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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht
Autoren: Julie Kenner
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Mein Name ist Kate Connor, und ich bin Dämonenjägerin.
    Es kommt mir etwas seltsam vor, das einfach so zu behaupten. Die letzten vierzehn oder fünfzehn Jahre war ich nämlich Dämonenjägerin a. D. Ich hatte meinen Beruf an den Nagel gehängt und gegen die ähnlich gefährlichen, ebenso faszinierenden Pflichten einer Hausfrau und Mutter einer Teenagerin und eines Kleinkindes eingetauscht. Nein – ich übertreibe bestimmt nicht, wenn ich den Risikofaktor des Mutterdaseins betone. Ein Vampirnest kurz vor Sonnenuntergang auszuheben mag vielleicht manchmal tückisch sein, aber das ist nichts im Vergleich zu der Situation, in die man sich begibt, wenn man einer Vierzehnjährigen verklickern muss, dass sie noch keinen Lidschatten benutzen darf. Sie können es mir glauben – ich weiß genau, wovon ich spreche.
    Nachdem mich vor einigen Monaten aus heiterem Himmel ein Dämon in meiner eigenen Küche angegriffen hatte, fand ich mich unvermutet im aktiven Dienst wieder. Eine ganze Kette von Ereignissen folgte diesem ersten Schock, was (wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können) in einem Kampf zwischen den Kräften des Guten und den Mächten der Finsternis, also in einem großen Showdown, gipfelte. Klingt fast wie die Werbung zu einem Gruselschocker, nicht wahr? Aber es entspricht tatsächlich der Wahrheit. Nachdem das Ganze vorüber war, musste ich mir eingestehen, dass ich es in den Jahren ohne Job doch vermisst hatte, an etwas Großem und Wichtigem teilzuhaben.
    Damit will ich natürlich nicht behaupten, dass das Cheerleader-Training meiner Tochter oder das Trockenwerden meines kleinen Sohnes nicht wichtig wären. Ganz und gar nicht. Aber Sie wissen sicher, was ich meine.
    Auf jeden Fall stimmte ich zu, meine Arbeit erneut aufzunehmen. Und so fand ich mich plötzlich nicht nur mit einer, sondern mit zwei Vollzeitbeschäftigungen wieder: einmal als Dämonenjägerin vierten Grades und zum anderen als Hausfrau und Mutter.
    Ich kann Ihnen sagen, dass sich diese zwei Aufgaben nicht gerade perfekt wie Erdnussbutter und Johannisbeergelee miteinander verbinden. Warum? Weil meine Tätigkeit als Dämonenjägerin ein gewaltiges Geheimnis darstellt. Ich arbeite für eine extrem geheime Abteilung des Vatikans, die sogenannte Forza Scura. Eine der wichtigsten Regeln dort lautet: totales Stillschweigen. Niemand weiß etwas davon (nun ja – niemand außer meiner besten Freundin Laura, aber Ausnahmen bestätigen schließlich die Regel, nicht wahr?).
    Anders als den meisten beruflich engagierten Müttern werden mir deshalb aufgrund der völligen Unwissenheit meiner Familie keine Zugeständnisse gemacht. Wenn eine Carla Corporate abends dreimal hintereinander Fertiggerichte serviert, zuckt niemand auch nur mit der Wimper. Schließlich hat Mami am Freitag eine wichtige Präsentation, die sie dringend vorbereiten muss.
    Und wie ist das bei mir? Von mir wird erwartet, dass ich mich zumindest darum bemühe, ein selbst gekochtes Essen auf den Tisch zu stellen. (Und ich bemühe mich wirklich. Ganz ehrlich, das tue ich. Aber ich befürchte, dass mir das Haute-Cuisine-Gen irgendwie abgeht. Oder sogar das Gen für die einfache und schnelle Küche.) Durch die Geheimhaltung ist es mir nicht einmal vergönnt, die Vorteile zu genießen, die sich vielleicht durch einen normalen Beruf ergeben würden. Wie zum Beispiel »Tut mir leid, Officer, ich habe gar nicht bemerkt, dass ich zu schnell gefahren bin. Manchmal sind wir Dämonenjäger einfach in Eile, das müssen Sie verstehen. Die Sicherheit der gesamten Menschheit steht auf dem Spiel, wissen Sie. Das Schicksal der Welt und so. Das Gute, das über die Mächte der Finsternis siegen muss. Sie verstehen mich doch, Officer – nicht wahr?«.
    Nein, all das funktioniert bei mir nicht. Und um meine beiden Leben in Einklang zu bringen, bleibt mir nichts anderes übrig, als ständig kleine Notlügen zu erfinden. Manchmal gerate ich so ganz schön in Bedrängnis.
    Diese ausführlichen Erklärungen sollen nur dazu dienen, Ihnen begreiflich zu machen, warum ich an einem Freitagvormittag im Dezember ausgerechnet auf einer uralten Leiter im Fernsehraum des Coastal-Mists-Altenheims balancierte. Ich hatte einige Meter silberne Girlande über meine Schultern gelegt, einen Tacker hinten in meine Jeans gesteckt und warf immer wieder einen Blick auf meinen zweijährigen Sohn, der fröhlich Billard mit dem Weihnachtsschmuck spielte, der unter mir auf dem Teppich lag.
    Vor einigen Monaten wimmelte es in diesem
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