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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht
Autoren: Scott Westerfeld
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"Tally!"
      Sie taumelte, als die Türen aufgingen. Sie hatte seine weiße Weste über und über verschmutzt. "Oh nein! Ich ..."
      "Geh jetzt einfach!"
      Tally hätte ihn gern noch einmal umarmt, weil er so unglücklich aussah. Sie wollte bleiben und Peris sauber machen, wollte sicherstellen, dass er auf der Party perfekt aussah. Sie streckte eine Hand aus. "Ich ..."
      "Geh!"
      "Aber wir sind beste Freunde, ja?"
      Er seufzte und rieb an einem braunen Fleck herum. "Sicher, Freunde fürs Leben. In drei Monaten."
      Sie machte kehrt und rannte los, und hinter ihr schlossen sich die Türen.
            ***
      Zuerst bemerkte niemand auf dem Dach sie. Alle schauten nach unten. Es war dunkel, nur hier und da loderte ein Sicherheitsstrahler auf.
      Tally fand die Bungeejacken und zog an einer. Die Jacke war an dem Gestell festgemacht. Tallys Finger suchten nach einer Klammer oder etwas Ähnlichem. Sie sehnte sich nach ihrem Interface-Ring, der ihr gesagt hätte, was sie tun musste.
      Dann sah sie den Knopf: Im Brandfall drücken.
      "Oh verdammt", sagte sie.
      Ihr Schatten hüpfte und zuckte. Zwei Pretties kamen mit flackernden Strahlern auf sie zu.
      "Wer ist das denn? Und was hat sie an?"
      "He, du, das hier ist eine Party mit Abendkleidung."
      "Sieh dir ihr Gesicht an ..."
      "Oh verdammt", sagte Tally noch einmal.
      Und drückte auf den Knopf.
      Ein ohrenbetäubender Heulton zerfetzte die Luft und die Bungeejacke schien vom Gestell in ihre Hand zu springen. Sie streifte sie über und drehte sich zu den beiden Pretties um. Die zuckten zurück, als ob Tally sich in einen Werwolf verwandelt hätte. Der eine ließ den Strahler fallen, der sofort verlosch.
      "Feuerübung", sagte Tally und rannte auf die Dachkante zu. Als sie die Jacke übergestreift hatte, legten sich die Leine und die Reißverschlüsse wie Schlangen um ihre Schultern, bis das Plastikmaterial ihre Taille und ihre Oberschenkel eng umschloss. Ein grünes Licht leuchtete am Kragen auf, dort, wo sie es nicht übersehen konnte.
      "Brave Jacke", sagte sie.
      Aber die Jacke war offenbar nicht klug genug, um zu antworten. Die Pretties auf dem Dach waren jetzt alle verstummt und liefen wild durcheinander, sie wussten nicht, ob es wirklich brannte. Sie zeigten auf sie und Tally hörte von ihren Lippen das Wort >Ugly<.
      Was ist schlimmer in New Pretty Town, überlegte sie. Dass dein Haus abbrennt oder dass eine Ugly unerlaubt auf deiner Party aufkreuzt?
      Tally erreichte die Kante des Daches, kletterte auf das Geländer und schwankte für einen Moment. Unter ihr rannten jetzt Pretties aus Garbo Mansion auf den Rasen und dann den Hügel hinab. Sie schauten sich um und hielten Ausschau nach Rauch und Flammen. Aber sie sahen nur Tally.
      Es war weit bis nach unten und Tallys Magen schien sich bereits im freien Fall zu befinden. Aber sie fühlte sich auch unglaublich lebendig. Die kreischende Sirene, die Menge, die zu ihr hochstarrte, die Lichter von New Pretty Town, die sich wie eine Million Kerzen dort unten ausbreiteten.
      Tally holte tief Luft, ging in die Knie und machte sich zum Sprung bereit.
      Für den Bruchteil einer Sekunde fragte sie sich, ob die Jacke überhaupt funktionieren würde, wo sie doch keinen Interface-Ring trug. Würde die Jacke ein Nichts auffangen? Oder würde Tally einfach am Boden zerschellen?
      Aber sie hatte Peris versprochen, dass sie nicht erwischt werden würde. Und die Jacke war für Notfälle geschaffen, und es leuchtete ein grünes Licht...
      "Aus dem Weg!", schrie Tally.
      Und sprang.

 
       Shay

      
      Die Sirene verhallte hinter ihr. Der Sprung schien ewig zu dauern - oder nur Sekunden, und die glotzenden Gesichter unter ihr wurden immer größer.
      Der Boden jagte ihr entgegen und die Menge, die jetzt in Panik geriet, wich von der Stelle zurück, wo Tally aufprallen würde. Einige Sekunden lang kam es ihr vor wie ein Traum vom Fliegen, lautlos und wunderbar.
      Dann riss die Wirklichkeit an ihren Schultern und Oberschenkeln und die Jacke schnitt ihr brutal ins Fleisch. Sie war größer als die Durchschnitts-Pretty, das wusste sie, die Jacke hatte wahrscheinlich nicht mit diesem Gewicht gerechnet.
      Tally überschlug sich in der Luft und fiel für einige entsetzliche Momente mit dem Kopf voran, ihr Gesicht war niedrig genug, um im Gras einen weggeworfenen Flaschenverschluss zu entdecken. Dann merkte sie, dass sie wieder aufwärts jagte, sie vervollständigte den
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