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Villa Oma

Villa Oma

Titel: Villa Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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heute Rolf und Jan bei Oma schlafen. Weil es aber schon Nacht geworden war, brachten Oma und die beiden Jungen Brigitte und Peter ein Stück die Landstraße entlang, und Oma wartete, bis sie sah, daß die Kinder sicher in Pieselangs Häuschen verschwunden waren. Dann gingen die drei Zurückbleibenden wieder zur Villa. Rolf und Jan hatten Oma rechts und links untergehakt. Jan und Oma schwatzten miteinander, aber Rolf war schweigsam. Die beiden anderen glaubten, daß er müde sei. Aber das war er gar nicht. Er war traurig. Denn so sehr die Geschwister sich heute amüsiert hatten, hatte es für ihn nicht viel Spaß gegeben, mit Ausnahme von dem Bohnern eben, aber das war auch alles. Immer hatte es heute geheißen: „Dazu bist du noch zu klein.“ Er durfte keine Führungen machen, weil er noch zu klein war, er durfte keine Billetts verkaufen, weil er mit dem Geld noch nicht umgehen konnte, er brauchte den Weg zum Museum nicht zu zeigen, weil die Besucher ihn auch alleine fanden, er wurde vom Kuchenbüfett verbannt, wo er Brigitte helfen wollte, als sie bemerkte, daß er das vierte Stück Torte gegessen hatte. Er hatte auch kein Wunder gefunden. Auf keiner der Tafeln im Museum stand: „Wunder — entdeckt von Rolf.“ Er war zu allem zu klein. Manchmal glaubte er, er würde nie, nie groß werden.
    Doch plötzlich vergaß er seinen Kummer, denn Oma rief:
    „Schaut mal!“
    Und nun sah Rolf etwas, was er noch nie gesehen hatte. In dem klaren Sternenhimmel, unter dem sie standen, hatte sich ein Stern gelöst und flog in einem glitzernden Bogen abwärts. Es sah aus, als wenn er gar nicht weit von ihnen in ein Feld fiele.
    „Eine Sternschnuppe“, rief Jan, „wie schön, ein Stern ist vom Himmel gefallen!“
    „Nicht ein ganzer Stern“, sagte Oma, „nur ein Stück.“
    „Ist es auf die Erde gefallen, Oma?“
    „Meistens fallen sie nicht auf unsere Erde, aber manchmal schon. Ich habe einmal ein solches Stück Stern gesehen“, sagte Oma.
    Jan lachte: „Das war etwas für unser Museum.“
    Jan schlief heute rasch ein, so müde war er. Auch Rolf schien müde zu sein, denn er bat gar nicht mehr um eine Geschichte, wie es sonst bei ihm üblich war. Mitten in der Nacht wachte Jan auf. Etwas hatte ihn geweckt, wohl ein Geräusch. Er horchte angestrengt ins Dunkel, konnte aber nichts mehr vernehmen. Er wollte gerade wieder einschlafen, als er plötzlich einen dumpfen Laut hörte, so, als wenn die Haustür unten ins Schloß fiel. Er machte Licht und setzte sich auf. Das Zimmer sah friedlich und unberührt aus. Aber plötzlich fiel ihm auf, daß auf dem Stuhl vor Rolfs Bett keine Kleider mehr lagen. Er sprang auf. Rolfs Bett war leer. Jan sah auf die Uhr — es war drei Uhr morgens. Er lief im Schlafanzug durch das stille Haus bis zu Omas Zimmer. Oma war sofort wach, als sie hörte, daß Rolf verschwunden war. Sie schickte Jan zum Anziehen nach oben, und fünf Minuten später trafen sie sich in der Halle, warfen sich die Mäntel über und wickelten sich in Schals, denn es war kalt.
    „Ob er nach Hause gelaufen ist?“ fragte Jan.
    Oma antwortete nicht, sondern öffnete die Tür. Im frisch gefallenen Schnee sahen sie im Mondlicht deutlich winzige Fußspuren, die fortführten vom Haus auf den kleinen Wald zu, der ein paar hundert Meter entfernt war. Mitten im Garten stand Jimmy und betrachtete den Mond.
    „Hast du Rolf gesehen?“ fragte Oma, aber Jimmy schüttelte den Kopf. Er war gerade aus seinem Häuschen gekommen, um den Mond anzusehen. Als er von Oma erfuhr, daß der kleine Kerl verschwunden war, schloß er sich den beiden anderen an. Zuerst war es leicht, die Spur zu verfolgen. Aber dann kamen sie an das Wäldchen, in dem, durch die Bäume abgehalten, kein Schnee lag, und hier verlor sich die Spur. Sie durchsuchten den Wald nach allen Richtungen, konnten aber nichts entdecken. Sie waren ratlos. Aber Oma meinte entschlossen:
    „Nun gehen wir von hier aus in drei verschiedenen Richtungen über die Felder. Wenn wir nach einer Viertelstunde nichts gefunden haben, treffen wir uns wieder hier.“
    Oma stapfte geradeaus durch den tiefen Schnee, Jimmy hielt sich westlich, und Jan ging nach Osten. Das große Feld lag unter dem Mondlicht hell vor ihnen. Aber sie konnten außer ein paar Hasen- und Fuchsspuren nichts entdecken. Nirgendwo fanden sie menschliche Fußspuren und nirgends eine kleine Gestalt über dem Weiß. Es kam Jan vor, als wäre Rolf durch die Luft geflogen. Plötzlich aber hörte er drüben im Westen den
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