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Von Kamen nach Corleone

Von Kamen nach Corleone

Titel: Von Kamen nach Corleone
Autoren: Reski Petra
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gedrückt Richtung Piazza läuft, ängstlich und fasziniert zugleich. Im Vorbeigehen fotografieren sie die Wandmalereien, auf denen man nichts anderes als Männer mit blauen Landarbeiterjacken und Schlägermützen sieht. Männer, die aussehen, als seien sie Partisanen eines Krieges gegen diese Erde. Die nicht ihnen gehörte, sondern den Baronen und Gutsverwaltern.
    Shobha schlägt vor, das Museum für Mafia zu besichtigen, das vor kurzem in Corleone eingeweiht wurde und in dem sich nicht nur einige ihrer Mafiafotos befinden, sondern auch Kopien von den Akten des Maxiprozesses. Wir steigen die Straße neben der Kirche hoch, kein Schild weist auf das Museum hin, schließlich stehen wir vor der verschlossenen Tür. Shobha fragt einen der am Straßenrand sitzenden Männer, und schon ist jemand bereit, uns das Museum aufzuschließen, ein alter Mann in einem abgetragenen Cordjackett.
    Drinnen riecht es nach Staub und nach abgestandener Luft, und nahe dem Eingang hängt ein Gemälde, das aussieht, als sei es bei einem Volkshochschulkurs für Malereientstanden: Totò Riinas Gesicht in Schwarz-Weiß, mit tiefen Furchen, Hängebacken und dem Schriftzug »No Mafia«. In Blutrot.
    Beflissen weist uns der Mann durch die Räume und führt uns in den ersten Stock, wo die Aktenordner vom Maxiprozess in Regalen bis an die Decke stehen, vergilbte, staubige Ordner, auf deren Rücken »Michele Greco und andere« steht. Als ich einen Aktenordner aus dem Regal ziehe, klingelt mein Telefon. Am anderen Ende ist meine Mutter.
    »Wo bist du?«, fragt sie.
    »In Corleone«, sage ich. Und beeile mich hinzuzufügen: »In Sizilien.«
    Einen Augenblick lang ist Stille. Dann sagt meine Mutter:
    »Ich wusste doch gleich, dass da etwas anderes dahintersteckte, hinter deiner Testfahrt.«
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