Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
VT11 - Flammender Himmel

VT11 - Flammender Himmel

Titel: VT11 - Flammender Himmel
Autoren: Claudia Kern und Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
versprochen: Du wirst eine Mahlzeit bekommen«, sagte er lächelnd.
    »Hunger!« In Nandis Augen brannte das Fieber, und ihre Haut fühlte sich heiß an. Trotzdem schien das Kind zu frieren. Es zog die schmalen Schultern hoch, sah wie Hilfe suchend zu Ngomane auf.
    »Wir sollten ein Feuer machen«, sagte er.
    Dingiswayo schüttelte den Kopf. »Es ist spät, Nkosi! Die Sonne sinkt bereits, und wir haben einen langen Weg vor uns. Außerdem hast du selbst gesagt, wir sollten das Mädchen ins Dorf bring-«
    Die letzte Silbe erstickte unter Ngomanes Hand. Schlangengleich war der Banzulu-Fürst herumgefahren und hatte seine Finger in Dingiswayos Kehle verkrallt. Er näherte sein Gesicht dem Ohr des röchelnden Mannes und raunte, bebend vor mühsam unterdrücktem Zorn: »Wage es nie wieder, mich an meine eigenen Worte zu erinnern!«
    Dann stieß den Ersten Jäger hart von sich. Es ärgerte ihn, wie belehrend Dingiswayo im Beisein eines Kindes zu ihm gesprochen hatte – und noch mehr ärgerte es Ngomane, dass er sich zu seiner unbedachten Äußerung hatte hinreißen lassen. Er blickte zu den Baumwipfeln hoch. Lange Sonnenstrahlen bohrten sich schräg ins Geäst, von winzigen Insekten durchtanzt. Die Blätter flammten, und da war ein Hauch von Rot in den Kronen. An den Stämmen aber flossen erste Schatten herunter. Dingiswayo hatte Recht: Es war spät!
    Ngomane seufzte. Die Zeit hatte für ihn alle Bedeutung verloren, als er mit Nandi in den Scheiterhaufen von Kilmalie festsaß. Hier jedoch, unter den Bäumen des namenlosen Waldes, war sie wie ein Jagdspeer an ihm vorbei geflogen. Er sah sich nach Tenga um, hoffte insgeheim, der junge Mann würde noch auf einen Befehl warten. Aber Tenga war schon dabei, die ersten Steine heranzuschleppen. Für das Feuer, das der Nkosi haben wollte.
    Bis die Flammen in der gesicherten Feuerstelle prasselten, war das Sonnenlicht aus den Bäumen verschwunden. Ngomane, Tenga und Dingiswayo hatten sich im Gras niedergelassen und brieten Antilopenfleisch auf den erhitzten Steinen. Abwechselnd verfütterten sie kleine Stücke an das Kind.
    Der Banzulu-Fürst hatte entschieden, die Nacht im Wald zu verbringen. Sein Argument, Nandi müsse sich erst etwas erholen vor dem langen Weg nach kwaBulawayo, klang selbst in Ngomanes eigenen Ohren fadenscheinig. Doch niemand widersprach – natürlich nicht! –, und so war es beschlossen.
    Nandis Zustand besserte sich im Laufe des Abends. Das Fieber sank, die Augen wurden klar, und sie aß mit immer größerem Appetit. Man konnte zusehen, wie ihr kleiner Bauch immer runder wurde. Allmählich taute die Fünfjährige auf, sprach ein paar Worte, lachte sogar. Tenga schien ihr Favorit zu sein. Vielleicht, weil er nicht gar so groß und kräftig war wie die beiden anderen Banzulu.
    Er ließ sich auch mehr gefallen als sie. Tenga hielt geduldig still, als sich Nandi kauend in seine Arme schmiegte, an ihm hoch turnte und seinen Kopf betastete. Sie schien etwas ungeschickt zu sein, denn ihre Fingernägel bohrten sich mehr als einmal in seine Haut.
    »Au! Vorsicht, kleine Löwin! Willst du mich fressen?« Tenga lachte, umschlang das Kind und ließ sich mit ihm ins Gras sinken. Er kitzelte die Kleine, sie jauchzte und strampelte.
    Plötzlich schrie sie auf.
    »Was… was ist?«, stammelte Tenga erschrocken. »Habe ich dir wehgetan?«
    Nandi hielt ihm kläglich den linken Arm hin. In Bizepshöhe, auf der Rückseite, war eine Wunde. Kaum größer als eine Erbse, aber stark geschwollen. Als der Feuerschein darauffiel, konnte man sehen, dass sie nässte. Tenga hatte sie beim Herumtollen versehentlich berührt. Dadurch war sie aufgeplatzt. Eiter floss.
    Ngomane beugte sich zu Nandi vor und ergriff ihren Arm. Nachdenklich betrachtete er die kleine Verletzung.
    »Sieht aus wie ein Frakkenbiss«, meinte er. »Scheint entzündet zu sein.«
    »Na ja – wer weiß, was die Viecher vorher gefressen haben!« Dingiswayo legte ein weiteres Stück Antilopenfleisch auf die Steine. Zischend begann es zu brutzeln.
    Ngomane zog sein Messer, nickte Tenga zu.
    »Halt sie mal fest!«, befahl er. Während der Junge das ahnungsvoll losjammernde Kind in seine Arme zog und mit ihm ans Feuer rückte, hielt Ngomane die Klinge des Messers in die Flammen. Als die Spitze rot glühte, wandte er sich um, packte schnell zu und presste sie auf Nandis Arm.
    Ein Schrei gellte durch den Wald ohne Namen, bis in die Baumspitzen und weit über die Lichtung hinaus. Nandi brüllte nur vor Schreck – an der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher