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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt
Autoren: Ally Kennen
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mir irgendwie bekannt |29| vor. Wahrscheinlich hab ich ihn mal in der Zeitung gelesen oder so.
    Lenny Darling, 40, ein britischer Tourist, hatte vor neun Jahren an der Küste von Florida einen Fünfzehnjährigen umgebracht, indem er ihn bei Flut unter Wasser gedrückt hat. Er wurde dafür zum Tode verurteilt, hatte aber bis jetzt noch keinen Hinrichtungstermin, weil noch eine Menge Eingaben liefen. Als ich weiterlas, hab ich einen ganz schönen Schreck gekriegt. Lenny Darling kam zwar aus London, hatte seine Kindheit aber zum größten Teil in Harrington verbracht, was nur vier Meilen von hier weg ist. Irre, oder? Ich entschied mich für ihn. Vielleicht freute er sich ja, etwas von zu Hause zu hören, und ich hatte gleich ein Thema. Ich riss ein Blatt aus meinem Englischheft (ich dachte, das passt gut, weil ich mir ja eine Art Aufsatz ausdenken musste) und legte los   …
     
    Hallo Lenny,
    hoffentlich ist es Ihnen recht, dass ich Ihnen schreibe.
     
    Klingt das nach einer Frau? Ich finde schon. Frauen sind höflicher als Typen.
    Ich heiße Caroline Parsons, aber mein Spitzname ist Chas.
    Wenn Sie mir zurückschreiben, seien Sie so nett, den Brief an meinen Spitznamen zu adressieren. Ich bin 37   Jahre alt und wohne mit meinem Sohn Mark zusammen.
     
    |30| Mein zweiter Name ist Mark, also geht das wohl in Ordnung. Meine Mum heißt wirklich Caroline.
     
    Wie ich erfahren habe, kommen Sie aus Harrington. Das ist ja ein netter Zufall, denn ich wohne in Bexton, was, wie Sie vielleicht noch wissen, gleich die nächste Stadt ist. Sie verpassen hier allerdings gar nichts, das können Sie mir glauben. Harrington ist heutzutage ein richtiges Dreckloch.
     
    Lenny ist ungefähr so alt wie mein Dad, also alt. Ich kaue an meinem Stift und zerbreche mir den Kopf, was so einen alten Knacker wohl interessiert.
     
    Mark macht viel Bodybuilding und hat gerade die Landesmeisterschaft in seiner Altersklasse gewonnen. Außerdem ist er Kapitän der Schulfußballmannschaft. Bestimmt studiert er später mal Medizin. Er ist groß und sieht sehr gut aus. Er hat eine ganz reizende Freundin namens Lexi Juby. Manchmal mache ich mir Sorgen, was die beiden so treiben, aber die jungen Leute müssen ihre Erfahrungen machen, finden Sie nicht auch?
     
    Zu viel Familiengedöns.
     
    In der Todeszelle zu sitzen, ist bestimmt schlimm. Wollten Sie den Jungen damals umbringen? Dass man manchmal jemanden umbringen will, kann ich gut
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nachvollziehen. Meine Mutter geht mir oft furchtbar auf die Nerven. (Das heißt nicht, dass ich sie um die Ecke bringen möchte!!) Ich freue mich, wenn Sie mir antworten.
    Aufrichtig, Ihre
     
    »Aufrichtig«, das sagt man doch in Briefen, oder?
     
    Chas Parsons
     
    Bestens. Das war zwar alles erstunken und erlogen, aber ich würde jetzt nicht noch mal von vorn anfangen. Außerdem wurde Oma draußen vor meinem Zimmer schon ganz misstrauisch und fragte, wieso ich so still wär und ob ich wieder irgendwas aushecke, hä?
    Als ich fertig war, war ich ganz erledigt. Gar nicht leicht, sich so was auszudenken. Aber egal, es war ja nur ein Brief.
    Womit wir beim Postamt wären. Es war mir ziemlich peinlich reinzugehen. Hoffentlich war grade niemand von vor drei Jahren drin – Devil und ich wollten damals sämtliche Süßigkeiten mitgehen lassen und vier alte Omas haben uns den Weg abgeschnitten, aber darauf will ich jetzt nicht weiter eingehen. Obwohl mich der Typ am Schalter schief anguckte, hat keiner was gesagt, und er hat mir den Brief abgenommen und in einen Postsack geworfen.
    Danach hab ich die ganze Sache vergessen. Ich hatte viel zu tun, du weißt schon, Lexi anhimmeln, zur Schule gehen, Schule schwänzen. Krumme Dinger drehen, um ein bisschen Spaß zu haben. Ich hab gar nicht mehr dran |32| gedacht, bis mir Oma den Brief unter der Tür durchgeschoben hat.
     
    Staatsgefängnis Louisiana Liebe Chas!
    Gewöhnlich ist Ihr Spitzname ja nicht für eine Frau. Lassen Sie mich nachdenken, ich glaube, ich habe ihn als Abkürzung für ›Caroline‹ noch nie gehört.
    Aber selbstverständlich könnt Ihr modernen Frauen Euch nennen, wie Ihr wollt. Und ›Chas‹ klingt eigentlich sehr nett, finde ich.
    Bis ich Ihren Brief bekam, war ich sehr niedergeschlagen. Sein Eintreffen hat meine Stimmung jedoch beträchtlich gehoben. Tatsache ist, dass ich Ihnen erst antworten dürfte, wenn ich mindestens zwei Briefe von Ihnen erhalten habe, damit feststeht, dass es Ihnen mit dem Schreiben ernst ist. Doch wie dem auch sei, ich hatte
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