Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
Morgen früh seid ihr alle wieder draußen.«
    Pursley strahlte ihn an.
    »Wird es gut für uns ausgehen, Mr. Pursley?«
    »Berry«, sagte Pursley, »Sie sind in Schwierigkeiten, mein Sohn. Ein Cop. Und obendrein ein ehrlicher Cop.
    In Schwierigkeiten. Sie stecken tief, spektakulär, und bitte, ich muß das mal sagen, absolut heldenhaft in der Scheiße.« Er klopfte Rydell auf die Schulter. »Cops in Schwierigkeiten ist für Sie da, mein Junge, und lassen Sie mich Ihnen versichern, wir werden alle unser Bestes tun, damit es sogar ganz prächtig für Sie ausgeht.«
    Chevette sagte, Knast sei ihr auch recht, aber ob sie wohl mal jemanden namens Fontaine in San Francisco anrufen dürfe?
    »Du kannst anrufen, wen du willst, Schätzchen«,
    sagte Karen und tupfte Chevettes Augen mit einem
    Papiertaschentuch ab. »Sie werden alles aufzeichnen, aber wir kriegen auch eine Kopie. Wie hieß noch gleich dein Freund, dieser Schwarze, der erschossen wurde?«
    »Sammy Sal«, sagte Chevette.
    466
    Karen sah Pursley an. »Ich finde, wir sollten uns Jackson Cale holen«, sagte sie. Rydell fragte sich, wozu, denn Jackson Cale war dieser neue junge Schwarze, der in Fernsehfilmen mitspielte.
    Dann kam Chevette rüber und umarmte ihn, drückte
    sich mit ihrem ganzen Körper an ihn und schaute unter ihrer ausgeflippten Frisur hervor irgendwie so zu ihm auf.
    Und es gefiel ihm, obwohl ihre Augen knallrot waren und ihre Nase lief.
    467

Feier an einem grauen Tag
    Am Samstag, dem fünfzehnten November, dem
    Morgen nach seiner vierten Nacht bei Skinner, fuhr Yamasaki, angetan mit einer riesigen, umhangähnlichen, karierten Wolljacke, die viele Flickstellen aufwies und nach Kerzenwachs roch, mit dem gelben Lift nach unten, um mit den Artefakt-Händlern Geschäfte zu machen. Bei sich hatte er einen Pappkarton, der mehrere große, versteinerte Holzstücke, das linke Geweih eines Hirschs, fünfzehn CDs, einen viktorianischen Reklamebecher aus kanneliertem Porzellan mit den eingeprägten Lettern ›OXO‹ und ein durch Feuchtigkeit aufgequollenes Exemplar der Columbia-Literaturgeschichte der Vereinigten Staaten enthielt.
    Die Verkäufer waren gerade dabei, ihre Waren
    auszulegen. Der Morgen war eisengrau und klamm, und er war dankbar für die geliehene Jacke, deren Taschen mit einer Art Schlick aus altem Sägemehl und winzigen, namenlosen Dingen aus Metall gefüllt waren. Er war neugierig gewesen, wie man sich den Händlern auf 468
    korrekte Weise näherte, aber sie ergriffen die Initiative und scharten sich um ihn, wobei sie Skinners Namen auf den Lippen führten.
    Das versteinerte Holz brachte den besten Preis, dann der Becher, dann acht von den CDs. Schließlich war alles weg, bis auf die Literaturgeschichte, die arg angeschimmelt war. Er legte sie auf einen Berg von Müll, und ihre blauen Deckel verzogen sich in der salzigen Luft. Mit den gefalteten Scheinen in der Hand ging er die alte Frau suchen, die Eier verkaufte. Außerdem brauchten sie Kaffee.
    Er war bereits in Sichtweite des Ladens, in dem Kaffee geröstet und gemahlen wurde, als er Fontaine durch das morgendliche Gewühl auf sich zukommen sah.
    Er hatte den Kragen seines langen Tweedmantels gegen den Nebel hochgeschlagen.
    »Wie geht's dem alten Mann, Scooter?«
    »Er fragt öfter hinter dem Mädchen ...«
    »Sie sitzt in L.A. im Gefängnis«, sagte Fontaine.
    »Im Gefängnis?«
    »Kommt heute vormittag auf Kaution raus, das haben sie gestern abend jedenfalls gesagt. Ich wollte gerade zu euch, um euch das hier zu bringen.« Er zog ein Telefon aus der Tasche und gab es Yamasaki. »Sie hat diese Nummer. Aber ruf bloß nicht zu oft bei dir zu Hause an, hörst du?«
    »Zu Hause?«
    »In Japan.«
    469
    Yamasaki blinzelte. »Nein. Ich verstehe ...«
    »Ich weiß nicht, was sie angestellt hat, seit dieses verdammte Unwetter zugeschlagen hat, aber ich war zu beschäftigt, um mir große Gedanken drüber zu machen.
    Wir haben wieder Strom, aber ich hab immer noch einen Verletzten, den bis jetzt anscheinend noch niemand vermißt hat. Hab ihn Mittwoch morgen aus den Überresten eines Gewächshauses gefischt. Eigentlich direkt unter euch. Keine Ahnung, ob er mit dem Kopf aufgeschlagen ist oder was, aber er kommt immer mal kurz zu sich und wird dann wieder bewußtlos.
    Pulsschlag und Atmung und so sind okay, keine
    Knochenbrüche. Hat 'ne Schramme an der Seite,
    vielleicht von 'ner Kugel oder 'ner heißen Ladung ...«
    »Sie wollen ihn nicht in Krankenhaus bringen?«
    »Nein«, sagte Fontaine,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher