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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht
Autoren: Julie Kenner
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Form von Eric aus meiner Seele herausgestanzt hätte.
    Das schrille Klingeln meines Handys riss mich aus meiner Melancholie. Ich hielt mich mit einer Hand an der Leiter fest, ehe ich mit der anderen das Telefon aus meiner Tasche zog. Stuart. Ich runzelte die Stirn, da ich bereits eine leise Ahnung hatte, warum er mich anrief.
    »Jetzt sag bitte bloß nicht, dass du nicht kommen kannst.«
    »Machst du Scherze? Natürlich komme ich. Allie hat uns doch seit Wochen bekniet, diesen Tag auf keinen Fall zu versäumen.«
    »Oh«, erwiderte ich. Kurzfristig nagte wieder einmal mein schlechtes Gewissen an mir, weil ich gleich das Schlimmste von Stuart angenommen hatte. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass ich auch durchaus Grund dazu hatte. Mein Mann wollte in Kürze offiziell seine Kandidatur für den Posten des Bezirksstaatsanwalts verkünden. Seine Tage (und Nächte) waren in den letzten Wochen und Monaten nur noch mit allen möglichen Varianten von Honig-um-den-Bart-Schmieren, Politik-Talk und Spendensammeln angefüllt gewesen. Die Kinder und ich hatten mehr als einmal bei seinem prall gefüllten Terminkalender den Kürzeren gezogen.
    Da ich aber eine fantastische Ehefrau bin und stets versuche, meinem Mann unter die Arme zu greifen, wo es nur geht, bemühte ich mich darum, sein egoistisches Benehmen zu ignorieren. Manchmal gelang mir das sogar.
    Ich nahm einen neuen Anlauf. »Also«, sagte ich. »Worum geht es dann?«
    »Ich wollte nur eine kurze Zwischenmeldung geben, dass bei mir alles nach Plan läuft«, erwiderte er. »Außerdem wollte ich fragen, ob ich noch irgendetwas besorgen soll. Vielleicht die Muffins holen? Oder Eddie? Oder vielleicht brauchst du Kopfschmerztabletten? Falls du plötzlich eine Migräne bekommen solltest?«
    Ist er nicht ein sagenhafter Mann? Ich meine, wie viele Ehemänner erinnern sich daran, welche Verpflichtungen ihre Frauen dem Elternbeirat gegenüber eingegangen sind? Oder schlagen von sich aus vor, dass sie den vermeintlichen Urgroßvater ihrer Stieftochter abholen, obwohl die beiden Männer – wenn man ganz ehrlich ist – miteinander nicht so gut können? Ich glaube, es sind nicht viele, und ich schätze mich glücklich, dass einer der wenigen mir gehört.
    »Eddie kommt mit dem Taxi«, erklärte ich. Vermutlich waren sowohl Eddie als auch Stuart mir für diese Lösung dankbar. Eddie ist ein pensionierter Dämonenjäger, der vor kurzem bei uns eingezogen ist. Wie es aussieht, für immer. Momentan wohnt er in unserem Gästezimmer. Aufgrund eines Missverständnisses, das sich nie aufklärte, glaubt meine Familie, Eddie sei Erics Großvater. Aber das ist nur eine der zahlreichen kleinen Verwirrungen, die mit der Forza zu tun haben und die mein Leben so ausgesprochen spannend machen.
    Die Muffin-Frage verlangte nach einer etwas längeren Überlegung. Doch schließlich lehnte ich auch dieses Angebot ab. Ich liebe meinen Mann, aber ich vertraue seinem Geschmack in puncto Gebäck nicht weiter, als ich ihn werfen kann. Ich mag vielleicht eine verdammt schlechte Köchin sein, aber im Einkaufen von Lebensmitteln bin ich wirklich unschlagbar. Was die Schmerztabletten betraf, so hatte ich aus bitterer Erfahrung schon vor langem gelernt, dass es besser war, stets einige davon in meiner Tasche zu haben.
    »Bist du dir sicher?«, fragte er, nachdem ich ihm erklärt hatte, dass ich seine Dienste nicht bräuchte.
    »Vollkommen, mein Schatz. Du musst jetzt nur noch zum Familientag kommen und dich von deiner besten Seite zeigen. Das ist alles.«
    »Und das ist auch kein Problem«, entgegnete er. »In Clarks Büro wartet noch ein potentieller Geldgeber, den ich treffen muss, aber danach bin ich frei. Ich fahre dann sofort zur Schule.«
    Clark Curtis ist der Chef meines Mannes. Er ist außerdem der augenblickliche Bezirksstaatsanwalt, der möchte, dass mein Mann in seine Fußstapfen tritt. Als ich Stuart kennenlernte, hatte er als ein unterbezahlter Anwalt in der Immobilienabteilung der Stadtverwaltung gearbeitet und keinerlei politische Ambitionen gehegt.
    Clark jedoch hatte sein Potential erkannt und Stuart langsam, aber sicher, hinter seinem Schreibtisch hervor ins politische Rampenlicht gelockt. Eine tolle Chance für meinen Mann, aber nicht ganz so toll für mich, wenn ich ehrlich bin. Das mag jetzt vielleicht selbstsüchtig klingen, aber ich bin wirklich nicht scharf darauf, das Leben einer Politiker-Ehefrau zu führen. Noch weniger bin ich auf die paar seltenen Stunden scharf, die mir in
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