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Verflucht, gehängt und doch lebendig

Verflucht, gehängt und doch lebendig

Titel: Verflucht, gehängt und doch lebendig
Autoren: Jason Dark
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Studenten – nur männliche. Darkman, der den zweiten Teil dieses hallenartigen Raumes betreten hatte, blieb vor dem Eisengitter stehen, als wollte er sein Gesicht an dem Metall kühlen.
    Sie hatten nichts verändert. Schon vor hundert Jahren waren die Verbrecher in diesem Raum gehängt worden.
    Einen Blick für den Galgen hatte Darkman nicht. Er schaute sich die Zuschauer an. Fletcher, der ihn vom Gitter wegziehen wollte, schaffte es nicht, denn Darkman schüttelte die Hand von seiner Schulter ab. »Da ist noch etwas«, sagte er.
    »Was denn?«
    »Ich habe mir die Gaffer angeschaut.«
    »Und?«
    »Ich verachte sie alle. Sie sind Idioten. Sie sind…«
    »Schon gut.«
    »Bis auf einen!«
    »Wieso?«
    »Er sitzt hinten, in der letzten Reihe, ganz links.«
    »Der junge Mann mit den blonden Haaren und dem blauen Pullover?«
    »Genau der.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ich weiß es nicht, Fletcher. Aber ich möchte gern seinen Namen wissen. Es ist mein allerletzter Wunsch.«
    Der junge Mann hatte inzwischen bemerkt, daß über ihn geredet wurde.
    Er wußte aber nicht, wie er sich verhalten sollte und bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl. Dann sprach er seinen Nebenmann an, der dunkleres Haar hatte.
    Der aber hob nur die Schultern und konnte ihm auch keine Antwort geben.
    »Können Sie mal aufstehen, bitte, Sie – in dem blauen Pullover.«
    Der junge Mann stand tatsächlich auf. »Was wollen Sie denn von mir?«
    »Darkman will etwas wissen.«
    »Von mir?«
    »Klar.«
    »Ich bin Student und…«
    »Deinen Namen!« rief der Mörder. »Sag mir deinen Namen!«
    Der Student zögerte. Er wollte nicht so recht. Er fühlte sich unwohl.
    Fletcher griff ein. »Es ist sein letzter Wunsch!«
    »Gut, wenn das so ist. Ich heiße Sinclair. John Sinclair!«
    »Sehr schön.« Darkman nickte. »Den Namen muß ich mir merken, denke ich. Ja, ich merke ihn mir.«
    Keiner wußte, was das zu bedeuten hatte. Aber der Student hatte schon eine Gänsehaut bekommen. Er setzte sich wieder hin und flüsterte mit seinem Nebenmann.
    Darkman trat vom Gitter weg. »So, jetzt bin ich zufrieden!« erklärte er.
    »Aber ich nicht«, sagte Fletcher leise. »Ich habe auch noch einen Wunsch. Ich will in deine Augen sehen!«
    »Tu es dir nicht an!«
    »Doch!« Fletcher griff schon nach der Brille. Er rückte sie zur Seite. Er sah nur ein Auge, nur einen Teil davon – und stöhnte leise auf. Das konnten keine normalen Augen sein. Er hatte in kaltes Glas gesehen. Er hatte dem Tod im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge geschaut. Hastig setzte er dem Mörder die Brille wieder auf.
    Durch eine Seitentür kam der Henker. Den Galgen hatte er schon überprüft. Der Knoten war perfekt geschlungen.
    Die Prozedur konnte beginnen.
    Draußen wurden bereits die Glocken geläutet.
    Wenige Minuten später war Darkman tot. Zeugen meinten, sein Genick wäre mit einem besonders häßlichen und lauten Geräusch gebrochen, als sollte den Zuschauern klargemacht werden, daß er nun endgültig tot war.
    Aber ein Gefühl der Bedrückung blieb trotzdem bei allen zurück…
    ***
    Jahre später!
    Dartmoor gab es zwar noch, aber es diente nicht mehr als Zuchthaus, sondern als Denkmal, das von Touristen besichtigt wurde. Busweise wurden die Neugierigen angekarrt, selbst vom Kontinent aus konnten diese Touren durch den Südwesten der Insel gebucht werden, die auch Land’s End und Stonehenge einschlossen.
    Die Moorlandschaft hatte sich kaum verändert. Nur wenige Wege führten hindurch zu den einsamen Häusern, den kleinen Dörfern, wo die Menschen ihrem normalen Tagwerk nachgingen.
    Sie waren froh, daß dieses Zuchthaus nur noch eine Touristenattraktion war. Es gab keine Gefangenen mehr, die in den Sümpfen arbeiteten.
    Immer wieder hatten sie auszubrechen versucht. Das alles gehörte der Vergangenheit an, aber man sprach immer wieder von ihr. Es gab einfach zu viele Geschichten, die sich um das alte Zuchthaus drehten.
    Zudem waren Filme darüber entstanden, und der Stoff ging den Menschen nie aus. Auch die Touristen hörten gern zu. Einige übernachteten in der Umgebung, so wurde die Infrastruktur belebt. Es kam Geld in die Kassen, den Menschen ging es besser, und sie standen den Besuchern doch positiv gegenüber.
    Aber die Vergangenheit ließ sich nie abschütteln. Vor allen Dingen bei den Menschen nicht, die direkt mit dem Zuchthaus zu tun gehabt hatten.
    Wie zum Beispiel Dean Fletcher, der Wärter. Er war längst pensioniert, doch die Ruhe eines Rentners war ihm nicht vergönnt.
    Zu stark
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