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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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Prolog
     
    A lle Menschen sind käuflich. Und wer sich nicht mit Geld bestechen lässt, hat lediglich einen anderen Preis.
    Kevin Love ließ seinen Blick routinemäßig durch die Art-déco-Lobby des Hotels schweifen. Der Empfang war in vollem Gange, und es herrschte dichtes Stimmengewirr. Der Lärmpegel war merkbar angestiegen, nachdem man von den Geschäftsgesprächen zum normalen Networking übergegangen war. Alle anwesenden Männer trugen diskrete Nadelstreifenanzüge und strahlten Macht und Einfluss aus. Den zahlenmäßig leicht unterlegenen Frauen schien eine größere Vielfalt erlaubt zu sein, von gedeckter Geschäftskleidung bis hin zu freizügigeren Outfits. Für einen kurzen Moment wurde Loves Aufmerksamkeit von einer Frau gefesselt, deren cognacfarbener Lederrock so knapp war, dass man denken konnte, sie wäre eine käufliche Begleitung. Doch dieser Eindruck täuschte gewaltig. Sie gehörte zu den Teilnehmern, für deren Einladung er höchstpersönlich gesorgt hatte. Sie saß in der höchsten Führungsriege von Africom, seit die Bush-Regierung das Regionalkommando eingerichtet hatte, und hatte ihren Posten auch nach dem Präsidentenwechsel behalten. Mit anderen Worten, sie gehörte zu den Kontakten, die sein Geschäft tatsächlich anstoßen konnten, wenn alles nach Plan lief.
    Sie drehte sich halb um und warf ihm einen Blick zu, als hätte er ihr die ganze Zeit auf den Po gestarrt. Er lächelte sie vielsagend an, dann schaute er sich im Raum um. Und die Frau setzte ihr Gespräch mit den zwei Vertretern des Waffenherstellers Argos fort.
    Seine permanente Wachsamkeit hatte Kevin Love sich schon in seiner Jugend angewöhnt und konnte sie nur schwer wieder ablegen. Während der SAS-Ausbildung, bei der er anfangs kurz vorm Aufgeben gewesen war, hatte man ihnen dies eingebläut. Später, in den vielen Jahren als Söldner, kam sie wie von selbst. Man musste immer auf der Hut sein. Wer den Überblick hatte, war klar im Vorteil. Und wer im Vorteil war, gewann das Spiel, bei dem der zweite Platz den sicheren Tod bedeutete.
    »Man nannte es New Yorks Antwort auf das Weiße Haus, damals unter Kennedy, meine ich.«
    Kevin Love wandte sich ein wenig dem Mann zu, der neben ihm stand. Ihn irritierte es, in seinen Gedanken gestört zu werden, insbesondere von jemandem, der nichts anderes zu bieten hatte als alte Kamellen über das Hotel, mit denen er sich beim Gastgeber einschmeicheln wollte. Aber Networking war schließlich einer der Gründe dafür, dass Kevin Love diesen Empfang organisiert hatte. Sein Gesprächspartner war ein ehemaliger Zivilbeamter des Pentagon, der anschließend bei den Vereinten Nationen Karriere gemacht hatte und nun für eins der wichtigeren Afrika-Büros der UN verantwortlich war. Kevin Love fuhr sich mit seiner sonnengebräunten Hand durch das kurze graue Haar und munterte den Mann mit einem Nicken dazu auf, seine Geschichte weiterzuerzählen.
    »Es heißt, Marilyn Monroe hätte ihn hier besucht. Es soll sogar ein geheimes Tunnelsystem geben, damit der Präsident seine verschiedenen Geliebten empfangen konnte.«
    »Die Geschichte habe ich auch gehört, aber ich denke, sie ist ein reiner Mythos. Kennedys Wohnung befand sich im 34. Stock. Meine liegt direkt darunter. Ich habe das Personal jahrelang ausgehorcht, aber niemand kennt einen geheimen Eingang. Mag schon sein, dass die Angestellten hier die Diskretion in Person sind, doch normalerweise gelingt es mir immer, die Leute zu überreden.«
    Kevin Love grinste den Mann breit an und registrierte mit einer gewissen Zufriedenheit, dass seine Antwort für Überraschung gesorgt hatte.
    »Kommen Sie mal zu Besuch, dann zeige ich Ihnen Kennedys Suiten. Und bei der Gelegenheit können wir auch gleich gemeinsame Probleme diskutieren. Wir sind ja trotz allem nicht die Einzigen, die sich für die Zukunft von Africom interessieren. Soweit ich weiß, genießt es die volle Unterstützung des Präsidenten und Ban Ki-moons.«
    Damit ließ er den Mann an dem vergoldeten Tresen am Ende der Lobby stehen und ging auf einen Kellner zu, um mehr Champagner zu ordern. Falls die glamouröse Umgebung noch in irgendeiner Weise Eindruck auf Kevin Love machte, so ließ er es sich nicht anmerken. Das Carlyle mit seiner Lage auf der Upper East Side, umgeben von Galerien, exklusiven Boutiquen und nur einen Block vom Central Park entfernt, war eins der mondänsten Hotels in New York. Hier hatte John F. Kennedy sein letztes Frühstück eingenommen, hier spielte Woody Allen jeden
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