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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily
Autoren: Jürgen Saarmann
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missfiel die Diskrepanz ... der Mangel an Diskretion ... es kam ihm vor, als wäre er in etwas Verbotenes eingedrungen ... da saßen die reichen Touristen in ihren Autos ... und belustigten sich über ihre Vorväter ... und über die wilden Triebe ... von denen sie doch selbst auch noch genug haben ... nur verdeckt, versteckt ... er wird wiederkommen ... oder wenigstens anrufen ... vielleicht macht er einen kleinen Urlaub ... fährt für eine Weile heim ... zu seinem Onkel ... der wohnt drüben in einem Schrotthaufen von Castle ... kein Geld, es zu sanieren ... die alte Geschichte ... sonst hat er ja keine Verwandten mehr ... Mann, er wird diese Ruine womöglich erben ... der alte Knabe hat keine Nachkommen ... kann ja auch nicht ... hat noch nie eine Frau an sich herangelassen ... Bogart ist abgetreten ... was ist das ... oh, eine Talkshow ... genug Kultur ... wenn ich eines me hr hasse als englische Politiker ... dann deutsche Politiker ... unsere pflegen immerhin noch eine Art Stil ... wenn auch völlig verlogen und falsch ... aber die hiesigen sind einfach nur grob, eitel und dumm ... allerdings sind die Auswirkungen die gleichen ... ich sollte auch mal wieder rüberfahren ... Mom habe ich seit mindestens zehn Jahren nicht gesehen ... und Janet noch länger ... immerhin meine Familie ... wenn sie auch von mir nichts wissen wollen ... es ist ihnen peinlich ... diese Szene werde ich nie vergessen ... als ich während des Studiums mit meinem damaligen Freund nach Hause kam ... und ihn als meinen zukünftigen Lebensgefährten vorstellte ... ich war so naiv damals ... so wenig diplomatisch ... Janet war noch nicht verheiratet ... jetzt hat sie ja diesen Autohändler ... sie starrte mich an wie ein eigentlich ausgestorbenes Reptil ... ließ ihre Serviette auf den Teller fallen und verließ den Raum ... Mom stürzte, bleich wie ein hungriger Egel, gleich hinterher ... ich hörte die Haustür ... sie wollten mit uns nicht unter einem Dach bleiben ... erstaunlich ... ich war wütend ... aber auch sehr verletzt ... ich hatte mit Entrüstung, Zorn oder eisiger Stille gerechnet ... war gewappnet für Diskussionen ... neue Zeit, Gleichberechtigung, sexuelle Freiheit ... und solche Phrasen ... alles Quatsch ... sexuelle Präferenzen gehören ins Schlafzimmer ... da sind sie am besten aufgehoben ... die Kleidung wurde ja nicht von einem geschäftstüchtigen Halbaffen erfunden, der mit einer revolutionären Mode schnell reich werden wollte ... es ging nur um den Schutz des gemeinschaftlichen Lebens vor den wilden Trieben ... momentan sind wir wohl auf dem Weg zurück in die Wildnis ... ich will nicht wissen, wie die Körper der anderen beschaffen sind ... oder wie sie es treiben ... und die anderen müssen nicht wissen, wie es bei mir zugeht ... das sogenannte neue Selbstbewusstsein macht uns doch nur zur Zielscheibe ... wir sind Menschen, basta ... und so sollten wir uns auch verhalten ... zivilisiert, kultiviert, angepasst ... die besseren Anderen treten doch auch so auf ... allerdings haben sie einen
    großen Vorteil ... mehr Auswahl ... und heutzutage eine einfachere Körpersprache ... die Walküre von der Vernissage ließ es jeden wissen ... frei und zu haben ... und frei und sinnlich ... das waren die Aussagen ... ihrer Kleidung, ihres Gangs, ihrer Haltung ... wie eine große, bunte R eklametafel ... kein Wunder, dass sie alle Augen auf sich zog ... wie so etwas wohl auf meine homosexuellen Schwestern wirkt ... ob einer kleinen Lesbierin das Wasser im Mund zusammenlief ... schade, dass ich darüber so wenig weiß ... man sollte sich mit diesem Geschlecht mehr austauschen ... sind famose Kerle darunter ... ich habe ja auch schon welchen nachgeschaut ... allerdings eher den Knabenhaften ... manchmal hinreißende Ärsche ... Schluss jetzt! ... ich gehe nachher mal zu Tom herunter ... ich fühle mich hier zu allein ... denke zu viel Unsinn ... allerdings geht er in letzter Zeit ja meistens in diese Kneipe ... das Brit ... komisch, dass ich als Engländer noch nie dort war ... Rule Britannia ... wohl eine ironische Anspielung, die ich nicht verstehe ... vielleicht suche ich ihn gleich da ... aber was, wenn Jack anruft ... vielleicht Hilfe braucht ... ach wo, er kann auf sich selbst aufpassen ... habe ich ja gesehen ... er kann jederzeit wiederkommen ... hat seinen Schlüssel mitgenommen ... auch ein Zeichen, dass er nicht lange wegbleiben wird ... wirft seinen Kummer in die hiesige Themse ... trinkt in einer Kneipe zu viel
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