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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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Mittwoch mit seiner Jazzband, und viele mehr oder weniger interessante Promis waren schon im Carlyle ein und aus gegangen. Nicht zuletzt, weil das Hotel den Ruf hatte, äußerste Diskretion zu wahren. Die New York Times hatte es einmal als »Ort der Geheimnisse« betitelt, was Kevin Love gerade recht war. Seine Wohnung war nun schon seit fast zehn Jahren seine feste Basis, wenn er in der Stadt war, um seine Geschäfte zu tätigen. Es war geradezu verlockend, seinen lukrativen Waffenhandel mit mehr oder weniger instabilen Diktaturen in Hotelzimmern abzuwickeln, deren elegante Brokattapeten immer noch den süßlichen Duft der 1930er Jahre verströmten. Die wichtigsten Bälle für den Nachwuchs der High Society konnten an gar keinem anderen Ort stattfinden.
    Kevin Love war keineswegs mit einem solchen Luxus aufgewachsen. Sein Weg aus dem Elternhaus in einem schmuddeligen Arbeitervorort von Manchester war, milde ausgedrückt, lang und steinig gewesen. In Wirklichkeit war das hier in vielerlei Hinsicht eine ganz andere Welt, und obwohl er Eitelkeit verachtete, so war er auf seinen eigenen Aufstieg aus der Unterschicht doch ziemlich stolz.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie ihm ein Oberkellner von weitem diskret ein Zeichen gab. Kevin Love bahnte sich seinen Weg durch den Saal und nickte im Vorbeigehen höflich zwei gutgekleideten Männern einer afrikanischen Vertretung zu. Der Oberkellner teilte ihm mit, dass ihn jemand am Telefon sprechen wolle.
    »Sind Sie sicher?«
    Der Kellner nickte.
    »Man verlangte nach Ihnen und betonte, dass es wichtig sei.«
    Er zögerte kurz, dann folgte er dem Kellner zur Rezeption. Während sie durch den Mittelgang schritten, holte er seinen PalmPilot aus der Innentasche, um zu prüfen, ob jemand versucht hatte, ihn darüber zu erreichen. Während des Empfangs hatte er das Gerät auf lautlos gestellt und sah nun, dass er zweimal von einer unbekannten Nummer angerufen worden war. Das erste Mal vor sechs, das zweite Mal vor drei Minuten. Er wurde zu einem Festnetztelefon geleitet, wo ihm ein anderer Kellner bereits den Hörer hinhielt. Er nahm ihn entgegen, setzte sich in den Sessel neben dem Telefon und wartete, bis beide Kellner verschwunden waren. Dann meldete er sich.
    »Kevin Love.«
    Natürlich war Kevin Love nicht sein richtiger Name. Er hatte mindestens zehn Pässe mit unterschiedlichen Identitäten. Doch dieser Name gefiel ihm am besten. Meistens verwendete er ihn bei offizielleren Anlässen, und nicht zuletzt war es auch der Name, mit dem er sich am meisten identifizierte. Wenn er sentimental wurde, was nur selten vorkam, war er sogar gerührt darüber, dass er den Mädchennamen seiner Mutter als Decknamen benutzte. Lange hatte sie ihn allerdings nicht getragen, und auch vor ihrer Hochzeit war sie keineswegs ein Unschuldsmädchen gewesen. Wenn er in der Stimmung war, Zoten zu reißen, genierte er sich nicht, vor versammelter Mannschaft zu erzählen, seine Mutter sei eine Feldmatratze gewesen, die keinen blassen Schimmer hatte, wer sein Vater war. Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Obwohl er es sich seine ganze Kindheit lang anders gewünscht hatte, bestand kaum ein Zweifel daran, dass der verlebte Minenarbeiter tatsächlich sein Vater war. Seine Mutter war zwanzig Jahre lang stoisch mit ihm verheiratet geblieben, ohne jemals in Betracht gezogen zu haben, dass sie etwas an ihrem Schicksal hätte ändern können. Nichtsdestotrotz war seine Mutter nun einmal seine Mutter. Niemand würde ihn mit dem Namen, den seine Mutter in einem früheren Leben einmal getragen hatte, in Verbindung bringen. Anonymität und Unaufspürbarkeit hatten in seiner Branche oberste Priorität.
    »Da Sie mich auf dieser Nummer anrufen, gehe ich davon aus, dass Ihr Anruf von höchster Dringlichkeit ist?«, meinte er zu dem Anrufer.
    Es verging eine Sekunde, ehe die Person am anderen Ende der Leitung antwortete. Kevin Love konnte nicht unterscheiden, ob es an ihrer Überraschung oder an der Entfernung lag. Dann stellte sich der andere als der dänische Chef eines internationalen Rockerclubs vor, mit dem Kevin Love gelegentlich zusammenarbeitete.
    »Zu eurem eigenen Besten hoffe ich mal, du erzählst mir jetzt nicht, dass ihr nicht zahlen könnt? Ich brauche euch wohl kaum daran zu erinnern, welche Konsequenzen das beim letzten Mal hatte.«
    Wieder wurde es still in der Leitung. Doch diesmal konnte Kevin Love mit Zufriedenheit feststellen, dass es keineswegs an der schlechten Verbindung lag.
    »Jetzt schieß
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