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Die Leichenstadt

Die Leichenstadt

Titel: Die Leichenstadt
Autoren: Jason Dark
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Uns umgab die Stille der Tiefsee!
    Nicht ein Laut drang durch die dicken Wände des U-Boots, das wie ein Schatten durch das graugrün schimmernde Wasser glitt. Auch an Bord sprach so gut wie niemand, der Kapitän hatte Redeverbot erteilt, und nur in der kleinen Kommandozentrale durfte gesprochen werden. Zusammen mit drei Offizieren hockte ich in dem Raum, hätte gern eine Zigarette geraucht und mußte es mir doch verkneifen, weil das Rauchen verboten und die Luft schon schlecht genug war. Dabei gehörte das Boot zu den besten und modernsten Unterseetauchern, die die englische Marine aufzubieten hatte.
    Angetrieben wurde es durch Atomkraft. Es konnte fast unbegrenzt unter Wasser bleiben, war mit Kameras ausgerüstet, deren gläserne Augen das Meer in alle Richtungen hin beobachteten und ihre Bilder auf kleine Monitoren zur Kontrolle wiedergaben.
    Vieles hatte sich in der Technik geändert. Eins jedoch war geblieben. Der Mangel an Platz.
    Mich schaute der Kapitän an. Wie auch ich hatte er einen Pappbecher vor sich stehen, in dem eine braune Brühe schwamm, die sich Kaffee nannte. Kaffee wurde hier am meisten getrunken. Da konnte kaum genug nachgekocht werden. Im Vergleich zum Kaffee meiner Sekretärin Glenda schmeckte dieser hier auf dem U-Boot wie ein Laternenpfahl ganz unten, und jeder kann wohl verstehen, wie sehr ich mich nach Glenda Perkins Kaffee sehnte.
    Dies seit drei Tagen.
    So lange hielt ich mich bereits auf dem U-Boot auf. Hier wurde außer der Nahrung alles rationiert, auch das Wasser.
    Mit einer gemurmelten Entschuldigung verließen zwei Offiziere die Kommandozentrale und ließen den Kapitän und mich allein. Er war für einen Mann mit so großer Verantwortung noch ziemlich jung. Er hieß Dirk Neeler und entstammte, wie er mir selbst berichtet hatte, einer alten englischen Adelsfamilie. Allerdings hatte er auf seinen Titel verzichtet, was ihn mir sympathisch machte.
    Seine Haare zeigten einen militärisch kurzen Schnitt, der Scheitel saß korrekt, wobei unter ihm eine hohe Stirn begann, in der die dunkelbraunen Augenbrauen in derselben Farbe wie das Haar besonders hervorstachen. Die Haut zeigte nicht das Grau jener Männer, die lange das Sonnenlicht entbehrt hatten, sie war gebräunt, und ich wußte aus Erzählungen des Kapitäns, daß er nicht nur bei Landaufenthalten ein Liebhaber von Sonnenstudios war, sondern auch im Sommer surfen und segeln ging. Das brauchte er, denn das Leben auf dem Boot konnte einen Mann schon deprimieren. Seit drei Tagen also bewegten wir uns im Atlantik. Auf halber Strecke zwischen Mittelnorwegen und England. Natürlich hockte ich nicht freiwillig in dem Sarg aus Metall, wie er scherzhaft genannt wurde, es gab da einen besonderen Grund.
    »Auch noch Kaffee?« fragte Neeler und schaute mich an.
    Ich schüttelte den Kopf. »Danke, nein.«
    »Sie können sich auch hinlegen, Mr. Sinclair, wenn es Ihnen zu langweilig wird.«
    Ich grinste schief und deutete auf den Monitor. »Schon als Halbwüchsiger habe ich gern vor der Mattscheibe gesessen.«
    »Das waren aber keine so miesen Bilder.«
    »Sie haben recht.«
    »Was anderes kann ich Ihnen nicht bieten.«
    Ich warf einen Blick auf meine Rolex. »Wann, sagten Sie, haben sie die Stadt immer gesehen?«
    »Etwa um diese Zeit.«
    »Und da wollen Sie mich wegschicken?«
    Dirk Neeler hob die Schultern. »Ich habe es nur gut gemeint. Gestern und vorgestern habe ich auch nichts gesehen. Ich dachte da mehr an das Gesetz der Serie.«
    »Ich vertraue auf mein Glück.«
    Der Kapitän und Kommandant hob die Schultern. »Ob das Auftauchen dieser komischen Stadt ein Glück ist, wage ich zu bezweifeln.«
    Und damit waren wir beim Thema.
    Es ging um eine Stadt. Um eine Stadt im Meer. Das allein war schon sagenhaft und ungeheuer, hinzu kam noch ein anderes Phänomen. Das Boot war auf die Stadt zugefahren und konnte hindurchgleiten. Durch Mauern und Tempel, durch seltsame Menschen, Monstren und Spinnen. Nicht nur einmal, sondern zweimal.
    Beim erstenmal hatten alle an eine Halluzination geglaubt. Besonders deshalb, da auf den Schirmen nichts zu sehen gewesen war, doch beim zweiten Zusammentreffen, war der Besatzung klargeworden, daß sie in der Tiefe des Meeres etwas Unheimliches und vor allen Dingen Unerklärbares erlebte.
    Zum Glück gehörte Dirk Neeler nicht zu den Leuten, die sich für Gottvater persönlich hielten. Er wußte mit diesem Phänomen nichts anzufangen, brach seine Fahrt ab und informierte die diesbezüglichen Stellen des
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