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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
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Stille.
    Sie erwachte aus ihrer Ohnmacht, als sie allein war. Sie wusste nicht, ob Minuten oder Tage vergangen waren, seit Schwester Gerda sie mit sachlichen Informationen schockiert hatte. Eliza setzte sich auf. Das ging überraschend leicht. Ein bisschen Schwindelgefühl im Kopf. Ob das wahr ist, überlegte sie, alle tot ... auch Lafayette ... kann denn das sein? Mit einem energischen Ruck stand sie auf. Es prickelte in den Fußsohlen. Sie stand auf Plastikfolie, unter dieser Folie jedoch war etwas Unebenes. Eliza war gewöhnt, auf Grund zu gehen, der geglättet, gleichmäßig, künstlich war.
    Das Zelt war klein und niedrig, Elizas Haar berührte die leicht durchhängende Decke. Es gab die Pritsche, ein paar Blechkisten, einen Stuhl, über dem Kleidung hing. Ein kleines Namensschildchen war aufgenäht: Eliza Simms. Darunter das etwas verblichene Logo der OOSTERBRIJK. Eliza berührte den Reißverschluss, erinnerte sich daran, dass sie nackt war, und stieg in die Montur. Es war ihr am häufigsten benutzter Overall, den sie bei Inspektionen trug. Sie hatte abgenommen, am Bauch und an den Hüften entdeckte sie ein paar Falten, die sie nicht kannte. Sie war nie füllig gewesen, eher knochig, aber jetzt war sie dürr. Lafayette hatte immer gescherzt, dass sie mit ihrer Figur auch gut einen Mann abgegeben hätte, und sie hatte meistens geantwortet, dass sie diese Sorte Kompliment schlecht zurückgeben könne – Lafayette wäre eine ausgesprochen hässliche Frau gewesen. Sie hatte nie herausgefunden, ob er nicht auch das als Kompliment verstanden hatte. In der Auswahl kam es nicht auf Schönheit an.
    Als sie den Overall anzog, stellte sie fest, dass er gewaschen worden war. Nicht gereinigt, sondern gewaschen, mit Wasser und einer Chemikalie, die einen guten Teil der Farbe aus dem Gewebe gesogen hatte. Und die Streifen auf den Ärmeln, die im Dunkeln weiß leuchteten und als Kennzeichen der Zentralier galten, waren brüchig und grau geworden bei der Wascherei. Sehr zweifelhaft, ob sie weiterhin leuchten würden. Aber Eliza hatte ohnehin die Befürchtung, dass es darauf nicht ankäme. Die in den Overall eingenähte Unterwäsche kratzte – auch eine Folge unsachgemäßen Waschens. Als Eliza den Reißverschluss zugleiten ließ, erinnerte sie sich daran, wann sie ihr »Inspektionsgewand« zum letzten Mal angezogen hatte. Sie hatte Unregelmäßigkeiten in der Kontrolle bemerkt und war unruhig wegen der bewussten Vorfälle, wegen She Tsi, den Gleitern, dem Reparaturtrupp, dem abgestürzten Schiff. In ihrem Fachbereich war zwar nichts vorgefallen – noch nichts –, aber sie war unruhig. Also hatte sie den Overall übergestreift und war in die Außensektoren gefahren, ein Gebiet, das die Ausmaße einer kleineren Stadt aufwies und sich über zweiundzwanzig Decks erstreckte. In der Unterzentrale hatte sie die Diensthabenden schockiert: Die hatten keinerlei hohen Besuch erwartet und sprangen auf. Sie hatten hochrote Köpfe und unvorschriftsmäßig geöffnete Kleidung. Die beiden jungen Männer hatten sich mehr mit der Erforschung der empfindlichen Teile des jeweils anderen beschäftigt als mit ihrer Arbeit. Und das war offenbar bereits lange so üblich. Es hatte auf den Anzeigen eine Reihe von Unklarheiten gegeben, die nicht gemeldet worden waren. Lange nicht mehr. Eliza hatte die beiden angeschnauzt und ihnen klargemacht, dass sie für solche Techtelmechtel im Dienst und die Nachlässigkeiten im Protokoll bestraft werden würden. Der nächste planmäßige Raumsprung war angekündigt worden, nichts Besonderes, nur eine routinemäßige Zwischenstation, eine von zahlreichen. Dann ... dann war sie nach langer Zeit wieder einmal durch die äußeren Sektoren gegangen ...
    Eliza stand still in dem kleinen Zelt und hatte weiche Knie. Ihre Hand hatte sich fest um den Griff des Reißverschlusses gekrallt. Sie sah wieder die Generatorenhalle vor sich, in der dicker Staub anzeigte, dass irgendjemand die Kontrollen der letzten Monate, möglicherweise Jahre, hatte ausfallen lassen. Sie sah wieder den zusammengesunkenen Generatorblock, dessen Ausglühen unbemerkt geblieben war. Die Automatik hatte alles ausgeglichen. Sie sah sich wütend schimpfen und über den Kontakter eine Meldung absetzen. Im Grunde genommen war es nicht weiter wild, wenn einer von fünfhundert Generatoren ausglühte ... aber wenn das nicht der einzige war? Wenn die Kontrolle überall vernachlässigt worden war und im Einsatzfall das gesamte System ausfiel? Wenn innerhalb
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