Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
hochkompliziertes Gerät. Ein leerer Sitzplatz war an diesem Apparat angeordnet, und zwei lange Okulare warteten auf jemanden, der durch ihre Linsen auf irgendetwas Winziges schauen wollte. Marek war auf dem Weg dorthin gewesen, als Eliza eingetreten war und ihn nach seinem Freund fragte.
    Der Junge schluckte, wechselte die Gesichtsfarbe und deutete mit einer knappen Kopfbewegung in Richtung des Gebirges. Einer der beiden anderen, ein stämmiger Kerl mit sommersprossigem Gesicht, bemerkte ebenso beiläufig wie bissig, dass besagter Freund gewisse Schwierigkeiten beim Basteln hätte, dort, wo er jetzt sei, auch wenn er an jenem Ort genug Kleinteile dazu hätte, denn leider, leider gehörten alle Knöchelchen des besagten Freundes inzwischen auch zu den Kleinteilen.
    »Oh«, sagte Eliza hilflos, »das hab ich nicht gewusst ... Tut mir leid ...«
    »Wenn wir ständig sagen würden, wenn uns was leid tut, meine Beste«, sagte der Stämmige, »täten wir uns bloß die Ohren vollheulen. Erst recht, wenn es um die Toten dort drüben geht, die Leute, die etwas weniger Glück als wir gehabt haben. Und du reiß dich zusammen, Marek.«
    Marek sah mit steinernem Gesicht von einem zum anderen. Er setzte sich in Bewegung, als habe ein Puppenspieler im Hintergrund an unsichtbaren Fäden gerissen, verschwand fast in der raschelnden Folie und setzte sich an den Apparat. Dort starrte er in die Augenöffnungen des elektronischen Messplatzes. Allen war klar, dass Marek jetzt wohl kaum etwas darin sah.
    »Was wir hier treiben«, fuhr der Sommersprossige fort, »ist so ungefähr dasselbe, wie im dicken Nebel ein Alphorn zu schnitzen. Man schnitzt und schnitzt, die Messer sind alle stumpf, und das Holz ist ziemlich rissig. Aber man hat schließlich alle Zeit der Welt.« Der Mann drehte unaufhörlich eine Kaffeetasse in den Händen.
    Eliza achtete nicht auf das Geschwätz. Sie hatte das Funkgerät – ein unförmiges Trumm aus Teilen, die für diesen Zweck nicht gedacht waren – mit einem Blick abgeschätzt.
    »Weit seid ihr nicht gekommen. Das da«, sie wies auf den Apparat, »ist beachtlich gute Improvisation.« Während sie das sagte, spürte sie bereits, dass das nicht die richtigen Worte waren. »Ich meine«, sprach sie schnell weiter, »bei diesen Bedingungen ... Welche Reichweite habt ihr geplant?«
    Sie wusste genau, dass es nicht ausreichen würde, nicht für eine Rettung zu Lebzeiten der Anwesenden. Zwar war der Zwischenstopp der OOSTERBRIJK ein Punkt gewesen, der auf gewissen Routen immer wieder angesteuert wurde, aber solche Stellen wurden dazu benutzt, den Kurs zu kontrollieren. Meistens hielt sich ein Weltenkreuzer nicht lange genug an einem solchen Ort auf, um auch nur einen simplen Funkspruch aufzufangen. Es war die Mühe nicht wert, seine Antennen auszurichten. Und Hilferufe von solch einer Anlage, wie die Leute sie hier zusammenbastelten, hatten nicht die geringste Chance, wahrgenommen zu werden. Das Ganze war so nutzlos und vergeblich wie die vierhunderteinundfünfzigste Kartografierung des epsilonischen Raumschiffs, wenn auch bei Weitem nicht so kostspielig. Eliza hörte sich die Erklärungen über Modulation und Energie und Fading und verschiedene unwahrscheinliche Möglichkeiten nicht bis zum Schluss an, auch wenn der Mann plötzlich die Gabe der normalen Rede wiederfand. Sie unterbrach den Redeschwall des Stämmigen.
    »Die nächstliegende Ansiedlung dürfte auf Engambosch sein, bestenfalls«, teilte sie ihm mit. »Und Engambosch ist schätzungsweise fünfzehnhundert bis sechzehnhundert Lichtjahre von hier entfernt. Notsonden und Raumbaken gibt es in dieser Gegend des Alls nicht, das wisst ihr ... Also müsstet ihr einen Landau-Modulator bauen, wenn denn unbedingt irgendein Alphorn gebastelt werden soll. Alles andere hat einfach nicht genügend Reichweite.«
    Der Sommersprossige starrte sie sprachlos an. Die Tasse in seinen Händen stoppte ihre Bewegung.
    »Aber ... Einen Landau-Modulator mit bloßen Händen zu bauen, ist völlig unmöglich«, sagte Marek auf seinem folienverpackten Arbeitsplatz. Er sagte es, ohne sich umzudrehen. Seine Worte fielen in die Stille des tropfenden Regens.
    »Eben«, antwortete Eliza und verließ das Zelt. Draußen atmete sie tief durch. Sie war jämmerlich, was Psychologie anbetraf. Sie hatte sich dumm benommen. Wie ein Alien in Menschengestalt. Unter all diesen Leuten, die von Serafim stammten, war Eliza Simms schon rein äußerlich eine Fremde, groß, knochig, herb, blond, so wie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher