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Verfuehrt

Verfuehrt

Titel: Verfuehrt
Autoren: Kathryn Taylor
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welche Möglichkeiten er für uns sieht. Er wird sicher ganz begeistert sein von der Idee, ich kenne ihn und …«
    »Dad«, unterbreche ich ihn, weil ich ihm nicht mehr folgen kann. »Wovon sprichst du?«
    Er räuspert sich. »Entschuldige. Also, langer Rede kurzer Sinn: Wir werden eine Dependance in Rom eröffnen, Sophie. Und du wirst sie leiten.«
    »Was?« Ich brauche einen Moment, um das alles richtig zu sortieren. »Eine Dependance? Hier?«
    »Ja, genau. Auf die Weise schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Du kannst in Rom bleiben, und das ›Conroy’s‹ kann sich international ganz anders präsentieren. Dann hätten wir ein zweites Standbein, und mit den Kontakten, die wir durch Signore di Chessa und deinen Matteo haben, können wir uns dort sicher recht schnell etablieren. Und, was sagst du?«
    Ich kann gar nichts sagen, merke nur, wie meine Sicht wieder verschwimmt. Er hat recht, denke ich und kann die Tränen nicht länger zurückhalten, spüre, wie sie wieder heiß über meine Wange laufen. Es wäre die perfekte Lösung gewesen. Nur kommt sie zu spät, und dass mein Vater mich ausgerechnet in diesem Moment anruft, wo ich mich gerade so furchtbar mit Matteo gestritten habe, ist eine grausame Ironie des Schicksals.
    »Dad, das ist … wirklich eine tolle Idee. Aber ich kann nicht in Rom bleiben«, sage ich und kann selbst hören, wie verzweifelt ich klinge.
    Mit dieser Reaktion hatte Dad offensichtlich nicht gerechnet.
    »Ist alles in Ordnung, Sophie?«
    »Nein.« Ich schüttele mechanisch den Kopf, obwohl ich weiß, dass er das nicht sehen kann. »Du hattest recht, Dad. Es hat nicht funktioniert.«
    Mehr kann ich dazu nicht sagen, jedenfalls nicht im Moment, weil es mir einfach zu wehtut. Was mein Vater offenbar spürt, denn er verlangt nicht nach einer Erklärung, wofür ich ihm ungeheuer dankbar bin.
    »Dann komm nach Hause«, sagt er nur. »Deine Mutter und ich warten auf dich.«
    Erst als ich das Telefonat beendet habe, lasse ich meinen Tränen freien Lauf, werde geschüttelt von Schluchzen und kann nicht mehr aufhören zu weinen, weil ich den Schmerz kaum aushalte. Dabei denke ich jetzt, wo ich endlich ehrlich zu mir bin, dass ich es vielleicht schon die ganze Zeit über gewusst habe, dass Matteo und ich auf diesen Punkt zusteuern, an dem unsere Beziehung wieder zerbrechen muss.
    Wahrscheinlich ist er einfach zu verletzt, überlege ich traurig. Er kann sich nicht auf mich einlassen, nicht wirklich, er kann mir nicht geben, was ich brauche – genau wie er gesagt hat. Und ich kann auch nicht mehr kämpfen, ich bin zu müde. Zu mutlos. Noch einen Versuch schaffe ich nicht, auch wenn es mich umbringt, einfach zu gehen. Aber etwas anderes bleibt mir nicht mehr übrig, denke ich und und spüre, wie meine Tränen versiegen. Etwas anderes kann ich jetzt nicht mehr tun.
***
    »Oh, Sophie, müssen Sie wirklich schon fahren? Ich hätte sie so gerne noch ein bisschen hier gehabt.« Valentina sieht mich traurig an, und es bricht mir das Herz, dass ich ihr nichts anderes sagen kann.
    »Es tut mir leid, aber es ist wirklich schon sehr spät. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig zum Flughafen, wenn ich mich beeile«, erkläre ich ihr und sehe noch einmal auf die Uhr. Eigentlich hätte ich schon vor einer halben Stunde fahren sollen, aber der Abschied fällt mir so schwer wie ihr, deshalb konnte ich mich noch nicht wirklich losreißen.
    Jetzt wird es jedoch wirklich Zeit, deshalb erhebe ich mich von dem Besucherstuhl, der eigentlich eher ein Sessel ist – aber dieses ganze Reha-Zentrum wirkt mit dem weitläufigen Park und den großen, elegant eingerichteten Zimmer ohnehin eher wie ein Luxushotel und nicht wie ein Krankenhaus.
    Paola, die auch da ist, steht ebenfalls auf, um mich zur Tür zu begleiten. Dafür ist Valentina noch zu schwach, deshalb bleibt sie in ihrem Sessel sitzen.
    Sie sieht inzwischen wieder fast genauso aus wie vor diesem schlimmen Herzanfall, hat sich mittlerweile gut erholt. Ihre Augen leuchten, und sie strahlt trotz ihres Alters diese heitere Würde aus, die ich schon vom ersten Moment an so an ihr mochte. Tatsächlich trägt sie heute sogar wieder das Seidenkleid mit dem Bertani-Muster, das sie anhatte, als ich sie das erste Mal traf, und ich weiß, dass ich sie immer so in Erinnerung behalten werde.
    »Mein Enkel ist ein Dummkopf, dass er Sie gehen lässt«, sagt sie und legt ihre faltige, warme Hand an meine Wange. »Ich wünschte, er würde endlich zur Vernunft kommen.«
    Ein
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