum Nachdenken.
    Vielleicht besser so, dachte Henri, als er bei Hauptmann Bambooto eintraf und ihm das Seil reichte. Das andere knotete er sich hastig um die Hüften und reichte dann das lose Ende zu Bambooto hinüber, der es sich zusammen mit dem zweiten ebenfalls um die Taille schnallte. Dann legte der Hauptmann sich wieder hin und robbte vorsichtig zum Rand der Bohlen.
    »Kannst du noch, Kleiner? Ganz ruhig bleiben, gleich hast du’s geschafft!«
    Leises Weinen antwortete ihm.
    »Ja, so ist gut. Greif es! Ja, richtig! Und jetzt festhalten! – Und du da hinter mir, halt dich fest! Wenn ich abrutsche, musst du uns beide halten!«
    Langsam zog der Hauptmann und richtete sich dabei auf. Henri stemmte, vor Nervosität zitternd, die Füße in den Spalt zwischen den Bohlen. Er versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass das Brett nachgeben könnte, und konzentrierte sich darauf, den Hauptmann langsam nach hinten zu ziehen.
    Jetzt erschien über dem abgesplitterten Rand der Bretter ein Kopf. Henri war so überrascht, dass er beinahe das Seil losgelassen hätte. Was hatte denn ein Junge hier in der Nähe einer Dampfdruckkanone verloren? Hatte der Kaiser nicht den Einsatz von Kindern bei der Kanonenwartung verboten?
    Ihn packte unheiliger Zorn. Das war doch sicher wieder nur die Schuld dieses aufgeblasenen Prinz Akfat, der wohl entweder zu dumm oder zu faul gewesen war, um sich eine Alternative auszudenken.
    Die Wut gab Henri neue Kraft. Er hielt das Seil fest, bis Hauptmann Bambooto den Jungen in Sicherheit gebracht hatte. Die Menge, die von Leutnant Wesamutu bislang im Zaum gehalten worden war, johlte, drängte sich an ihm vorbei und begann dem Jungen und seinen Rettern auf die Schultern zu klopfen.
    Henri wischte sich erleichtert über die Stirn. Dieses Mal hatte die Nachlässigkeit des Prinzen beinahe ein Leben gefordert. Den Gedanken daran, was noch passieren konnte, wenn man ihm eines Tages vielleicht freie Hand ließ, verdrängte er.
    Stattdessen dachte er an die geeignete Präsentation seiner Heldentat. Schließlich hatte er Yves eine Schilderung der Ereignisse versprochen.
    ***
    Auf dem Weg nach kwaBulawayo
    Der Morgen dämmerte, und mit dem ersten Tageslicht begann ein Vogelkonzert aus vielen bunten Kehlen. Vom kleinen Sittich bis zum blau schillernden Kongopfau tschilpte und pfiff die gefiederte Waldbevölkerung ihre Lebensfreude heraus. Monkees turnten durch die Baumkronen, und im Dickicht wanderte grunzend eine Rotte Pinselohrpiigs vorbei.
    Für Nandi waren das unbekannte Laute. In Kilmalie kannte man Feldlerchen und Hühner. Maelwoorms gaben knarrende Quietschgeräusche von sich, und nachts hörte man manchmal das Brüllen eines Lioon. Die Stimmen des Waldes hörte man nie. Entsprechend erschrocken fuhr das kleine Mädchen hoch.
    Nandi sah sich um. Dingiswayo und Tenga lagen seitlich im Gras, einen Arm auf den Ellbogen gestützt und ihren Kopf auf der Schulter ruhend wie auf einem Kissen. Es sah komisch aus, doch es gab gute Gründe für diese merkwürdige Schlafhaltung. Einer davon krabbelte gerade auf unzähligen Beinen an Tengas Arm hoch. Er schaffte die Hälfte des Weges, dann kam die Hand des schlafenden Banzulu
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