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Von Fall zu Fall

Von Fall zu Fall

Titel: Von Fall zu Fall
Autoren: A. A. Fair
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wohl, daß sie von ihm loskommen wollte, um mir noch etwas zu sagen, bevor ich fortging, doch der Reporter verlangte noch mehr Material von ihr.
    Ich begab mich zum Büro von Jerome L. Campbell und erklärte seiner Sekretärin, daß ich den Bankier gern in der Vermögenssache Gage gesprochen hätte. Nach einigen internen Telefonaten wurde ich vorgelassen.
    Campbell war ein großer, breitschultriger, etwas korpulenter Mann mit kaltem Blick. Er hatte sich angewöhnt, mit weitgeöffneten Augen so bieder und treu in die Welt zu blicken, daß diese Miene wie erstarrt wirkte. Beim Sprechen pflegte er beide Hände gespreizt vorzustrecken, als -weise er damit jeden Argwohn, er könne auch nur die leisesten Ausflüchte versuchen, weit von sich.
    Mich musterte er so gönnerhaft, wie es die körperlich Großen sooft kleinen Leuten gegenüber machen, die wie ich nur 1,68 Meter groß sind und nur rund sechzig Kilo wiegen.
    »Mister Lam«, sagte er zur Begrüßung in einem Ton, als spräche er den Namen eines Hundes aus, der auf einer Ausstellung vorgeführt werden soll.
    »Wie verhält es sich mit dem Treuhandvermögen Gage?« fragte ich ohne weitere Einleitung.
    »Weshalb interessiert Sie das?«
    »Ich möchte darüber schreiben.«
    Zeitungsreporter? «
    »Sagen wir: freier Mitarbeiter«, entgegnete ich. »Ich komme soeben von der Tribune. Habe mich dort im Archiv über die Sachlage orientiert und dabei alles Wesentliche erfahren.«
    »Nun, dann werden Sie ja bestimmt von mir nicht auch noch Informationen benötigen.«
    »Doch. Soweit ich feststellte, wird Amos Gage am Fünfundzwanzigsten dieses Monats fünfunddreißig Jahre alt. Was ist mit dem Treuhand vermögen inzwischen geschehen?«
    »Geschehen ist damit gar nichts«, sagte Campbell kalt.
    »Sie haben die Übergabe also noch nicht vorbereitet?«
    »Warum sollte ich das? Die Bedingungen sind ja noch nicht erfüllt.«
    »Welche Bedingungen?«
    »Die der Treuhänderschaft. Ich kann ja nicht wissen, ob Amos Gage nicht irgendwo im Gefängnis sitzt.«
    »Und Sie würden, wenn er im Gefängnis säße, das Geld nicht auszahlen?«
    »Sie haben doch die entsprechenden Klauseln gelesen, oder?«
    Ich nickte. »Daß, wenn er sich im Gefängnis befindet, das ganze Vermögen an verschiedene Wohltätigkeitsvereine fallen soll.«
    »Ich darf wohl eins bemerken, Mr. Lam: Falls Sie über diese Sachlage schreiben wollen, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie als Hauptthema die verheerende Wirkung des Alkohols auf den menschlichen Charakter behandeln würden. Ich begehe keinen Vertrauensbruch, wenn ich Ihnen sage, daß Amos Gage ein schwerer Trinker ist. Sein Onkel sagte mir das und hat es sehr mißbilligt.«
    »Sie zahlen Amos Gage monatlich einen bestimmten Betrag aus, stimmt das?«
    »Ja, einen Betrag, dessen Höhe ganz in mein Ermessen gestellt wurde. Laut Testament soll ich ihm mindestens dreihundert Dollar im Monat geben. Wenn ich will, auch mehr — nach meinem Ermessen.«
    »Was wird mit diesen dreihundert, sobald er fünfunddreißig geworden ist?«
    »Damit wäre natürlich der Abschluß erreicht. Die ganze Treuhänderschaft wäre dann, so oder so, beendet. Wenn allerdings das Vermögen an die gemeinnützigen Gesellschaften fällt, bleibe ich noch für weitere drei Jahre Treuhänder, um in dieser Zeit die Vermögensmasse in Bargeld umzuwandeln. Ich darf erwähnen, daß das Testament in Eile aufgesetzt wurde, aber rechtsgültig ist es. Elbert Gage hatte die Abfassung bis zur letzten Minute aufgeschoben. Er starb knapp dreißig Tage, nachdem er es hatte beurkunden lassen. Es war eine tragische Situation — ein Mann, der keinen lebenden Verwandten hatte, dem er sein beträchtliches Vermögen zu vererben wagte. Und darin liegt eine furchtbare Anklage gegen die verheerende Wirkung des Alkohols auf den menschlichen Charakter.«
    »Ich verstand die betreffenden Klauseln so, daß Amos das Vermögen, wenn es ihm zufällt, in Form verschiedener Dividenden einbringender Wertpapiere erhält, sobald er fünfunddreißig ist.«
    »Das stimmt, aber nur, wenn es ihm tatsächlich zusteht. Geht es jedoch an die gemeinnützigen Gesellschaften, so habe ich es noch drei Jahre zu verwalten, indem ich die Wertpapiere nach und nach veräußere, und zwar so, wie sie nach meiner Beurteilung die größte Summe in bar erbringen.«
    »Sie werden doch für Ihre Dienste honoriert?«
    »Ich beziehe eine Entschädigung.«
    »Wie hoch ist diese?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Wie zahlen Sie Mr. Gage den
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