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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
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meisten Leute von der friedlichen und etwas abgelegenen Welt Dortue. Sie lauschte auf das, was in dem Zelt hinter ihr vorging.
    »Woher, zum Teufel, will denn die das wissen?«, hörte sie die Stimme des Stämmigen durch die Plane des Zeltes. Marek antwortete leise, und sie verstand das Wort »Zentralier«. Es war in einem Tonfall gesprochen, der ihr nicht gefiel, überhaupt nicht. Es klang Wut darin und etwas anderes. So wurden Leute beim Namen genannt, von denen nicht viel zu erwarten war, jedenfalls nichts Gutes. Eventuell bildete sie es sich ein; ihr war, als hätte sie Angst aus Mareks Stimme herausgehört. Dann spürte sie mehr, als dass sie es sah, wie ein jäh geschleuderter Gegenstand vom Stoff des Zeltes abprallte und zu Boden fiel. Wenigstens der schönen serafimischen Kaffeetasse hat es nichts getan, dachte Eliza.
    Sie ging in Richtung Gebirge. Erst einmal weg von dem Zelt. Das fehlte Eliza noch, dass jemand denken könnte, sie würde lauschen. Sie spürte den Impuls, sich umzudrehen und zu vergewissern, dass niemand sie beobachtete. Stattdessen ging sie weiter. Es war Wind aufgekommen, unangenehm kalt und durchdringend. Dafür hatte der Regen fast aufgehört.
    Die Trümmer des Riesenraumschiffs waren in eigenartigen Formationen aufgetürmt. Es gab nahezu unzerstörte Sektionen, die wie einsame Felsblöcke aufragten, wuchtig und unnahbar. Es gab zu unerkennbarem Gewölle zerschmetterte Teile, ineinander verbogene und verfilzte technische Überbleibsel. Und es gab Strukturen, die erhalten geblieben waren und gerade dadurch grotesk wirkten. Ein Liftschacht, dessen hell schimmernde Röhre hoch in den Himmel stieß, fast senkrecht, als habe sie noch ein Ziel, zu dem Kabinen befördert werden müssten. Aber das obere Ende der Röhre war ein langsames Aufhören; Splitter, Spalten, Bruchstücke. Ein zuletzt nur handbreites Stück spießte hoch empor. Überraschenderweise ragte es nicht in die Wolken hinein, die nicht so tief hingen, wie es den Anschein hatte.
    Eliza überlegte, wie groß dieses mit Schrott bedeckte Areal sein mochte. Die VILM VAN DER OOSTERBRIJK war ein mittelgroßer Weltenkreuzer gewesen, achteinhalb Kilometer im Durchmesser, die verschiedenen Aufbauten und nach Bedarf angekoppelten Module nicht eingerechnet. All das auf einer ebenen Fläche verteilt, musste eine Menge Platz in Anspruch nehmen. Kilometer um Kilometer eines schier unendlichen Trümmerfeldes; und dennoch, dachte Eliza, war dies nur ein kleiner Fleck auf einem Planeten, und der Planet nur einer unter mehreren in diesem System. Die Chance, dass jemand zufällig auf die Überreste der OOSTERBRIJK stieß, war verschwindend gering. Womöglich tauchte gerade in diesem Augenblick ein Raumschiff in der Nähe dieses Systems auf. Vielleicht machte jemand hier Station und dachte überhaupt nicht daran, eine Sekunde der Aufmerksamkeit einem der unbedeutenden, unbewohnten Planeten zu widmen, die es da gab. Und, dachte Eliza, während ich hier stehe, ist das Schiff wahrscheinlich längst wieder weg. Es dauert nur einige Minuten, die wichtigsten Referenzsterne auszumachen und sich zu vergewissern, dass sie in der richtigen Konstellation standen.
    Sie starrte auf jene einsam in der Höhe hängende Wand mit offenstehenden Türen darin, die von nirgendwo nach nirgendwo führten. Der Wind schlug die Türen gegen die schiefen, verzogenen Füllungen oder die zernarbte Wand. Dieses leise Klappen war nicht das einzige Geräusch des Gebirges. Da war ein feines Singen zu hören; Luft strich an gespannten Drähten vorbei. Ein leises Ächzen, als läge ein Riese unterm Schutt und bewege sich langsam. Ein mattes Rattern irgendeiner Mechanik, die eine der zugeschlagenen Türen freigab, damit der Wind sie wieder zuschlagen konnte. Das war auch ein Alptraum, nur eine andere Art. Eliza dachte an die nachts immer wieder auftauchenden Bilder; an die Lichtblitze zwischen She Tsi und Lafayette; an die mit einem wutschäumenden Karnesen ringenden Sicherheitsleute; an regenbogenbunte Funken am blauschwarzen Himmel des Oniskus-Mondes; an verlöschende Lämpchen auf einer Konsole. Unter diesen verhassten Bildern gab es auch eine kleine Plastiktüte, die sechseinhalb Pfund feinen grauen Staub enthielt, und grünes Feuer, das Fleisch von Knochen fraß.
    Eliza hockte sich hin und kramte in dem Zeug, das herumlag. Angesengte Mikrofilme, verglühte Elektronik, wie von einer Titanenfaust zerquetschtes Stahlblech, lose Buchseiten mit verwischten Diagrammen, Metallfetzen mit
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