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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Brooke
    Wessen Hintern ist das?
    Meiner jedenfalls nicht.
    Das habe ich gedacht, als ich hingesehen habe. Also, richtig hingesehen habe.
    Ich habe einen tollen Hintern. Hatte ich schon immer. Das weiß ich seit meinem ersten Studienjahr in Colgate, als ich der Studentinnenverbindung Tri Delta beigetreten bin und an meinem ersten Abend dort zwei Plastikbecher Kirschpunsch mit Schnaps getrunken und einem süßen Sigma Chi erlaubt habe, mich beim Tanzen zu küssen. Er hieß Paul Didier und hatte sehr kurzes, kastanienbraunes Haar und blaue Augen. Er war so ein bisschen unbedarft, was angeheitert nicht ganz so nervig war wie am nächsten Tag nüchtern, als er mit einem Dutzend Rosen in meinem Wohnheim auftauchte. Damit war er erledigt. Süß und unbedarft ist okay zum Tanzen und für leicht nasse Küsse, aber das war’s dann auch. Für Rosen jedenfalls nicht.
    Als er merkte, wie wenig ich von seinen Blumen begeistert war, tat er mir dann doch leid. Er sah aus wie ein Hündchen, das ins Zimmer gepinkelt hatte und sich nun nichts sehnlicher wünschte, als die Zeit zurückzudrehen und das Malheur ungeschehen zu machen. Aber Hunde können nun mal keine Pfützen aufwischen, und dumme Jungs können nicht so tun, als hätten sie dir nach einem Abend besoffener Knutscherei keine Rosen gekauft.
    »Weißt du, ich bin auch neu«, stammelte er und sah mit jedem Augenblick mehr aus wie ein Hündchen, »und ich kenne hier niemanden. Ich komme aus dem Mittleren Westen, und ich finde, du bist das coolste Mädchen, das ich je gesehen habe.«
    »Danke«, sagte ich im selben Tonfall, in dem ich auch das Hündchen getadelt hätte. »Es kommt mir nur ein bisschen voreilig vor.«
    »Ich weiß«, sagte er und ging zur Tür. Beim Rausgehen hatte er die Rosen immer noch in der Hand. Dann drehte er sich wieder zu mir um, blinzelte im hellen Sonnenschein des klaren Septembermorgens. »Du hast einen tollen Hintern, Brooke. Das wollte ich dir unbedingt sagen. Ich bin froh, dass ich’s gemacht habe.«
    Das gefiel mir, so abgeschmackt es auch war. Ich wartete eine angemessene Zeitspanne, lief ihm dann in den Hof nach und entriss ihm von hinten die Rosen.
    »Was meinst du, wohin du die jetzt mitnimmst?«, fragte ich ihn.
    Das unbedarfte Grinsen tauchte wieder auf, und er tat einen zögerlichen Schritt in meine Richtung. »Kann ich dich demnächst mal anrufen?«, fragte er.
    »Ja, kannst du«, sagte ich, drehte mich auf dem Absatz um und marschierte davon. Mir war klar, dass er mir nachstarrte. Ich drehte mich aber nicht zu ihm um, nie im Leben. Meine Mutter hat mich schließlich ordentlich erzogen.
    Als ich wieder in meinem Zimmer stand, die Rosen achtlos aufs Bett geworfen, lüpfte ich meinen Pulli von Benetton und betrachtete mich über die Schulter in dem Ganzkörperspiegel, den meine immer völlig zugedröhnte Mitbewohnerin an die Rückseite unserer Tür geklebt hatte.
    Er hatte recht. Ich hatte einen tollen Hintern.
    Das war vor zwanzig Jahren. Ich weiß nicht, wie oft ich meinen Hintern seither begutachtet habe. Ich glaube, die restliche Studienzeit habe ich immer an den süßen Hündchenjungen gedacht (von dem ich mich noch zweimal habe küssen lassen, ehe ich ihn in die Wüste schickte) und einfach gewusst, dass mein Hintern toll aussah. Und dann habe ich Scott kennengelernt, und seit unserer ersten gemeinsamen Nacht gibt er mir das Gefühl, schön zu sein. Das tut er noch heute, auch nach der Geburt der Zwillinge und dem Kaiserschnitt und nach all der Hundekacke und dem Katzendreck und den Magen-/Darmgrippen, dem Mundgeruch, dem Schlaf in den Augen und den Fürzen, die alle Gift sind für die romantischen Gefühle in einer Ehe. Er zwinkert mir immer noch genau im richtigen Moment zu.
    Ich liebe es, wenn er mir zuzwinkert. Wenn er zwinkert, bin ich wieder seine Freundin, die supertolle Debütantin, in die er sich so heftig verliebt hatte, dass er ihr nach dem ersten Date auch ein Geschenk kaufte. Nicht ein Dutzend rote Rosen, nein, noch kitschiger: einen Kalender mit Fotos von exotischen Orten, wo er mit hellblauem Filzer an willkürlich ausgewählten Tagen gemeinsame Vorhaben eingetragen hatte.
    »Na, der ist wohl erledigt«, hatte meine Freundin Charlotte gemeint, als ich ihr den Kalender zeigte.
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte ich, und ich habe dabei wohl glücklicher gelächelt, als ich dachte, denn Charlotte erwiderte das Lächeln, und in diesem Moment war uns beiden einfach klar, dass ich diesen hier heiraten würde. Und das tat ich
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