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Villa Oma

Villa Oma

Titel: Villa Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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schmetternden Ton von Jimmys Trompete. Jan lief auf den Klang zu. Unterwegs holte er Oma ein, die ebenfalls auf das Trompetenlied zuhastete. Jimmy mußte etwas gefunden haben. Wie gut, daß er immer sein Instrument bei sich trug. Schließlich sahen sie Jimmys lange Gestalt an einem Zaun lehnen, der die Felder zweier Bauern trennte. Er zeigte auf ein Häufchen, das zu seinen Füßen hockte, eine winzige Gestalt in einem Kapuzenmäntelchen mit kleinen, roten Gummistiefeln. Jimmy wollte sich bücken und Rolf hochheben, aber Oma kam ihm zuvor und blickte angstvoll in das blasse Kindergesicht. Die Augen waren geschlossen. Oma rüttelte ihn.
    „Rolf“, rief sie, „Rolf!“
    Jetzt öffneten sich die schweren Lider, und ein Lächeln strahlte auf. „Oma“, sagte Rolf und schlang fest seine Arme um ihren Hals, als sie ihn hochhob.

    Als sie weitergingen, flüsterte er plötzlich an Omas Ohr: „Ich wollte doch nur den Stern suchen, für das Museum, weißt du?“ Gleich darauf war er eingeschlafen.
    Obgleich die Last für Oma nicht leicht zu tragen war, ließ sie ihn sich nicht von Jimmy oder Jan abnehmen. Wenn Jan nicht aufgewacht wäre, hätte das Abenteuer böse ausgehen können. Sie drückte den Kleinen eng an sich. Zu Hause wurde er sofort mit Wärmflaschen ins Bett gesteckt, und obgleich er immer wieder einschlafen wollte, flößte Oma ihm noch eine Tasse Milch mit Honig ein.
    Tatsächlich hatte Rolf am anderen Tag von seinem nächtlichen Abenteuer nichts Böses zurückbehalten bis auf einen Riesenschnupfen. Heute ließ ihn Oma aber nicht von ihrer Seite. Sie putzten zusammen das Haus, kochten zusammen Essen für die Tiere und gingen schließlich zusammen ins Lehrerhäuschen hinüber. Während Oma mit Mutter in der Küche plauderte, stöberte Rolf in den Ställen, sagte der Ziege „Guten Tag“ und dem großen, bunten Hahn. Plötzlich erschien er in der Küche, sein Gesicht strahlte vor Stolz.
    „Oma, ich hab was fürs Museum.“
    In seiner kleinen Hand lag ein leuchtend weißes Hühnerei.

    „Tatsächlich!“ rief Oma, „da haben wir ein echtes Wunder.“
    Zusammen mit Oma piekte Rolf in das Ei oben und unten ein Loch und blies Eiweiß und Dotter in eine Schüssel. Die Mutter konnte beides gut gebrauchen, weil sie gerade Kuchen backen wollte.
    Am Nachmittag saß Rolf bei Oma in der Küche mit einer feuerroten Schnupfennase und einem Schal um den Hals und bemalte mit ihrer Hilfe eine Tafel: erst ein Ei, dann, wie es von innen aussah mit seinem Dotter und dem Eiweiß und schließlich, wie ein Küken in dem Ei entstand und wie es endlich mit seinem kleinen Schnabel von innen an die Schale klopfte und ein Löchlein bohrte, das die Mutter von außen erweiterte, bis das ganze quittengelbe Küken aus dem Loch herausschlüpfte. Alles war so schön und deutlich gemalt, daß die Tafel ein Schmuckstück für das Museum werden würde. Brigitte schrieb noch unten an den Rand: „Wunder — gefunden und aufgezeichnet von Rolf Pieselang.“ Dann wurde die Tafel im Museum aufgehängt und das Ei in einem Körbchen auf den Tisch darunter gestellt. Nun hatte Rolf auch sein Wunder gefunden, nun brauchte er keine Sterne mehr zu suchen.

Abschied

    Es schneite und schneite und schneite. Um so gemütlicher war es in Omas Küche. Oma stand am Küchentisch, hatte die Hände voller Mehl und rollte ein großes Stück Teig aus, um für Weihnachten Plätzchen zu backen. Rolf stand neben Oma und „half“ ihr, indem er immerzu kostete, ob der Teig auch gut gelungen war. Oma hatte ihm eins ihrer Nachthemden übergezogen, weil er sich bei solchen Backereien in der Regel von oben bis unten mit Teig und Mehl und Marmelade vollzuschmieren pflegte. Rolf hatte noch eine wichtige Aufgabe. Er mußte Oma immer wieder die Schürzenbänder zuknöpfen, die die Gans Agathe, die Oma so gern neckte, stets von neuem aufzog. Eine Ecke des Küchentisches hatte Brigitte mit Beschlag belegt. Sie schrieb ein neues Schild für die Haustür:

    „Museum — Alters- und Erholungsheim
    für Tiere, Tier- und Musikfreunde.“

    Am Fenster saßen Jan und Peter auf dem Fußboden, spielten „Mensch ärgere Dich nicht“ und ärgerten sich furchtbar, besonders wenn eine der Katzen ihnen über das Spielfeld stieg und alle Figuren umwarf. In der Ecke am Herd schliefen die dicken Pudel laut schnaufend. In diese friedliche Idylle brach plötzlich ein Wirbelwind. Die Tür wurde aufgerissen und Jimmy stürmte herein. Er lachte, schüttelte die Haare, daß der Schnee in der
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