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Verfuehrt

Verfuehrt

Titel: Verfuehrt
Autoren: Kathryn Taylor
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bisschen habe ich das wahrscheinlich auch gehofft, deshalb bin ich nach meinem Streit mit Matteo noch zwei Tage geblieben. Doch ich habe ihn fast gar nicht mehr gesehen, nur vorhin, bevor ich zu Valentina gefahren bin, noch mal ganz kurz. Er stand oben auf der Treppe und ich mit meinem Koffer unten in der Eingangshalle, und er hat sich kühl und ruhig von mir verabschiedet und ist dann sofort wieder nach oben verschwunden. Was mir besonders wehgetan hat. Denn offenbar hat es ihm gar nichts ausgemacht, mich zu sehen – ich dagegen wäre ihm am liebsten sofort wieder zu ihm gelaufen und hätte mich in seine Arme geworfen. Was der vielleicht eindrucksvollste Beweis dafür war, dass es wirklich nicht gut wäre, wenn ich bleibe. Ich würde nur leiden – und hätte Matteo dennoch verloren.
    »Sie können mich doch auch so besuchen kommen«, sagt Valentina hoffnungsvoll.
    »Ja, vielleicht. Das … wäre schön«, antworte ich und erwidere ihr Lächeln. Das wäre es wirklich, aber eigentlich wissen wir beide, dass ich das nicht tun kann. Die Gefahr, dabei Matteo zu begegnen, wäre sehr groß, und das könnte ich unter den jetzigen Bedingungen nicht gut ertragen. Deswegen nehme ich sie zum Abschied noch einmal in die Arme, will sie kaum loslassen.
    Zusammen mit Paola gehe ich langsam nach unten vor die Tür, wo das Taxi, das ich schon vor einiger Zeit gerufen habe, immer noch wartet.
    Auch Paola wirkt bedrückt, als sie sich von mir verabschiedet. »Es ist wirklich schade, Sophie.« Sie lächelt ein bisschen reumütig. »Weißt du, als du kamst und es um deine Unterkunft ging, da hättest du natürlich auch bei uns wohnen können. Aber ein bisschen hatten wir alle gehofft, dass du vielleicht wieder mit Matteo zusammenkommst, wenn ihr unter einem Dach wohnt.«
    Das hat ja auch geklappt, zumindest für eine Weile, denke ich wehmütig und finde es fast rührend, wie sehr Matteos Familie sich wünscht, dass er das Trauma um den tragischen Tod seiner Frau endlich hinter sich lässt. Aber sie wissen es ja auch nicht, fällt mir dann ein. Er hat nur mir gebeichtet, was ihn tatsächlich belastet, deshalb ahnen sie nicht, wie tief seinen Wunden gehen. Zu tief, als dass ich sie heilen könnte.
    »Vielen Dank für alles«, sage ich und umarme auch Paola noch mal. »Und passt gut auf Valentina auf.«
    Dann winke ich ihr nur noch kurz und laufe zu dem Taxifahrer hinüber, der meinen Koffer entgegennimmt.
    Er weiß, dass ich zum Flughafen will, und schüttelt den Kopf, als ich hinten im Fond sitze und ihm erkläre, wann mein Flieger geht.
    »Das wird knapp, Signorina. Um diese Zeit ist auf dem Zubringer immer viel los.«
    Und er behält recht, leider, denn als wir eine Dreiviertelstunde später am Flughafen Fiumicino ankommen, bin ich heillos zu spät, renne so schnell ich kann mit meinem Koffer zum Check-in-Schalter der Airline.
    Die adrett gekleidete Dame hinter dem Tresen sieht mich mitleidig an, als ich ihr mein Ticket zeige und den Koffer einchecken will. Sehr mitleidig.
    »Nach London können Sie nicht mehr mit«, erklärt sie mir. »Das Boarding ist bereits abgeschlossen.«
    »Aber … ich hatte online schon eingecheckt«, japse ich völlig außer Atem. »Können Sie da nicht doch noch was machen?«
    »Tut mir leid, wir haben Ihnen den Platz freigehalten, solange es ging, aber der Flug war überbucht, und am Ende mussten wir die freien Kapazitäten auffüllen.« Sie sieht auf ihren Computer. »Außerdem befindet sich die Maschine jetzt schon auf dem Rollfeld.«
    Ich habe den Flieger verpasst, denke ich überrascht und verärgert über mich selbst. Das ist mir noch nie passiert.
    »Okay, und wann geht der nächste Flug nach London?«
    »Ich werde mal nachsehen.« Die Stewardess konsultiert erneut ihren Bildschirm und ich lasse mich stöhnend gegen den Tresen sinken. Weil ich es hasse. Wirklich hasse. Es fällt mir schwer genug, Italien zu verlassen, und diese unnötige Verzögerung macht es nicht besser, denke ich und hoffe einfach, dass die Dame eine gute Nachricht für mich hat.
    Danach sieht es jedoch nicht aus, denn als sie wieder aufblickt, kann ich ihr schon ansehen, dass sie sich nicht darüber freut, mir das jetzt sagen zu müssen.

23
    »So, da wären wir schon, Herzchen«, sagt der ziemlich korpulente Taxifahrer mit seinem breiten Cockney-Akzent, als er seinen Wagen vor unserem Haus in Lennox Gardens zum Stehen bringt.
    Schon ist gut, denke ich, als ich ihm erleichtert das Geld für den Fahrpreis und sein Trinkgeld gebe,
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