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v204640

v204640

Titel: v204640
Autoren: Susanna Calaverno
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griff nach ihrer Hand. „Danke. Bist eine tolle Freundin.“
    Sie blickte ihr nach, wie sie zu ihrem Fahrrad ging und sich in den Sattel schwang. Bald war Valerie hinter der nächsten Häuserecke verschwunden.
    Janne nippte an dem halbvollen Glas Wein, das noch an Valeries Platz stand. Die Gedanken an das eben Erlebte ließen sie nicht los; sie bekam die Bilder einfach nicht aus dem Kopf. Was war passiert? Eigentlich nicht viel. Sie hatte sich von einem fremden Mann betrachten lassen, hatte seine Hände zwischen ihren Schenkeln gespürt, das war alles … Na schön, er hatte sie mit seinem Daumen … aber das war ja kein Sex. Nicht wirklich. Ihre Brustwarzen waren immer noch ganz hart, das konnte sie spüren. Und diese Hitze zwischen … Unwillkürlich kniff sie die Schenkel zusammen und leerte das Glas in einem Zug. Ein Geräusch von quietschendem Metall ließ sie aufhorchen, und sie drehte sich um. Die Tür zur Fabrik hatte sich geöffnet, das Theater entließ seine Besucher in die warme Sommernacht. Schnell zerstreute sich die Menge in alle Richtungen. Einige wenige nahmen an den Tischen des Cafés Platz. Janne schnappte Wortfetzen auf. Der Esel war nicht leibhaftig zum Einsatz gekommen; die Kompanie hatte sich mit einer Projektion von der Premiere begnügt. Sie schaute zu Ricardo hinüber, der die neuen Gäste mit Getränken versorgte. Jetzt kam er direkt auf sie zu und stellte ein Glas Wein vor ihr ab.
    „Letzte Runde. Wir schließen gleich, danach ist After-Show-Party. Was ist denn nun – kommst du?“
    Bevor Janne etwas erwidern konnte, war er bereits am nächsten Tisch. Nachdenklich nahm sie einen Schluck. Sollte sie der Einladung nun folgen oder nicht? Er hatte von einer unvergesslichen Nacht gesprochen … und außerdem waren da ja auch noch die Frettchen. Vorhin war sie noch vollkommen überzeugt davon gewesen, dass es richtig wäre, dass sie sich nichts entgehen lassen sollte, aber nun … Andererseits, warum nicht. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte. Genau wie Valerie. Die würde es sich beim anstehenden Versöhnungssex von Flo so richtig gut besorgen lassen, daran hatte Janne keinen Zweifel. Und morgen war Sonnabend, da konnte sie ausschlafen. Außerdem gefiel ihr das Spiel, das Ricardo mit ihr trieb. Es hatte etwas Verführerisches, Geheimnisvolles. Es erregte sie, sehr sogar.
    Langsam wurde es dunkel. Ein tiefes, wolkenloses Blau machte dem längsten Tag des Jahres ein Ende. Janne spielte mit dem leeren Glas und blickte zum Theatercafé hinüber, in dem lediglich ein paar Kerzen für sanftes, einladendes Licht sorgten. Alle anderen Gäste waren fort, sie war die Letzte hier draußen. Sie musste sich entscheiden. Gehen oder bleiben. Janne lächelte kurz in sich hinein. Sie war für ihre impulsiven Handlungen bekannt, und manchmal wunderte sie sich im Nachhinein selbst über ihren Mut und ihre Unbekümmertheit, sich auf Situationen einzulassen. Warum war sie also jetzt so unentschlossen? War sie doch prüder, als sie selbst es gedacht hatte? Nein, entschied sie, sie musste sich nur klar darüber werden, was sie wollte.
    Sie stand auf, blickte zum Eingang. Jemand hatte die Tür geöffnet; leise Musik drang hinaus in die Sommernacht. Und da stand er, Ricardo, ihr Torero, immer noch in Schwarz, aber ohne seine lange Schürze. Schritt für Schritt ging sie auf ihn zu, hörte die Kiesel unter ihren Sohlen knirschen. Ein leichter Wind kam auf und zauste ihre Haare, plusterte den Rock auf. Als sie an ihm vorbei ins Innere treten wollte, drückte er sie mit dem Körper an den Türrahmen und ergriff ihre Handgelenke. Dann gab er ihr einen leidenschaftlichen Kuss. Janne spürte ein Ziehen zwischen ihren Schenkeln und erwiderte mit wachsender Lust das Spiel seiner Zunge. Als er sich von ihr löste, wusste sie nicht, wie viel Zeit vergangen war – es hätten Sekunden, aber auch Minuten sein können. Er lächelte, wieder auf diese herausfordernde Art, die ihre Wangen glühen ließ, und zog sie hinter sich her, in den hinteren Teil des Cafés. Vor der Tür zum angrenzenden Raum, in dem für gewöhnlich kleinere Events veranstaltet wurden, stand ein Sicherheitsmann. Ricardo nickte ihm zu, und dieser trat sofort zur Seite, die Tür dabei öffnend. Ihr Begleiter dirigierte sie hinein in den Raum, und Janne versuchte, sich zu orientieren. Totale Dunkelheit und wummernde Deep-House-Bässe empfingen sie. Grelle Lichtblitze zuckten plötzlich rhythmisch auf und schälten
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