Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
amerikanische Todeszelle – finsterer geht’s ja wohl kaum, oder? Was ein Mörder wohl für eine Handschrift hat? Schreibt so jemand vielleicht mit Blut statt mit Tinte? Ich war supergespannt! Die Organisation suchte Leute, die bereit sind, mindestens ein Jahr lang zuverlässig zu schreiben. Keine Ahnung, aber wenn ich das nicht durchhielt, konnte man mich dafür ja wohl kaum verklagen, oder?
    Es gab da nur zwei Probleme. Erstens, dass man über |26| achtzehn sein musste, um sich zu bewerben. Zweitens, dass man tatsächlich irgendwas schreiben musste. Versteh mich nicht falsch, ich kann schreiben. Ich bin in unserer Familie der Erste, der überhaupt zur Schule geht. Meine Brüder hatten Besseres zu tun. Oma erzählt andauernd, dass ich der Einzige bin, der es mal zu was bringt. Selby, mein ältester Bruder, ist tot, und Stephen, der ist jetzt zwanzig, ist vor ein paar Jahren nach Schottland abgehauen. Wahrscheinlich hat er Dreck am Stecken. Ich glaube nicht, dass er bald wiederkommt.
    Mein Problem war, dass ich nicht wusste, über was ich schreiben sollte.
    Über meine Freunde?
     
    Lieber Mörder,
    heute haben wir herrliches Wetter. Mein Freund Devil (eigentlich heißt er Devlin Juby) ist ein toller Typ. Er hat gerade drei Minuten am Stück gepinkelt   … und zwei große Biergläser vollgekriegt.
     
    Über meine Familie?
     
    Sehr geehrter Herr Verbrecher,
    wie geht es Ihnen heute? (Das heißt, falls Sie noch unter den Lebenden sind.) Ich möchte Ihnen von meiner Familie erzählen. Meine Großmutter stellt gerade eine Falle für die Nachbarskatze auf, damit die nicht mehr in unser Blumenbeet kackt. Sie behauptet, sie will sie nicht umbringen, sondern
|27|
ihr bloß die Hinterbeine brechen. Und meine Mutter ist in Hochstimmung, weil heute Morgen beinahe ein weißer Schmetterling in ihren Cornflakes ertrunken ist. Sie sagt, das ist ein »Zeichen«.
     
    Über die Schule konnte ich nicht schreiben, weil ich ja angeblich über achtzehn war. Und über meine Freunde konnte ich auch nicht schreiben, denn wir machen die meiste Zeit nur irgendwelchen Blödsinn, unten bei der Brücke abhängen oder in der Schrebergartenkolonie Scheiße bauen, Mädchen anquatschen (ach Lexi!), schlafen, essen und ab und zu vielleicht auch in die Schule gehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich mein zum Tode Verurteilter für so was interessierte.
    Wenn ich also zu jung bin und nichts habe, worüber ich schreiben kann   … was ist dann die logische Schlussfolgerung? So tun, als ob man jemand anders ist. Darum beschloss ich, auch wenn es ein bisschen abartig klingt, mich für meine Mutter auszugeben. Damit war das Altersproblem gelöst und ich konnte mich außerdem über alle möglichen Sachen auslassen wie ein Erwachsener und musste mich nicht mit irgendwelchen albernen Themen wie Astronomie und Golfspielen befassen. Für meinen Dad wollte ich mich nicht ausgeben, weil ich finde, Briefe schreiben ist was für Frauen. Außerdem will ich sowieso nicht an meinen Dad denken. Er ist eine Niete und ich habe ihn schon ungefähr fünf Jahre nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, wo er steckt. Keiner weiß das. Und es scheint auch keinen zu interessieren.
    |28| Ich hab mir eine nagelneue E-Mail -Adresse zugelegt, die Online-Anmeldung ausgefüllt und so getan, als wär ich meine Mum, dann hab ich das Ganze abgeschickt und gewartet.
    Ziemlich schnell kam eine Antwortmail. Offenbar haben die bei der Organisation es echt nötig. Sie haben mich angenommen und gemeint, ich würde mich wie ein guter Briefpartner anhören, wo ich doch so ein aktives, erfülltes Leben mit einer großen, glücklichen Familie führe. (Auf dem Antragsformular hatte ich mich ordentlich ausgetobt.) Sie boten mir drei Mörder zur Auswahl an.
Gordon McBurn
Lenny Darling
Aneka Haden
    Wie gesagt, einer Frau wollte ich nicht schreiben, darum war Aneka schon mal draußen. Die beiden anderen habe ich im Internet nachgeschaut. Gordon McBurn hatte seine Frau umgebracht. Sogar mir waren die Einzelheiten der Tat ein bisschen zu heftig. Es überlief mich kalt, als ich las, was der Typ tatsächlich gemacht hat. Auf einmal wurde das Ganze viel konkreter. Ich bekam Zweifel, ob ich mich überhaupt drauf einlassen sollte. Der Typ sollte bald hingerichtet werden und die Wohltätigkeitsorganisation legte großen Wert auf aufmunternde Briefe. Das war mir echt zu heftig. Ich wollte das nicht. Es war irgendwie daneben. Dann habe ich
Lenny Darling
in die Suchmaschine eingegeben. Der Name kam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher