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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt
Autoren: Ally Kennen
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|9| Eins
    Mit meinem Finger, das war Devil. Wir haben uns wieder mal unter der Brücke getroffen, dieselbe Clique wie immer: die Farrow-Zwillinge, Connor Blacker, Devils Schwester Lexi und ihre hässliche Freundin Debs. Es war die Spitze von meinem linken Mittelfinger. Stell dir bitte mal vor, wie peinlich das ist für jemanden wie mich, den Stinkefinger einzubüßen! Wie soll ich mich denn jetzt verständigen?
    Jedenfalls haben wir auf dem Treidelpfad am Kanal rumgealbert. Unter die Brücke sind mindestens eine Million Namen getagged. Erinnert mich immer an diese Kriegerdenkmäler, wo die Namen von den ganzen gefallenen Soldaten draufstehen.
    Mein Name steht erst seit Kurzem da.
     
    CHAS PARSONS
     
    Ich steh gleich unter Devil, aber es gibt noch andere Namen, die ich mir immer wieder anschaue.
    Direkt gegenüber ist einer in fetten pinken Buchstaben gesprüht.
SELBY P
, und daneben steht in grellweißen geschwungenen Buchstaben
COLD BOY
, und um die beiden Namen ist eine Faust gesprüht.
    |10| Das sind die Tags von meinen Brüdern. Meine Brüder sind nicht mehr da.
    Die anderen Tags, die ich immer betrachte, stehen ganz oben, in der Mitte vom Brückenbogen. Da ist schon Moos drübergewachsen und sie sind ziemlich ausgeblichen, aber wir passen auf, dass niemand drübersprüht.
     
J.   JUBY
Das ist Devils Dad.
NAPPY PARSONS
Und das ist mein Alter.
    Die reinste Familientradition.
    Aber jetzt Schluss mit der Geschichtsstunde. Es war ein Abend mitten in der Woche und es wurde schon dunkel und wir haben mit Devils Messer rumgespielt und tiefschürfende Gespräche geführt. Ungefähr so:
     
    Devil: »Hey, Debs, lass uns doch mal deinen BH sehn!«
    Debs: »Hihihi.«
    Lexi: »Halt die Klappe, geiler Bock.«
     
    Ich hätte ja lieber Lexis BH gesehen (oder das, was drin ist). Aber Lexi ist die Tochter von Killer-Juby. Juby wohnt in unserer Siedlung und seine Tochter ist so tabu wie der Slip von der Lehrerin.
    Wir haben »Messer« gespielt. Da legt man die Hand mit gespreizten Fingern auf ein Skateboard und ein Kumpel sticht mit dem Messer zwischen die Finger, erst langsam und dann immer schneller. Connor Blacker hatte schon Devils kleinen Finger angeritzt, darum war Devil wahrscheinlich |11| selber auf ein bisschen Blut aus. Jedenfalls konnten die Mädchen das Spiel nicht leiden, sie sagten andauernd: »Hört auf mit dem Quatsch, sonst verletzt sich noch einer.« So sind Mädels eben. Je doller sie sich aufregen, desto länger spielen wir.
    Als ich dran bin, hab ich schon so ein blödes Gefühl. Ich bin sowieso schlecht gelaunt, weil meine nagelneuen Turnschuhe Matsch abgekriegt haben. Devil leckt sich erst noch das Blut vom Finger und wirft Debs geile Blicke zu. (Der Typ hat keinen Geschmack, Debs geht als Frau nur durch, wenn man beide Augen zukneift.) Aber Lexi guckt zu, darum lege ich meine Hand auf das Brett und gebe Devil das Messer. Vorsichtshalber nehme ich die linke Hand. Als hätte ich gewusst, dass was passiert.
    Connor soll eigentlich das Brett festhalten, aber er ist abgelenkt.
    »Wenn sich ein Hund dran erinnert, dass er vom Wolf abstammt, erinnert sich dann ein Ofen auch dran, dass er vom Lagerfeuer abstammt?«, fragt er.
    Andauernd kommt er mit solchem Blödsinn an.
    »Klappe«, sage ich. »Konzentrier dich gefälligst.« Schließlich steht meine Hand auf dem Spiel.
    Einen Finger abzuhacken geht gar nicht so leicht. Der verabschiedet sich nicht einfach so hopplahopp, man muss schon tüchtig säbeln. Aber Devils Messer ist immer superscharf, außerdem ist er überzeugt, dass er das Spiel spitzenmäßig beherrscht. Darum sticht er immer schneller zu und ist für meinen Geschmack nicht vorsichtig genug.
    |12|
Tschugg, tschugg, tschugg, tschugg
, hüpft das Messer zwischen meinen Fingern hin und her.
    »Aufhörn!«, quietschen die Damen und die Farrow-Zwillinge fangen an, im Takt der Messerstöße zu klatschen. Dann klatschen sie schneller. Devils Gesicht gefällt mir gar nicht (er sieht sowieso nicht besonders gut aus). Er rammt das Messer jetzt brutal zwischen meine Finger und Connor hat ordentlich damit zu tun, das Skateboard festzuhalten.
    »Das reicht jetzt«, sagt Lexi. »Ihr benehmt euch echt wie Kleinkinder.«
    Aber es ist schon passiert. Connor lässt los und das Skateboard fliegt gegen die Mauer. Ich spüre einen Stich und die Spitze von meinem Mittelfinger ist ab.
    »Hoppla«, brummt Devil und Debs stößt einen spitzen Schrei aus.
    Ich spüre überhaupt nichts. Tut eigentlich gar nicht weh, denke
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