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Verflucht, gehängt und doch lebendig

Verflucht, gehängt und doch lebendig

Titel: Verflucht, gehängt und doch lebendig
Autoren: Jason Dark
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Als Darkman gehängt wurde, läuteten die Glocken, denn es war für viele Menschen eine große Befreiung, den Mörder endlich im jenseits zu wissen.
    Das Geläut klang wie eine Erleichterung. Den ganzen Tag über hatte die Spannung fast greifbar über dem alten Zuchthaus Dartmoor, dem in der Nähe liegenden Sumpf und den kleinen, verstreut liegenden Orten gelegen. Jeder wußte über die Hinrichtung Bescheid. Sei es durch die Artikel in den Zeitungen oder durch Mundpropaganda.
    Darkman wußte, was auf ihn zukam. Er ertrug es mit Gelassenheit. Den Henker fürchtete er nicht. Er würde ihn sogar angrinsen, und er würde so gehen, wie man ihn kannte.
    Ein Mann mit grauweißen Haaren, einer hohen Stirn, einer dicken, fleischigen Nase und einem schmalen Mund. Aus zwei Gründen hieß er Darkman. Zum einen hatte er seine Opfer nur in der Nacht heimgesucht und getötet, zum anderen auch wegen seiner Sonnenbrille, die er immer trug und sie auch bei der Hinrichtung nicht abnehmen wollte. Zumindest nicht freiwillig, denn sie war sein Markenzeichen. Er trug die Brille auch in seiner Zelle, sogar in der Nacht, das jedenfalls wurde behauptet.
    Niemand hatte bisher versucht, sie ihm abzunehmen. Wer in Darkmans Nähe kam, der verhielt sich still oder zog sich aus seinem Umkreis zurück, denn jeder spürte die Aura, die von diesem Mordgeschöpf ausging. Das war ein böses Omen, ein unsichtbares Strahlen. Das waren Gewalt und Mord.
    Darkman war an seinem letzten Tag schon früh aufgestanden und saß in seiner Zelle. Die dunklen Gläser verdeckten wie immer seine Augen. Er hatte sich an diesem Tag rasieren dürfen, sein Gesicht war glatt. Wer sein Alter hätte schätzen wollen, wäre in Schwierigkeiten geraten.
    Er konnte vierzig, aber auch sechzig Jahre sein. Außerdem hatte er sich nie darüber ausgelassen.
    Hinter den alten Mauern von Dartmoor hatten sich schon immer die härtesten Schicksale abgespielt. Hier waren Menschen gehängt worden, andere hockten Jahrzehnte in ihren Zellen und durften sie nur verlassen, um im Sumpf zu arbeiten. Wie sie auch alle hießen und was sie auch getan hatten, jeder von ihnen hatte sich in seiner Zelle ein Stück Persönlichkeit geschaffen. Das konnte ein Bild sein, ein Strauß Trockenblumen, eine Fotografie, ein Buch, irgend etwas, das ihn ablenkte oder begeisterte. Bis auf eine Ausnahme.
    Darkman hatte nichts.
    Kein Buch, kein Bild, überhaupt nichts Persönliches. Er hatte auch nie Besuch bekommen. Er war durch die Gegend gelaufen und hatte nur getötet. Rücksichtslos. Kinder, Frauen und Männer. Er hatte Kinder in den Sumpf getrieben und sich daran ergötzt, wie sie versanken. Und er war immer in der Dunkelheit gekommen. Lautlos wie ein Schatten und grausam, sehr grausam.
    Aber sie hatten ihn erwischt, verurteilt, sogar verflucht, und dann die Todesstrafe ausgesprochen.
    Hängen sollte er. HÄNGEN!
    Der Mann auf der Pritsche beschäftigte sich mit diesem einen Wort, als er ins Leere starrte. Er fuhr mit der Hand an seiner Kehle entlang, wo sich dünne Haut spannte, und sie spannte sich noch stärker, als er grinste.
    Es war ein Grinsen, das einem schon Angst machen konnte, denn es war irgendwie wissend, und als Darkman nickte, da sah es so aus, als hätte er einen Entschluß gefaßt.
    Er schaute auf seine kräftigen Hände mit den langen und ebenfalls kräftigen Fingern. Sie hatten so manche Kehle zugedrückt und die Schreie der Opfer oft genug erstickt. Aber er hatte sie auch mit Waffen getötet, mit Messern, mit Eisenstangen und so weiter. Heute sollte er hängen.
    Heute war ein Festtag für die Menschen. Da wurde das Mittelalter wieder hergeholt, denn derartige Hängepartien oder auch das Verbrennen einer angeblichen Hexe waren schon kleine Volksfeste.
    Hier würden sie auch feiern, und das Personal im Zuchthaus würde aufatmen. Selbst die Mauern um ihn herum, denn in ihnen steckte dann nicht mehr sein Geist.
    So dachten sie.
    Darkman aber lächelte. Wobei sich seine Lippen wieder sehr schnell strafften, als er durch die dicke Tür die Stimmen hörte. Die Männer mußten schon direkt vor ihr stehen, sonst hätte er sie nicht vernommen.
    Für einen Moment war er unsicher. Kamen sie schon jetzt, um ihn zu holen? Nein, es war noch nicht die entsprechende Zeit. Und die hielten sie immer ein. Er konnte die Stunden gut schätzen, obwohl er keine Uhr trug. Die Klappe in der alten Tür würde nicht geöffnet. Dafür hörte er die Bewegung im Schloß, auch der Riegel wurde zur Seite gezerrt, dann sah
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