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VT11 - Flammender Himmel

VT11 - Flammender Himmel

Titel: VT11 - Flammender Himmel
Autoren: Claudia Kern und Stephanie Seidel
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Stück weggerollt. Steine hatten die Bewegung abgebremst und dafür gesorgt, dass er auf dem Halsstumpf liegen blieb. Es sah aus, als würde er aus dem Boden wachsen.
    »Bei allen Dämonen der Nacht! Was ist das?«, fragte Dingiswayo entsetzt. Die Leiche war, wie der Körper Adeyemos, in Verwesung übergegangen. Doch sie sah anders aus. Es schien, als habe der Fremde schon vor seinem Tod eine kranke graue Haut gehabt. Sein Gesicht war extrem eingefallen, die Augen lagen klein wie verrunzelte Beeren in den Höhlen.
    Aber sie waren noch da! Und das machte den Mann so unheimlich. Kein Tier hatte ihn berührt, auch die Impisi-Ameisen nicht, obwohl er direkt über ihrem Nest lag. Es waren nicht einmal Maden an der Leiche.
    Ngomane runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, ob sie ihn verschmähen oder ihn fürchten«, sagte er. »Aber so oder so: Wir sollten hier verschwin-«
    »Iiiiiiiiiih!«, gellte es hinter ihm, panisch und in höchsten Tönen. Nandi hatte das Warten auf dem Wildpfad satt gehabt und war den Männern gefolgt. Jetzt stand sie da, bleich unter der dunklen Haut, und schrie sich die Seele aus dem Leib.
    Ngomanes anfänglicher Zorn verflog, als er merkte, dass etwas nicht stimmte. Nandi schrie nicht vor Schreck, oder weil sie sich ekelte. Sie schrie vor Angst.
    Er packte sie bei den Armen, hockte sich vor sie hin, schüttelte das Mädchen. »Nandi! Rede mit mir! Nandi! Was ist los?«
    »Gruh!«, kreischte sie und zeigte mit dem Finger auf den abgehackten Klopf.
    »Gruh? Heißt er so? Kennst du den Mann?«
    »Nein! Nein!« Nandi wand sich in Ngomanes Griff, wollte fliehen. Ihr Schreien wurde hysterisch, sie hyperventilierte, knickte in den Knien ein. Ngomane wusste sich nicht anders zu helfen: Er gab ihr eine Ohrfeige. Nandi erstarrte, war verdutzt. Dann schlug sie die Hände vors Gesicht und begann bitterlich zu weinen.
    Ngomane hob sie hoch und trug sie zum Weg zurück. Er sprach tröstend auf sie ein, streichelte ihren mageren Kinderrücken. Nach und nach wurde das Weinen schwächer, ging in Schluchzen über. Worte mischten sich dazwischen. Unverständlich erst, dann immer klarer, bis Ngomane am Ende erfuhr, gegen wen Adeyemo gekämpft hatte: Gruh war das Geräusch, das die Hirnfresser machten.
    »Sie sind schon hier im Wald!«, sagte Ngomane beunruhigt. »Und wir wissen nicht, wie viele es sind!«
    Dingiswayo und Tenga tauschten alarmierte Blicke. Der Erste Jäger zeigte den Pfad hinauf. »Wir müssen ins Dorf zurück, Nkosi!«
    »Ja.« Ngomane nickte. »Und zwar schnell!«
    ***
    Brest-à-l’Hauteur, am Vorabend unserer Ankunft bei der Großen Grube
    Mein hochwerter Herr Vater,
    ich hoffe, meine Wünsche zu Eurem Wohlergehen und dem meiner sehr werten Schwestern Antoinette und Marie erreichen Euch mit dem Witveer noch vor Einbruch der Dunkelheit. Sicher fragt Ihr Euch, warum ich Euch so kurz vor unserer Ankunft in der wunderschönen Wolkenstadt Orleans-à-l’Hauteur noch mit einem Brief belästige und einen Witveerlenker mit der Zustellung beauftrage, statt ihn mir für möglicherweise wichtigere Botengänge aufzuheben.
    Nun, zunächst wollte ich Euch von der pünktlichen Ankunft der Soldatenstadt in Kenntnis setzen, und auch davon, dass hier alles zu Eurer Zufriedenheit vorbereitet wurde. Brest wird voll einsatzfähig sein, wenn wir morgen Abend eintreffen.
    Ich denke mir auch, dass dies zum Wohlbefinden meiner hochwerten Schwestern beiträgt, die als zarte weibliche Wesen sicher das Inferno fürchten, das diese grauhäutigen Gruh (wie mir dieses Wort allein schon widerstrebt!) verursachen werden, wenn niemand sie aufhält. Ihr könnt ihnen versichern, dass Brest in allen Belangen fähig und willens ist, dem Spuk ein Ende zu bereiten.
    Die Vorbereitungen für die glorreiche Schlacht sind hervorragend gediehen. Leider haben wir bei den Probeläufen dank einer unbedeutenden Schlamperei eine unserer zwölf Dampfdruckkanonen verloren, aber ich bin überzeugt, dass wir dennoch jeder beliebigen Zahl der Grauhäutigen die Stirn zu bieten imstande sind.
    Zu Schaden kam immerhin niemand, auch dank meines beherzten und sofortigen Eingreifens, und ein kleiner Botenjunge, der Nachrichten in der Schlacht übermitteln sollte, konnte noch in letzter Minute, ja buchstäblich letzter Sekunde von mir vor einem Sturz in den Abgrund gerettet werden. Bitte erspart mir die genaue Schilderung dieses entsetzlichen Vorfalls. Die Nachlässigkeit des Personals wird unnachgiebige Strafen zur Folge haben, und ich bin überzeugt,
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