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Von unten gefesselt

Von unten gefesselt

Titel: Von unten gefesselt
Autoren: Clark Kraycek
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in dieser Zeit focht ich weiter den inneren Kampf aus, der mich mal in die eine, mal in die andere Richtung trieb. Gleichzeitig erlebte ich die Depressionen meiner Partnerin zum ersten Mal bewusst, erstmals mit dem Wissen, was mit ihr los war. Vieles hatte ich schon zuvor bei ihr erlebt, konnte es jedoch nie deuten, wusste nie, was sie durchlebte. Und nun erkannte ich die Hintergründe und Ursachen, mir wurde klar, worum es sich bei diesen Eigenarten handeln musste, noch später erfuhr ich dass es sich bei ihrer Krankheit um das Borderline-Syndrom handelte. Und ich bemerkte nicht, dass meine Partnerin begonnen hatte gelegentlich die Unterhaltungen mit meiner Kajira mit zu lesen. Bis sie es mir eines Tages eingestand und mich aufforderte, von nun an auch das zu unterlassen.
    Ich weiß, dass ich in diesem Moment vollkommen anders entschieden hätte, hätte ich noch nichts von der Krankheit meiner Partnerin gewusst. Der Ärger über den Vertrauensbruch hätte mehr als ausgereicht, den entscheidenden Ruck in die richtige Richtung zu geben. So aber sah ich ihre Krankheit als Ursache, verzieh ihr mühevoll den Missbrauch meines Vertrauens. Ich weiß heute auch, dass eine Entscheidung zugunsten meiner Kajira gefallen wäre, wenn es vielleicht noch 2 oder 3 weitere Treffen mit ihr gegeben hätte. Oder die wenigen entscheidenden Worte gefallen wären. All das traf jedoch nicht zu, all das passierte nicht. Und somit siegte das, was eben immer mein Grundsatz gewesen war: die Beziehung durfte nicht gefährdet werden. Und ich teilte meiner Kajira aus einem tiefen inneren Loch heraus mit, dass auch die schriftliche Kommunikation miteinander in Zukunft unterbleiben müsste. Und selbst in diesem Augenblick zeigte sie wieder vollstes Verständnis, was mir diesen Schritt noch viel schwerer machte.

    Ich litt furchtbar unter dieser Entscheidung. Die folgenden Tage waren die Hölle. Meine Partnerin schien das zu spüren, zeigte sie doch überdeutlich ihre Dankbarkeit für meinen Schritt. Ich litt dennoch. Meine Gedanken waren weiterhin bei meiner Kajira und ich realisierte, dass sie mich weitaus mehr in ihren Bann gezogen hatte, als ich gedacht hätte. Sie war in meinem Kopf und ich konnte sie nicht mehr aus ihm verdrängen. Ich litt weiter, als ich mit meiner Partnerin in den Urlaub flog, mein erster Urlaub seit 9 Jahren. Ich genoss den Urlaub, natürlich, aber gleichzeitig war ich in Gedanken meist ganz woanders, dachte an eine ganz andere Frau als die, die neben mir unter dem Sonnenschirm lag. Ich las wieder und wieder die Mails und Blogeinträge dieser Frau, ich hatte mir ein kleines “Best of” auf meinen eBook-Reader kopiert.
    Die 2 Wochen in der Türkei vergingen rasend schnell und als wir nach Hause zurück gekehrt waren eröffnete mir meine Partnerin, dass sie sich um eine Stelle an unserem Urlaubsort bewerben wollte. In der Türkei, weit weg von zu Hause. Und dass sie alles dafür tun wollte, diesen Job zu bekommen. In exakt dieser Situation suchte ich wieder den Kontakt zu meiner Kajira. Ich rechnete nicht mit einer positiven Antwort aber sie kam dennoch, es fühlte sich an, als hätten wir niemals aufgehört zu schreiben, wir waren sehr schnell wieder dort, wo wir aufgehört hatten. Ich genoss es, wieder von ihr zu lesen, ich genoss es, weiterhin von ihr als ihr Herr akzeptiert zu werden, wenn auch nur in unseren Chats und Mails. Das Einzigartige war sofort wieder da. Und meine Partnerin hasste es - denn sie las eines Tages wieder einen Teil unserer Unterhaltungen mit und konfrontierte mich abermals damit.

    Und wieder brach ich den Kontakt zu meiner Kajira ab und war von nun an vollkommen sicher, das letzte Mal von ihr gehört oder gelesen zu haben. Und litt mehr als zuvor. Kurz darauf eröffnete mir meine Partnerin, seit langem nichts mehr für mich zu empfinden, nichts mehr fühlen zu können, sich das jedoch nicht erklären zu können. Ich begann zu kämpfen - um die falsche Person. Ich kämpfte Wochen und Monate, wohl auch um mich von dem Menschen abzulenken, zu dem ich schwerlich würde zurückkehren können, hatte ich sie doch viel zu oft und zu sehr enttäuscht. Und realisierte währenddessen, dass das, was ich zuvor oft als Schwärmerei und Gefühlsduselei abtun wollte, so viel mehr war. Dass das, was sich in der Zeit mit meiner Kajira in mir entwickelt hatte, weitaus mehr war als Spinnerei, es war einfach echt. Dass sie mich auf eine mir vollkommen neue Art erwischt hatte, dass ich mich auf zweierlei Weise nach
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