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Verflucht, gehängt und doch lebendig

Verflucht, gehängt und doch lebendig

Titel: Verflucht, gehängt und doch lebendig
Autoren: Jason Dark
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dichten Wolke, die gegen die Decke drängte, ein Augenpaar erschien. Nahe, doch unheimlich fern und knallrot.
    Es war der Spuk, einer der Stummen Götter, und er nahm mit mir Kontakt auf. Seine Stimme wehte durch meinen Kopf. Die Worte folgten schnell hintereinander, so daß ich Mühe hatte, sie zu verstehen.
    »Es war ein Experiment. Er war schon tot. Ich habe ihn mir geholt und ihn mit meiner Kraft erfüllt. Mein Schatten hat ihn geleitet, und mein Schatten, also ein Teil von mir, hat sich zu einer festen Masse in seine Augen gedrängt. Er stand unter meiner Kontrolle. Ich habe auf ihn geachtet, aber ich habe ihn nicht zurückgehalten. Ich half ihm, nachdem man ihn hängte. Er kam wieder zurück, nachdem er zu einem Teil meines Ichs geworden war. Ich schickte ihn so zurück, wie man ihn kannte, denn ich wollte sehen, ob er sein Versprechen nicht vergessen hatte. Er hatte es nicht. Er wußte, ich wußte, daß ihr wieder aufeinandertreffen würdet, und es hat mir Spaß gemacht, dies zu beobachten. Ich bezeichne das Experiment als gelungen, John Sinclair. Wer weiß, vielleicht gelingt es mir, eine Armee dieser Diener herzustellen und damit gegen meine Feinde zu kämpfen. Ab heute gibt es Darkman endgültig nicht mehr. Ich habe dir den Sieg gegönnt, aber ich bin um eine Erfahrung reicher.«
    Die Stimme verlor an Lautstärke. Ich konzentrierte mich auf die Wolke, die allmählich davontrieb. Sie wehte unter der Decke her, und ich kümmerte mich um Darkman.
    Er lag vor mir.
    Der Spuk hatte nicht gelogen. Diesmal würde er nicht zurückkehren, denn alles, was sich bisher in seinen Au gen an dichter, schwarzer Masse gezeigt hatte, gab es nicht mehr. Sie waren zwei leere Kanäle.
    Das Gesicht sah aus, als wäre es aus Porzellan gebrannt worden. Nichts bewegte sich darin.
    Ich faßte ihn an.
    Er war steif. Sein Körper schien versteinert zu sein. Dann rollte ich ihn herum.
    Meine Kugeln hatten Kanäle in den Kopf gestanzt und waren am Hinterkopf wieder ausgetreten.
    Obwohl es Darkman nicht mehr in der alten Form gab, konnte ich mich über den Sieg nicht so recht freuen. Okay, ich hatte Bill retten können, das zählte viel, aber hätte der Spuk meinen Sieg nicht gewollt, wäre daraus nichts geworden. Für ihn war das Experiment, das sich über Jahre hinweggezogen hatte, vorbei.
    Doch sein letztes Versprechen ließ mich nicht eben fröhlich in die Zukunft blicken…
    ***
    Sprechen konnte Bill Conolly nicht, als ich ihn hochgehievt und hingesetzt hatte. Mit dem Rücken lehnte er an der Wand. Er tastete über seinen Hals. Hin und wieder deutete er durch eine Geste an, daß er etwas zu trinken haben wollte.
    Sorry, Bill, ich habe nichts.
    Er nickte.
    »Kannst du denn laufen?«
    Heb mich! formulierte sein Mund.
    Ich stemmte ihn hoch. Er war noch schwach, aber er gab sich Mühe. Auf mich gestützt, würden wir losgehen können, aber Bill blieb noch einmal vor Darkman stehen, der beinahe zu seinem Mörder geworden wäre.
    »Er ist nur eine Hülle, Bill. Nur noch eine Hülle, das verstehst du wohl.«
    Er nickte.
    »Komm, wir müssen uns noch um Fletcher kümmern.« Ich hielt meinen Freund fest, als wir die Treppe hinabstiegen. Die dunkle Wolke unter der Decke gab es nicht mehr. Damit hatte der Spuk sein Experiment endgültig abgeschlossen.
    Zumindest dieses…
    Fletcher hörten wir, bevor wir ihn sahen.
    Er sprach mit sich selbst. Als wir vor ihm stehenblieben, kicherte er. »Ich bin wieder im Knast, Freunde. Ich bin wieder da.« Er sprach mit hoher, piepsender Stimme. »Ich werde die Hundesöhne wieder treiben. Ich bin gar nicht entlassen worden. Dartmoor gehört jetzt mir. Mir allein!«
    Er schrie und wiederholte die Worte immer wieder. Auch als ich ihn hochgezerrt hatte, hörte er nicht auf. Er verstummte erst, als wir nach draußen traten, da hatte er einfach keine Kraft mehr. Seine Stimme war überstrapaziert.
    Bill Conolly ging es etwas besser, auch wenn er sich noch bewegte wie ein alter Mann. Aber er konnte bereits sprechen, und ich verstand meinen Freund auch.
    »Bier, John!« röchelte er. »Jetzt brauche ich ein Bier…«
    »Eins?« fragte ich.
    »Für den Anfang.«
    »Okay, an mir soll’s nicht liegen. Ich kenne da eine Witwe, die bestimmt einen guten Schluck ausschenkt. Und dann werden wir den ganzen Mist hier erst einmal vergessen…«
    ENDE
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