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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht
Autoren: Julie Kenner
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eine Weile umklammert und schluchzten heiser.
    »Komm schon, Schatz«, sagte ich schließlich und hielt für einen Moment ihr Gesicht in meinen Händen, um ihr tief in die Augen zu sehen. »Gehen wir. Es ist vorbei. Es ist alles vorbei.«
    Allerdings stimmte das nicht. Nicht wirklich. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann war das im Grunde erst der Anfang.
    Einige Zeit später standen wir im flackernden Streiflicht eines guten Dutzends Streifenwagen und erzählten den Polizisten unsere Geschichte. Diese bemühten sich darum, Klarheit darüber zu gewinnen, was eigentlich geschehen war. Brent und Troy hatte man fürs Erste wegen versuchter Entführung verhaftet. David und ich hatten so getan, als ob die beiden in irgendeinen Drogenkult verwickelt wären.
    JoAnne war ins Krankenhaus gebracht worden. Sie konnte sich an nichts mehr erinnern, was nach dem Verlassen des Strandes mit den beiden Jungen geschehen war. Die Sanitäter versicherten ihr und Marissa, dass ihre Erinnerung zurückkehren würde. Ich war mir da nicht so sicher. Meiner Erfahrung nach wollte ein Mensch, der einem Dämon begegnet war, normalerweise nichts mehr davon wissen. Eine Reaktion, die ich für recht gesund halte.
    Marissa fuhr mit ihrer Tochter im Krankenwagen ins Krankenhaus, und ich versprach ihr, ihren Wagen zu mir nach Hause mitzunehmen. Sie dankte mir hastig und wischte sich die Tränen fort, die ihr über die Wangen liefen. Dann schloss sie mich in die Arme und hielt mich für einen Moment fest an sich gedrückt.
    Ich fragte nicht nach, aber ich hatte das Gefühl, als ob ihr Ärger über mich damit endlich ein für alle Mal vergessen wäre.
    Uns war nicht viel Zeit geblieben, uns zu besprechen, ehe die Polizei eintraf. David und ich hatten uns hastig auf folgende, Geschichte geeinigt: Wir hätten erfahren, dass die beiden Jungen an irgendeinem seltsamen Ritual teilnehmen wollten. Als wir dann noch herausfanden, dass sie Allie und JoAnne entführt hatten, waren wir ihnen gefolgt. Wahrscheinlich hätten wir sofort die Polizei rufen müssen, aber wir waren nicht mehr in der Lage gewesen, klar zu denken.
    Die Polizei schien uns zu glauben, und ich hoffte, das würde auch so bleiben.
    Meine Tochter hingegen…
    Sie hatte genug gesehen, um zu wissen, dass unsere Geschichte nicht der Wahrheit entsprach. Bisher hatten wir noch nicht die Gelegenheit gehabt, miteinander zu sprechen, und ich wusste auch noch nicht, was genau ich ihr sagen wollte. Ich wollte sie im Grunde vor der Wahrheit beschützen und weder über mich noch über die Vorkommnisse im Museum reden. Aber manchmal muss man seine Kinder aus der Watte herausholen, in die man sie am liebsten ständig packen würde, und mit der Realität konfrontieren.
    Dieser Zeitpunkt war jetzt bei Allie gekommen. Sie musste die Wahrheit über mein Leben erfahren. Schließlich war es auch das ihre.
    Ich warf einen Blick zu ihr hinüber. Sie sprach gerade mit David. Mir lief ein kalter Schauder über den Rücken, als ich mich fragte, wie die Wahrheit eigentlich aussah. Was hatte es mit diesem Himmelfahrts-Befehl auf sich gehabt? Mit dem Tonfall seiner Stimme? Mit seinem verzweifelten Ruf nach Katie, der mir so bekannt vorgekommen war?
    Ich wischte eine Träne fort. Auch ich hatte heute etwas Neues erfahren. Ich hatte die Wahrheit herausgefunden. Dessen war ich mir sicher. Aber ich war mir ganz und gar nicht sicher, was ich damit anfangen sollte.
    Außerdem fragte ich mich, worüber David eigentlich gerade mit Allie sprach. Unsicher ging ich auf die beiden zu. Mein Magen verkrampfte sich, als ich daran dachte, was meiner Tochter da vielleicht in diesem Moment alles eröffnet wurde. Doch der sanfte Druck einer Hand auf meiner Schulter hielt mich zurück.
    »Ich an deiner Stelle würde besser hier bleiben«, sagte Eddie.
    »Aber er könnte vielleicht – «
    »Das wird er nicht«, unterbrach er mich. »Glaubst du wirklich, dass er dem Mädchen irgendetwas erzählt, was es deiner Meinung nach nicht wissen soll?«
    Ich dachte einen Moment darüber nach und entspannte mich ein wenig, als mir klar wurde, dass Eddie recht hatte. Wie auch immer der Mann, mit dem Allie gerade sprach, nun heißen mochte – er würde nie etwas tun, was ich nicht wollte. Andererseits war faktisch ich diejenige, die von Allies Eltern übrig geblieben war. Und die Entscheidungen, die es für sie zu treffen gab, traf ich allein.
    Ich atmete also tief durch und ging zu ihnen hinüber. Allie lehnte sich sofort an mich. David umarmte sie
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